2024-06-04T08:56:08.599Z

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Trafen sich zum Gespräch: Bayerische-Vorstand Martin Gräfer und Redakteur Uli Kellner.
Trafen sich zum Gespräch: Bayerische-Vorstand Martin Gräfer und Redakteur Uli Kellner. – Foto: Uli Kellner

Martin Gräfer über den 1860-Wahlkampfabend: „Angst, körperlich und verbal angegangen zu werden“

„Lagerdenken ist mir völlig fremd“

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Im Interview spricht Martin Gräfer, der Boss von 1860-Hauptsponsor „Die Bayerische“, über den Wahlkampfabend und 1860-Investor Hasan Ismaik.

München – Wahlkampf in der Höhle der Löwen. Auf Initiative von Pro1860 wird die Sechzger-Alm am Donnerstagabend (19 Uhr) zur politischen Bühne. Die 24 Kandidaten für den Verwaltungsrat sind eingeladen, ihre Ideen und Motive vorzustellen, danach dürfen die maximal zugelassenen 500 Fans und Mitglieder Fragen stellen. Martin Gräfer von Hauptsponsor „Die Bayerische“ stellt sich. Wir trafen den 55 Jahre alten Versicherungsvorstand zum Interview.

Herr Gräfer, was halten Sie von der alten Stürmer-Weisheit, dass man auch mal dahin gehen muss, wo es wehtut?

Ich glaube, das gilt ja fürs Leben grundsätzlich. Die Frage ist, welche Schmerzempfindlichkeit man hat. Wenn man was entwickeln will, darf man sich von ein bisschen Schmerz nicht abhalten lassen. Es sollte aber nicht in Masochismus ausarten.

Hintergrund der Frage: Die e.V.-Hardliner von Pro1860 laden in die Sechzger-Alm. Ein Auswärtsspiel, das man als „Bündnis Zukunft 1860“ nicht gewinnen kann?

Weiß ich gar nicht. Erst mal würde ich das mit den e.V.-Hardlinern infrage stellen – bin ich dann ja quasi auch. Als Mitglied des Vereins bin ich ja selber Teil des e.V. – wie alle anderen Bündnis-Partner auch. Dieses ganze Lagerdenken ist mir völlig fremd.

Drei Minuten Redezeit pro Kandidat sind wenig. Wie wollen Sie die Bündnis-Kritiker überzeugen?

Da wir zu sechst sind, sind es am Ende ja 6 x 3 Minuten (lacht). Um es kurz auszudrücken: Ich glaube, wir brauchen einen neuen Matchplan für den Profifußball bei 1860 München und eine Weiterentwicklung der Zukunftsvision für den Verein insgesamt.

Im Bündnis gibt es Arbeitsgruppen zu den Themen Stadion, Infrastruktur, NLZ und Finanzen. War die Mühe vergeblich, weil es am Ende nur um die Frage geht: Mit Investor Hasan Ismaik oder ohne?

Nein, die Mühe war nicht vergeblich. Die Ideen, die entstanden sind, sind Vorschläge, bei denen es um die Gesamtentwicklung des Vereins geht. Und zum Thema Ismaik: Man kann sich fürchterlich ärgern, dass der Investor da ist, man kann wie Rumpelstilzchen auf den Boden stampfen und schimpfen, am Ende geht es aber um Realitäten. Eine Realität ist, dass der Gesellschafter ein Interesse daran haben muss, dass der Wert der KGaA wieder steigt.

Ich kenne nur Fans, die sagen, sie möchten ihre Kultur wahren – und gleichzeitig erfolgreich sein.

Martin Gräfe

Kann man Fans, die den Investor ablehnen, mit Argumenten überzeugen?

Die Frage ist: Wollen wir nicht alle als Fans, dass 1860 vorwärts kommt? Ich kenne jedenfalls keinen Fan, der sagt, er wäre total glücklich in der Kreis- oder in der Bayernliga – Hauptsache, er spielt in Giesing. Ich kenne nur Fans, die sagen, sie möchten ihre Kultur wahren – und gleichzeitig erfolgreich sein. Und was den Investor angeht: Er ist da. Seit sieben Jahren kommen wir keinen Schritt weiter, weder mit dem Gesellschafter noch ohne ihn. Daher: Lasst uns versuchen, mit dem Investor auf Augenhöhe zu sprechen.

Von Hasan Ismaik gab es per Facebook eine klare Wahlempfehlung. Für Hardliner womöglich ein Grund, Bündnis-Leute jetzt erst recht abzulehnen. Ein Eigentor des Investors oder gar der Todesstoß für das Bündnis?

Weder das eine noch das andere. Ich lass mich doch von so etwas gar nicht beeinflussen – und ganz viele Mitglieder sicherlich auch nicht. Wenn Herr Ismaik sich wünscht, dass man wieder auf Augenhöhe miteinander spricht, dann werte ich das als gutes Zeichen. In uns, wenn wir denn gewählt werden, wird er aber auch eine Formation antreffen, die die Interessen des e.V. vertritt. Dazu braucht es eine Strategie. Und die Idee, einfach dagegen zu sein, ist halt leider keine Strategie. Plakativ ausgedrückt: Sackgasse ist in unserem Navigationsgerät nicht vorgesehen!

Sorge bereitet mir allerdings, dass mir viele Mitglieder zugerufen haben, sie hätten Angst, bei der Versammlung körperlich und verbal angegangen zu werden.

Martin Gräfe

Was muss am 16. Juni passieren, dass es dem „BZ60“ am Ende nicht so ergeht wie vor sechs Jahren dem Team Profifußball, das im Block durchgefallen ist?

Ich denke, dass alle sieben Persönlichkeiten aus unserem Bündnis die besten Voraussetzungen mitbringen, um einen neuen Weg zu gehen – ohne dass wir Erfolge garantieren können. Wenn wir die Chance kriegen, können wir starten, wenn nicht, dann eben nicht. Es ist eine demokratische Wahl, ich bin da völlig entspannt. Sorge bereitet mir allerdings, dass mir viele Mitglieder zugerufen haben, sie hätten Angst, bei der Versammlung körperlich und verbal angegangen zu werden. Ich vertraue aber ganz darauf, dass der Wahlausschuss dafür Sorge trägt, dass das nicht passiert. Daher, liebe Löwinnen und Löwen: Geht zur Wahl, wenn Euch dieser Verein am Herzen liegt! Ihr könnt damit eine richtungweisende Entscheidung treffen.

Angenommen, auch Sie fallen bei den Mitgliedern durch. Welche Auswirkungen hätte das für Ihr Engagement und Ihre Löwenleidenschaft?

Gar keine. Das Bündnis wollen wir so oder so weiterführen, als eine Art unabhängiger Think Tank.

Und für Ihre Firma „Die Bayerische“ als Hauptsponsors?

Ich kann mich da nur wiederholen: Die Bayerische und 1860 – das passt zusammen wie wenig andere Dinge. Als Versicherung haben wir auch mal in der 3. Liga gespielt – inzwischen spielen wir aber gegen den FC Bayern und Paris Saint Germain, das sind in unserer Branche die Allianz und die Axa. Klar ist: Wir wollen nicht dauerhaft Sponsor eines Drittligavereins sein, weil wir nicht glauben, dass das unserem Markenimage gerecht wird. Wir wollen dazu beitragen, dass der Verein Aufstiegschancen bekommt. Unser Engagement ist herausragend, nicht nur finanziell, auch persönlich, deswegen ist es ja so schade, dass hier plötzlich Feindbilder aufgebaut werden, die jeder Grundlage entbehren.

Aufrufe: 016.5.2024, 10:00 Uhr
Uli KellnerAutor