650 Zuschauer waren gekommen, um das Relegationsspiel zwischen der SG Lechsee und dem SV Kinsau zu sehen. Und sie wurden gut unterhalten, vor allem ab der Verlängerung.
Prem – Es war schon ein kleines Wunder, dass Simon Hartmann unverletzt im Anstoßkreis stand. Wenige Momente zuvor waren so ziemlich alle Kinsauer Spieler auf ihm gelegen. Sie waren im Vollsprint auf den Keeper zugestürzt, nachdem dieser den Schuss von Lukas Zugmaier pariert und so das Elfmeterschießen im Relegationsspiel gegen die SG Lechsee entschieden hatte.
Mit 6:5 gewannen die Kinsauer am Samstagnachmittag auf dem Premer Sportplatz. Der SVK bleibt damit in der Kreisklasse, die SG Lechsee muss in der kommenden Saison einen erneuten Anlauf zum Aufstieg unternehmen. Und das tun die Spieler aus Prem und Lechbruck. „Wir greifen wieder voll an“, kündigte Interimscoach Peter Streif (er vertrat den im Urlaub befindlichen Ralph Holzinger) unmittelbar nach Spielschluss an.
Ein paar Meter neben Streif stand Hartmann und nahm von Kinsauer Fans diverse Glückwünsche entgegen. Auch Simon Natzeder, Keeper der SG Lechsee, kam zum fairen Shakehands vorbei. Hartmann hatte ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Ein wenig verzog sich seine Miene, als das Wort „Elfmeterheld“ zur Sprache kam. Ihm gefiel die Bezeichnung weniger. „Es war eine klare Mannschaftsleistung“, betonte der 26-Jährige. Hartmann, von allen „Ottl“ gerufen (der Spitzname rührt von seinem Großvater her), absolviert seine fünfte Saison in der ersten Mannschaft.
An ein Elferschießen im Herrenbereich kann er sich nicht erinnern. Die Premiere lief nun bestens. Bei den ersten drei Elfern gegen ihn „hatte ich schon die richtige Seite“, sagte er. Doch die jeweiligen SG-Spieler schossen zu gut für eine Parade. Als dann im insgesamt zwölften Versuch Zugmaier an der Reihe war, schnellte Hartmann nach links und parierte den Schuss. „Ich schaue gar nicht auf den Schützen. Ich suche mir meine Ecke aus“, so erklärte Hartmann seine Herangehensweise.
Fast wäre es gar nicht mehr zur entscheidenden Parade gekommen. Denn nachdem Thomas Rid beim Stand von 5:5 seinen Schuss an die Latte gesetzt hatte, stand Kinsau mit einem Bein in der A-Klasse. Lechsees Florian Driendl hatte es auf dem Fuß, der SG den zweiten Aufstieg in Folge zu bescheren. Doch der Ball sauste haarscharf am Pfosten vorbei.
„Ihn habe ich eigentlich als den sichersten aller gegnerischen Schützen angesehen“, sagte SVK-Trainer Christopher Resch. Er sah hin – und konnte kaum glauben, dass der Ball vorbei ging. Kinsau bekam also nochmals die Chance. Roman Schilcher verwandelte souverän. Danach fuhr Hartmann die Arme aus.
Bei den Gastgebern herrschte Enttäuschung. „Die bessere Mannschaft hat diesmal verloren“, sagte Coach Streif. „Die Stimmung ist jetzt gedrückt.“ Die Ausgangsposition nach dem 0:0 im Hinspiel sei gut gewesen. „Im Rückspiel hatten wir die Partie im Griff“, sagte Streif. Für ihn und alle SG-Fans war’s „ein bitteres Ende“. Gleichwohl sprach Streif den Kinsauern eine Gratulation zum Sieg aus.
Gäste-Coach Christopher Resch war „mehr als erleichtert“. Er habe während der Partie „eine richtige Achterbahnfahrt der Gefühle“ erlebt. „Es wurde genau das Spiel, das ich auf diesem kleinen Platz erwartet habe.“ Im Training am Tag davor ließ Resch noch Elfer schießen, aber nur zur Gaudi, wie er betonte. Der Erfolg geht dem Coach zufolge „voll auf eine Mannschaftsleistung“ zurück.
Fürs Team ließ manch’ einer private Dinge hintanstehen: So lief Valentin Erhard auf, obwohl sein Bruder am Samstag Hochzeit feierte. Bei aller Freude wies Resch auch auf günstige Umstände hin: In der Verlängerung – beim Stand von 1:1 – „haben wir schon Glück gehabt“, sagte der SVK-Trainer.
Tatsächlich war die SG in der Overtime deutlich mehr am Drücker. Los ging es mit einem Kopfballaufsetzer von Matthias Moser (93.). In den zweiten 15 Minuten wurde es richtig wild. Lechsee drückte – und nach einer scharfen Hereingabe von Adrian Natzeder, die im Gewühl abgelenkt wurde, lag der Ball im Tor (108.). Doch zum Schreck aller heimischen Fans entschied das Schiedsrichtergespann auf Abseits. „Ob es eines war? Ich bin mir nicht sicher“, sagte Kinsaus Coach Resch.
(Unser Schongau-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region.)
Für Schiri Alexander Hölscher (SV Waakirchen) gab es hingegen keinen Zweifel, wie er nach der Partie bekräftigte. Die Leistung des Trios war souverän, die Spielleitung erfolgte, auch, als es mal kurz hitziger wurde, unaufgeregt. Der Puls hoch ging bei allen Beteiligten auf alle Fälle beim Schuss von Adrian Natzeder, der an den Innenpfosten ging (113.). Die Schlussminuten überstand Kinsau mit Müh und Not.
Es war tatsächlich eine nervenaufreibende Relegationspartie, die mit rund 650 Zuschauern eine ordentliche Kulisse hatte. Die SG Lechsee hatte einiges dafür getan, den Platz an der Lechaue sozusagen „relegationstauglich“ zu machen. Sogar eine kleine Tribüne – auf einer Ladefläche eines Lasters – war vorhanden.
Die erste Großchance hatten die Gastgeber: Nach Flanke von Michael Osterried köpfte Andreas Lory aus kurzer Distanz, doch auch genau auf Torwart Hartmann (10.). Im Anschluss an eine SG-Ecke flog ein von den Kinsauern abgefälschter Ball nur knapp übers Tor (13.). Danach hatten die Gäste Glück, dass Osterried bei einer Rettungsaktion von Keeper Hartmann stehen blieb; andernfalls hätten die Gastgeber einen Elfmeter bekommen müssen (21.).
(Alle News und Geschichten sind auch auf der Facebook-Seite der Schongauer Nachrichten zu finden.)
Kinsaus beste Chance in der ersten Hälfte resultierte aus einem Kopfball von Julian Schöber, bei dem Keeper Simon Natzeder und die Latte Schlimmeres verhinderten (31.).
Unmittelbar nach dem Wechsel schaltete Adrian Natzeder bei einem weiten Einwurf am schnellsten und erzielte das 1:0 (46.). „Wir brauchen wieder Leben in der Bude“, rief Resch seinen Mannen zu. Kurz darauf wurde Andreas Köppl im SG-Strafraum regelwidrig zu Fall gebracht. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte sicher zum 1:1 (53.).
Das Tempo nahm – trotz der hohen Temperaturen – sogar noch zu. Auf Kinsauer Seite verpassten Köppl und Rid jeweils nur knapp bei einer Schöber-Hereingabe den Ball (63.). In der Offensive der SG sorgte Driendl nach seiner Einwechslung (77.) gleich in einigen Aktionen für Betrieb. Adrian Natzeder tauchte in der Nachspielzeit nochmals in aussichtsreicher Position im Strafraum auf – sein Linksschuss ging aber vorbei.
(Die Heimatzeitungen im Landkreis Weilheim-Schongau sind unter „merkur_wm_sog“ auf Instagram vertreten.)