2024-04-30T13:48:59.170Z

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Mangelnden Einsatz für den SV Wiesbaden wollen sich einige Spieler der Zweiten nicht vorwerfen lassen.
Mangelnden Einsatz für den SV Wiesbaden wollen sich einige Spieler der Zweiten nicht vorwerfen lassen. – Foto: Alexander Grubbe - Archiv

Nach Rückzug des SV Wiesbaden II: Das sagen die Spieler

Armin Zulic, Dominik Becker und Mato Lukic blicken auf die vergangene Abstiegssaison zurück - und wollen sich kein fehlendes Engagement für den Verein vorwerfen lassen

Wiesbaden. Der SV Wiesbaden kann für die kommende Saison keine zweite Mannschaft für den Ligabetrieb melden und zieht noch vor dem Saisonstart aus der C-Liga zurück. Diese Entscheidung hatten die Klubverantwortlichen am Montag endgültig getroffen (wir berichteten). Doch nicht nur die SVW-Funktionäre um Klubchef Markus Walter treibt das Aus für die Reserve des "Traditionsvereins" um. Sondern auch einige Spieler lässt der Rückzug ihres Teams nicht kalt. Sie wollen sich kein fehlendes Engagement für den Sportverein vorwerfen lassen. Wir haben mit drei Spielern gesprochen.

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Dass der SVW keine zweite Mannschaft für den Ligabetrieb 23/24 zusammenbekam, lag letztlich auch an der Abgangswelle im Sommer. Die wiederum durch den Abstieg in die C-Liga mitbegünstigt wurde. Klubchef Walter hatte einigen Abgängen den Vorwurf gemacht, nicht im Verein geblieben zu sein, um die Schmach des Abstiegs wettzumachen. "Es war eine Frage der Zeit, bis die Spieler gehen. Man sollte nicht sauer auf sie sein. Einige von ihnen haben auch die Qualität für die A- oder die Kreisoberliga. Sie wollen einen Schritt nach vorne machen", findet Mato Lukic. Der 25-Jährige ist seit 2017 im Verein, hat mit der Reserve Abstiege aus der A- in die C-Liga mitgemacht, geht nun zum SV Hajduk. Er sagt: "Ich habe mich beim SVW immer sehr wohlgefühlt".

Eine eigene Umkleide hat nicht jedes Team

Ebenso denkt Dominik Becker: "Mir hat es beim SVW gefallen.". Der 29-Jährige hatte bis Sommer stets nur beim SVW gekickt, war nicht nur als Spieler, sondern unter anderem auch als Teammanager und Organisator bei der Zweiten involviert, kümmerte sich an Heimspielen auch um die Schiedsrichterbetreuung und die Eintragungen im DFBnet. Er bleibt dem SVW weiter als Abteilungsleiter und sportlicher Leiter des Frauenteams erhalten.

Weil der SVW II kein Team zusammenkriegt, ist Becker nun zum TuS Medenbach gewechselt. Dort müssten sich laut Becker die TuS-Kicker die Umkleiden mit dem SC Polonia oder den Turnern teilen. Eine eigene Kabine pro Mannschaft gebe es nich, dafür aber ein super Teamgefüge und hohe Trainingsbeteiligung. "Insofern kann ich die Meinungen einiger Spieler um das ganze Drumherum beim SVW verstehen. Teilweise finde ich es aber auch übertrieben", sagt Becker.

Schwierige Spielerakquise

Was die Spielerakquise angeht, sagt Becker: "Es war schwierig, neue Leute zu finden, die Bock hatten, in der C-Liga zu spielen. Vom Verein wurde sich in dieser Hinsicht auch nicht wirklich Mühe gegeben, sondern eher von den übrig geblieben Spielern. Aber richtig funktioniert hat es leider auch nicht", konnte Becker selbst wenige Spieler vom Verbleib überzeugen. Und sieht auch in der fehlenden A-Jugend des SVW ein strukturelles Problem, neues Personal innerhalb des Vereins an die SVW-Reserve heranzuführen.

Schwache Trainingsbeteiligung

Die Vermutung liegt nahe: Wäre das Team nicht abgestiegen, wären mehr Spieler im Verein geblieben und der SVW hätte auch 23/24 eine Zweite an den Start gehen lassen können. Aber wie konnte ein Team, in dem angeblich so viel Spieler-Potenzial für höhere Ligen schlummert, letztlich aus der B-Liga absteigen? "Mangelnde Trainingsbeteiligung", heißt es da unisono aus Spielerkreisen in der rein sportlichen Analyse der Saison. Und dadurch bedingt fehlende Eingespieltheit und Kondition. In der Winter-Vorbereitung seien teilweise nur vier bis fünf Mann aufgekreuzt, während der Rückrunde waren es nicht viel mehr. Ein Problem, für das allerdings der SVW-Vorstand nichts kann. Aber auch nicht die Spieler, die immer da sind. Kein Vorwurf, das betonen die Spieler, sei dem ehemaligen Trainer Achim Euler zu machen - der nach einer 0:12-Klatsche bei Kohlheck II seinen Posten zur Verfügung gestellt hatte. "Er ist ein korrekter Trainer, lebt den Fußball", adelt ihn Lukic.

Zulic als "Mädchen für alles"

Viele kamen aber nur sporadisch zu Euler ins Training, wenn überhaupt. "Es wurden immer Ausreden gesucht. Da muss ich Markus Walter recht geben: Fußball steht bei einigen nicht mal mehr an dritter Stelle", sagt Armin Zulic. Der 27-Jährige verbrachte zwei Spielzeiten beim SVW II, bezeichnet den Klub als seinen "Heimatverein". In der vergangenen Saison war er Kapitän, habe in der Endphase der Saison auch als Trainer fungiert. Seine Mitspieler beschreiben ihn als "Mädchen für alles". Er habe sich ums Waschen, Trocknen und Aufhängen von Trikots und Trainingsshirts bei der Zweiten und auch der Ersten gekümmert (dafür gab es allerdings auch einen Obolus vom Verein).

Wobei die Ansichten von Spielern und Walter über die Tätigkeiten doch arg auseinandergehen.

Zum Beispiel beim Anschaffen von Wasser fürs Training, um das sich Zulic und die Mannschaft nach Aussage der zitierten Spieler ebenfalls selbst kümmerten.
Wobei SVW-Chef Markus Walter entgegnet: Der Verein habe immer für beide Teams bestellt, es sei einmal rechtzeitig kein Bedarf von der Zweiten gemeldet worden - daher habe ein Spieler bestellt und der der Verein später die Rechnung erstattet.

Zudem heben die Spieler das Bestellen neuer Trainingsshirts hervor - die letztlich von der Ersten verwendet worden sein sollen. Während die Zweite hingegen in alten Shirts der Ersten trainiert haben soll.
Auch hier entgegnet Walter: Ein Sponsor habe vor der Saison 50 Shirts gesponsert, die jeder einzelne Spieler bekommen haben soll. In der Vorsaison 21/22 hatte ein Spieler von einem Wettbüro gesponserte Sweatshirts organisiert, den Walter zuvor überzeugt hatte, wieder in der Zweiten zu spielen.

"Habe das gerne gemacht"

Bei Doppel-Heimspielen habe Zulic auch den Verkauf von Speisen und Getränken im Helmut-Schön-Sportpark während der Gruppenliga-Partien organisiert, Spieler der Reserve für die Verkaufstheke ausgewählt und sich dabei im Vorfeld auch um den Einkauf gekümmert. Nach Aussage von SVW-Chef Walter ging das allerdings nur bis Herbst vergangenen Jahres, ehe der Verkauf durch Personal der eigenen Zweiten eingestellt worden sein soll. Mangels Zuverlässigkeit, wie Walter sagt.

"Es hat einmal nicht mit dem Verkauf geklappt, dann waren wir direkt der Buhmann. Aber ich habe das gerne gemacht", sagt Zulic, der eigentlich auch beim SVW bleiben wollte. Und nun zum SV Erbenheim wechselt.

Spieler wie Zulic oder Becker suchen nun alle kurzfristig ihre sportliche Zukunft bei anderen Vereinen. Für eine Rückkehr zum Neuaufbau zeigen sie sich prinzipiell offen. Fraglich nur, ob und wann es wieder eine Zweite beim SV Wiesbaden geben wird.

Aufrufe: 021.7.2023, 17:00 Uhr
Philipp DurilloAutor