2024-04-29T14:34:45.518Z

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Mögglinger Sternstunden: Der Rückblick auf eine historische Saison

Nach zwei furiosen Relegationsspielen steigt der 1.FC Stern Mögglingen erstmals in die Bezirksliga auf. Hinter diesem Fußballmärchen steckt kein Glück, sondern ein visionärer Plan, der auf die eigene Jugend und bodenständige, harte Arbeit setzt.

Im vergangenen November machten sich die Kicker des 1.FC Stern Mögglingen bereits an die Planung ihrer traditionellen Saisonabschlussfahrt. Zur Terminauswahl stand damals das Wochenende nach dem letzten Kreisliga A-Spieltag, für das allerdings auch die Aufstiegsspiele terminiert waren. Prompt legte Trainer Tuna Tözge deshalb sein Veto ein, obwohl die Mannschaft zu diesem Zeitpunkt „nur“ Tabellenvierter war. Nur die Wenigsten hätten wirklich damit gerechnet, dass die Mögglinger Ende Juni tatsächlich als Relegationssieger und Bezirksliga-Aufsteiger ihren Ausflug ins tschechische Pilsen antreten würden.

Wobei die Bezirksliga schon seit sechs Jahren ein Fernziel des Vereins war. Gerade erst war die sofortige Rückkehr aus der B-Liga geglückt, da entwickelten der damalige Coach Helmut Pfeifer und sein „Co“ Bernd Miorin einen visionären Plan. Ausschließlich mit eigenen Jugendspielern sollte sich der 1.FC Stern von der grauen Maus zu einem Spitzenteam der Kreisliga A I entwickeln. Dass der ganz große Wurf nun schon weitaus früher gelang als erwartet, kam für den jetzigen Sportvorstand Pfeifer durchaus überraschend: „Doch dieser Erfolg ist ein Gesamtkonstrukt aus unserer guten Nachwuchsarbeit sowie richtigen Spielern und einem richtigem Trainer, die sich zum perfekten Zeitpunkt gefunden haben.“

Denn bevor Tözge im vergangenen Sommer sein Amt antrat, hatten die Mögglinger als Tabellenzehnter bis kurz vor Schluss um den Klassenverbleib bangen müssen. Oberste Prämisse war es deshalb zunächst, sich vorzeitig von der Abstiegszone zu distanzieren. Schon in der Hinrunde übertraf der Stern diese Erwartungen. Für Pfeifer war da schon klar: „Wenn wir die Chance auf den zweiten Platz haben, dann wollen wir zuschnappen. Doch das war kein Muss, wir haben der Mannschaft keinen Druck gemacht.“

Alleine schon die Teilnahme an den beiden Relegationsspielen vor jeweils knapp 1000 Zuschauern war ein absoluter Höhepunkt. „Diese Euphorie, die sich entwickelt hat, war eine absolute Wucht“, meint Pfeifer immer noch ein klein wenig ungläubig. Aus Trainersicht war dies der Lohn für einen unbändigen Trainingsfleiß. „Wir hatten im Schnitt immer 25 Mann im Training und niemand war sich zu schade, auch Opfer dafür zu bringen“, betont Tözge. Einen „solch brutalen Zusammenhalt“ habe er in seiner Laufbahn nach eigener Aussage noch nie erlebt: „Bei uns bringt sich jeder zu 100 Prozent ein. Das war ein ganz großer Teil dieser Erfolgsgeschichte.“

Doch damit nahm das Mögglinger Fußballmärchen erst seinen Anfang. Die junge Truppe übertrumpfte ihre „Vorfahren“ aus dem Jahr 2008, welche das erste Relegationsspiel gegen Röhlingen (2:1) gewonnen hatten, dann aber an der TSG Giengen (2:4) gescheitert waren. Nun spielte sich der Stern durch einen 3:0-Erfolg über Hüttlingen laut Pfeifer „in einen Flow, den wir Eins zu Eins ins zweite Spiel mitgenommen und dann hochverdient gewonnen haben.“ Der erfahrene Bezirksligist VfL Gerstetten wurde mit 7:3 im wahrsten Sinne des Wortes deklassiert. Doch richtig begreifen konnte es der Sportvorstand erst, als der Schlusspfiff ertönte: „Erst dann war der Damm gebrochen, denn selbst nach unserem fünften Treffer konnte ich es noch nicht fassen.“

Die beiden Mögglinger Macher müssen erst gar nicht betonen, dass dieser historische Erfolg ausgiebig gefeiert wurde. Tözge allerdings weiß ganz genau, dass die Realität den Aufsteiger schon bald wieder einholen wird. Nach nur drei Wochen Sommerpause bittet er am 10.Juli zum Trainingsauftakt: „Unser Traum ist wahr geworden, doch wir dürfen uns nicht auf dem Erfolg ausruhen, wenn wir auch in der höheren Liga eine ordentliche Rolle spielen wollen.“

Der Aufstiegskader bleibt fast komplett zusammen. Einzig Torjäger Sinan Keskin hängt seine Kickstiefel im Alter von 35 Jahren an den Nagel, bleibt dem Verein aber als Trainer der Zweiten Mannschaft erhalten. Defensivstratege Hannes Balle nimmt künftig die Doppelrolle als spielender Co-Trainer an Tözges Seite ein. In der Offensive gewinnt der Stern durch Dennis Barth (SV Hussenhofen) und Tim Wiedmann (TV Heuchlingen) neue Torgefahr hinzu, zudem kehrt Marcel Knödler (SG Bettringen) zu seinem Heimatverein zurück. Aus dem Juniorteam Rems rücken Erkam Serince, Fabian Borowski, Maximilian Grosch sowie Tormann Luca Danelczyk zu den Aktiven auf.

Überhaupt geht der 1.FC Stern mutig an die Herausforderung Bezirksliga heran. Gekommen, um zu bleiben – so lautet das Motto. „Ziel ist es, uns mittelfristig dort zu etablieren und unseren Spielern eine gute Plattform zu bieten, um sich weiterzuentwickeln“, erklärt Pfeifer. Die nur kurze Pause bis zur Feuertaufe soll durch die immer noch vorhandene Euphorie überbrückt werden: „Es wird sich zeigen, wie unsere Jungen nun auch Rückschläge wegstecken können. Ab August ist für uns jedes Wochenende Relegation.“

Chronologie einer Aufstiegssaison

„Euer Weg zu Legenden“ – unter diesem Titel hatte das Trainerduo Tuna Tözge und Sinan Keskin die wichtigsten Stationen der Saison auf einem Motivationsplakat in der Kabine verewigt. Die Mannschaft vollendete diesen Weg und schaffte nach insgesamt 34 Spielen Historisches. Erstmals seit den Jahren 1962 bis 1968 – damals stand noch die A-Klasse anstelle der heutigen Bezirksliga – darf sich der 1.FC Stern Mögglingen künftig wieder in der höchsten Liga des Bezirks messen.

11.September 2022: Nach sieben Punkten aus den ersten drei Partien folgt die erste Niederlage. Titelfavorit Lorch revanchiert sich durch den 1:0-Siegtreffer in der 83.Minute für das vorangegangene Pokalaus in Mögglingen. Der 1.FC Stern ist nur Tabellenachter.

06.November 2022: Beim TSV Essingen II liegt der Stern zur Halbzeit mit 0:2 zurück und vergibt dazu auch noch einen Elfmeter. Durch eine spektakuläre Aufholjagd, Dennis Buchhauser und Paul Österle treffen jeweils doppelt, gelingt noch ein 4:2-Sieg und damit erstmals der Sprung auf den zweiten Rang.

27.November 2022: Durch zwei späte Tore von Oliver Kuhn (87.) und Fynn Wiedmann (89.) gewinnt der Stern das Verfolgerduell gegen den FC Schechingen mit 2:0 und überwintert als Dritter. Nur aufgrund der besseren Tordifferenz hat der punktgleiche FC Spraitbach bis dahin die Nase vorne.

02.April 2023: Nach zweimaliger Führung bis zur 75.Minute verlieren die Mögglinger zunächst ihren Youngster Leon Blum mit einer schweren Knieverletzung und dann auch das Topspiel gegen den späteren Meister Lorch mit 2:5. Abgerutscht auf den sechsten Platz, scheint der Zug in Richtung Relegation abgefahren zu sein.

07.Mai 2023: Der Stern spielt sich in einen Rausch und erobert am Doppelspieltag den zweiten Rang zurück. Bei der SGM Hohenstadt/Untergröningen liegt die Tözge-Elf schon nach sechs Minuten mit 0:2 zurück, erzielt aber noch vor der Pause fünf Treffer und siegt mit 6:3. „Wir sind immer konstanter geworden“, betont der Trainer: „Trotz einiger Verletzungssorgen war unser System vom ersten bis zum letzten Mann komplett eingespielt, jeder wusste um seine Aufgaben und hat sie erfüllt.“

04.Juni 2023: Im Endspiel um die Vize-Meisterschaft gegen den FC Spraitbach drehen die seit nunmehr elf Partien ungeschlagenen Mögglinger erneut einen frühen Rückstand. Vor 300 Zuschauern im eigenen Stadion machen der spielende Co-Trainer Sinan Keskin (20.) sowie Kapitän Christoph Forstenhäusler (50.) den 2:1-Sieg perfekt.

15.Juni 2023: Der TSV Hüttlingen dominiert zunächst das Relegationsspiel in Straßdorf, doch die Mögglinger halten dem Druck stand und präsentieren sich als die effektivere Mannschaft. Ibrahim Cakmak (41.) und der eingewechselte Buchhauser (87./90.) treffen zum überdeutlichen 3:0-Endstand.

18.Juni 2023: Beim Endspiel in Abtsgmünd ist der Stern nicht mehr zu bremsen. Zur Pause steht es 2:1 gegen den VfL Gerstetten, bevor Keskin in seinem letzten Spiel vor dem Karriereende einen Doppelpack schnürt und den Aufstiegstraum in greifbare Nähe rücken lässt. Gerstetten hat stets die schnelle Antwort parat, bevor Wiedmann und Justin Fuchs in der Schlussminute zum 7:3 treffen. Ein Tag für die Geschichtsbücher des 1.FC Stern.

Zahlen, bitte: Die Aufstiegssaison des 1.FC Stern Mögglingen im statistischen Rückblick.

6 Niederlagen sind der beste Wert in der Mögglinger Kreisliga A-Historie. Ungeschlagen beendete man einzig die Kreisliga B- Meisterjahre 2001/02 und 2016/17.

25,75 Jahre war das Durchschnittsalter der Mögglinger Relegations-Startelf und damit deutlich jünger als ihre Kontrahenten Hüttlingen (26,33) und Gerstetten (30,64).

55 Jahre ist es her, dass der Stern in der höchsten Liga des Bezirks spielte. Von 1961 bis 1968 zählte man zur damaligen A-Klasse, an deren Stelle im Jahr 1982 die heutige Bezirksliga trat.

73 Saisontore sind der beste Wert seit 2007/08 (81).

91 Minuten benötigte Dennis Buchhauser durchschnittlich für einen seiner 22 Treffer. Die interne Torschützenliste führt er damit vor Sinan Keskin (13), Leon Takerer, Ibrahim Cakmak (je 8) und Justin Fuchs (7) an.

373 Punkte holte der Stern im vergangenen Jahrzehnt in der Kreisliga A I. In der ewigen Tabelle gelang nun ein Sprung um drei Plätze auf Rang vier. Ab dem 20.August gilt es in der Bezirksliga seine Spuren zu hinterlassen.

So feiert der Aufsteiger: Eine Woche nach dem famosen 7:3-Relegationssieg über Gerstetten traten die Kicker des 1.FC Stern ihre traditionelle Abschlussfahrt an. Ziel war die tschechische Bierhauptstadt Pilsen - drei Tage lang ließen sich die Mögglinger Jungs gebührend für ihre historische Saison feiern. Beim Paintball-Match schoss sich das Team schon einmal warm für die neue Bezirksliga-Saison.

Aufrufe: 02.7.2023, 01:55 Uhr
Nico SchochAutor