2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Voll dabei! Michael Wimmer ist seit Anfang des Jahres Trainer von Austria Wien. Sein Verträg läuft bis Sommer 2025.
Voll dabei! Michael Wimmer ist seit Anfang des Jahres Trainer von Austria Wien. Sein Verträg läuft bis Sommer 2025. – Foto: GEPA pictures/Imago Images

Michael Wimmer: Die speziellen Herausforderungen reizen ihn

Nach Stuttgart ist für den gebürtigen Niederbayern derzeit Austria Wien - und vielleicht auch 1. FC Kaiserslautern? Der 43-Jährige im Interview...

Als Trainer von Austria Wien in der österreichischen Bundesliga ist Michael Wimmer etwas aus dem Fokus verschwunden. Das heißt aber nicht, dass es ruhiger geworden ist für den gebürtigen Dingolfinger. Der 43-Jährige ist Coach eines Vereins, bei dem es traditionell emotional und somit hektisch zugeht. Zuletzt war der Niederbayern zudem als Trainer des 1. FC Kaiserslautern im Gespräch. Über all diese Themen spricht Wimmer im FuPa-Interview...

Michael, Trainer eines DFB-Pokal-Viertelfinalisten zu sein hätte doch seinen Reiz, oder nicht?
Freilich. Und erst recht das Cup-Viertelfinale in Österreich, in das wir nachdem 1:0-Sieg gegen Klagenfurt mit Austria Wien eingezogen sind (schmunzelt).

Du weist sicher, wohin diese Fragen führen soll: Nach der Entlassung von Dirk Schuster als Trainer des 1. FC Kaiserslautern, der es ins DFB-Pokal-Viertelfinale geschafft hat, hat u.a. der Kicker spekuliert, dass auch Du zu den Nachfolge-Kandidaten zählst. Was war dran an dieser Geschichte? Gerüchte aus der Welt der Fabeln - oder warst Du tatsächlich kurz davor, ein Roter Teufel zu werden?
Da ist genügend geschrieben und diskutiert worden - und dabei belassen wir es mal (lacht vielsagend).

Bist Du überhaupt der Typ, der wegen einer neuen Liebe einfach so die alte verlässt? Oder anders gefragt: Welches Angebot müsste kommen, damit Du Austria Wien, wo Du immerhin noch Vertrag bis Sommer 2025 hast, verlassen würdest?
Im Fußball weiß man nie, was passiert. Aber ich bin in Wien und bleibe es vorerst auch. Die Entwicklung der Mannschaft ist positiv, auch wenn es in tabellarischer Hinsicht derzeit vielleicht nicht so aussieht. Alles gut also.

Bald bis Du ein Jahr Coach bei den Violetten: Wie fällt Dein generelles Zwischenfazit aus?
Ein turbulentes Jahr mit Höhen und Tiefen. Gefüllt hatten wir nur Endspiele. Vergangene Saison haben wir unser Ziel, in den Europa-Pokal einzuziehen, geschafft. Diese Spielzeit haben wir dann international gute Spiele gemacht, sind aber gegen Warschau unglücklich ausgeschieden. Gleichbedeutend damit war ein Bruch. In der Folge haben wir in der Liga ordentlich gespielt, aber keine Punkte geholt. Eine Ergebniskrise aus dem Bilderbuch. Die Kehrtwende stellte das Spiel gegen Rapid dar: In dieser Partie haben wir zu Acht ein 0:0 gehalten. Es folgten acht Partien ohne Niederlage und Gegentor. Von daher sind wir auf einem guten Weg, der sich hoffentlich bald auch in der Tabelle widerspiegeln wird.

Austria Wien gehört ähnlich wie beispielsweise Kaiserslautern zu den Traditionsclub mit enormer Wucht. Eine gewisse, unverkennbare Emotionalität im Umfeld gehört dazu. Wie gehst Du damit um, dass Du als Trainer entweder der Held oder der Versager bist - eigentlich ohne Alternativen?
Das ist richtig. Austria Wien ist der Traditionsverein in Österreich überhaupt. Aber als Trainer wirst du jedes Wochenende gemessen – egal in welchem Club. Gewinnt man Spiele, bist du gut. Wenn nicht, bist du schlecht. Grundsätzlich ist es deshalb wichtig, sich selber zu reflektieren – und authentisch zu bleiben. Weiß ich, dass ich alles gegeben habe, kann ich vieles ausblenden.

Allen voran wegen der finanziellen Schieflage ist die Austria derzeit in den Schlagzeilen? Was bekommst Du von diesen Geld-Sorgen als Trainer mit? Bist Du arg eingeschränkt?
Natürlich liest man diese Geschichten. Ab und an wird man vereinsintern auch damit konfrontiert oder medial darauf angesprochen. Es ist aber keine Unruhe im Verein auszumachen. Da sind Leute am Werk, die ihr Handwerk verstehen. Was mein Gehalt betrifft, mache ich mir keine Gedanken. In Sachen Transfers sind uns aber logischerweise schon die Hände gebunden. Damit muss ich aber leben. Mein Themenbereich ist der Sport. Alles andere beeinflusst mich nicht.

Nürnberg, Stuttgart, nun Wien: Es scheint als hättest Du ein Faible für Vereine mit großer Vergangenheit und wankelmütiger Gegenwart. Suchst Du nach diesem Kriterium aus?
Nein, nicht speziell, wobei ich ehrlich gestehen muss, dass solche Vereine schon eine Wucht haben und auch eine spezielle Herausforderung sind. Aber generell wähle ich meine Aufgaben danach aus, ob das Gesamtpakat stimmt. Dabei ist neben der sportlichen Herausforderung ganz wichtig, ob es mein nächster Schritt sein kann. Besonders wichtig ist mir aber auch, wie mein Gefühl mit den handelnden Personen ist, weil ich schon jemand bin, der ein Teamplayer und auch gerne im Austausch ist.

RedBull Salzburg überstrahlt alles in der Liga, spielt ja auch regelmäßig Champions League. Wie würdest Du das Niveau der österreichischen Liga dahinter einstufen - im Vergleich zum deutschen Fußball?
Diesen Vergleich wage ich eigentlich nicht anzustellen. Die österreichische Liga ist extrem spannend. Dass RB komplett über den Dingen steht, relativiert sich gerade ein bisschen. Vergangene Spielzeit war es ein Zweikampf um den Titel bis zum letzten Spieltag. Sturm Granz performt auch super. Der österreichische Fußball ist auf dem Vormarsch, das zeigt auch die Nationalmannschaft.

Lassen Sich Austria Wien und der VfB Stuttgart vergleichen?
Extrem schwierig. Beides sind Traditionsvereine mit großer Vergangenheit und vielen Titeln. Bei beiden macht es extrem Spaß zu arbeiten. Mehr Vergleich ist nicht möglich.

Überrascht Dich die bis dato überragende Saison der Schwaben? Oder kann Du den Erfolg als ehemaliger Insider besser einordnen als die breite Masse?
Nein, das überrascht mich nicht. Es freut mich. Ich kenne ja noch viele Spieler des VfB – vor allem die jungen. Sehr talentierte Jungs, die wieder etwas reifer geworden sind. Stuttgart spielt überragenden Fußball. Sie haben einen überragenden Trainer, der anscheinend mit der Mannschaft gut kann. Schön zu beobachten.

Kann der VfB bis zum Ende vorne da bleiben? Wie bewertest Du die aktuelle Bundesliga-Saison insgesamt? Wer enttäuscht? Wer überrascht?
Es würde mich freuen, wenn Stuttgart bis zum Ende der Saison vorne mitmischen könnte. Und natürlich zählt der VfB somit auch für mich zu den positiven Erscheinungen der Saison. Um Enttäuschungen ausmachen zu können, bin ich nicht ausreichend genug involviert. Mein Fokus liegt auf der österreichischen Liga.

Willst Du perspektivisch nach Deutschland zurück? Wie stellst Du Dir generell Deine Zuknunft vor?
Einen genauen Plan im Fußball auszustellen, ist nicht möglich. Deshalb habe ich auch keinen konkreten. Ich will so gut und erfolgreich wie möglich arbeiten. Und dann wird man sehen, wo die Reise hinführt. Aber natürlich ist es so, dass die deutsche Bundesliga immer interessant ist.

Vielen Dank für das Gespräch - und alles Gute für die Zukunft!

Aufrufe: 013.12.2023, 08:40 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor