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Vereinsnachrichten

Es war ein kühler, regenverhangener Mittwochabend im Februar 2011. Ich stand zum ersten Mal in der altehrwürdigen Winand-Pütz-Halle auf dem sagenumwobenen Mount Queck. Jürgen Kurek zeigte mit dem Finger auf dich und raunte mir leise zu: das ist Kessels Hein! Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht erahnen, welch innige Freundschaft sich zwischen uns entwickeln könnte. Und heute, 13 Jahre später, habe ich die große Ehre, über dich schreiben zu dürfen! Auch wenn der Grund dafür ein tieftrauriger ist, ist es mir eine große Freude, dein Leben in Worte fassen zu dürfen.

Heinrich Kessel, du erblicktest am 27. Juni 1939 das Licht der Welt. Du betontest immer voller Stolz, dass du nicht nur in Queckenberg aufgewachsen bist, NEIN, du wurdest sogar in diesem wunderschönen Dörfchen geboren; in der Madbachstraße, um genau zu sein. Deine frühen Jahre waren geprägt von viel Not, Sorgen und Kummer. Nicht nur ein aberwitziger, sinnloser Krieg belastete deine Kindheit. Denn als wäre dies nicht schon Unheil genug, musstest du auch viel zu früh den Verlust von Mutter und Vater erleiden. Deine Schwester Mia ersetzte dir beide Elternteile und kümmerte sich liebevoll um ihren kleinen Bruder Heinrich. Wenn man bedenkt, zu was für einem kräftigen Burschen, zu was für einem wunderbaren Mann du heranwachsen solltest, darf man mit Fug und Recht sagen: Mia war eine fantastische Ersatzmama gewesen.

Von deinen Flegeljahren als heranwachsender und pubertierender Jugendlicher gibt es keine Böse-Buben-Geschichten zu erzählen. Das lag wohl nicht zuletzt daran, dass du recht bald ein wunderschönes Mädel kennenlerntest, deine Renate. Zunächst noch etwas schüchtern und verlegen auf dem Pausenhof der Schule, nach und nach aber auch immer selbstbewusster und mutiger kamt ihr euch näher, z.B. auf den Dorffesten, vor allem im Zentrum der Queckenberger Feierbiester – in Bungs Tanzsaal. Aus flüchtigen Momenten wurden kleine Romanzen. Und aus kleinen Romanzen entwickelte sich eine Liebe, die euch schließlich für immer verbinden sollte. So läuteten 1961 in Queckenberg die Hochzeitsglocken. Ihr fandet euer gemeinsames Zuhause im alten Bergwerk in Hardt, im Emma-Karoline-Weg 31. Das junge Familienglück wurde vollendet mit der Geburt eurer beiden Töchter Elke und Iris (1962 und 1966). Da hattest du bereits deine Lehre als Hufschmied in der Dorfschmiede beim alten Lanzrath erfolgreich abgeschlossen und sorgtest dich jetzt als liebevoller Ehemann und herzensguter Vater um deine drei Frauen. Du wusstest aus deiner Kindheit nur zu gut, was Not und Hunger bedeuteten. Daher war es dir immer wichtig, dass es deinen Lieben an nichts fehlen wird, dass sie niemals solch entbehrungsreiche Erfahrungen machen mussten. Dabei warst du stets darauf bedacht, auf keine fremde Hilfe oder Unterstützung angewiesen zu sein. Die Wünsche deiner Familie, aber auch deine eigenen, wolltest du selbst erfüllen. Dein Lebensmotto war stets, wo ein Kessel ist – da gibt’s auch einen Weg! Mit dieser Maxime war es dir möglich, mit beiden Beinen fest im Leben zu stehen und dieses so oft wie möglich auch zu genießen. Unvergessen sind die traumhaften Familienurlaube in Kitzbühel, die Reisen bis nach Ibiza oder die legendären Ausflüge mit dem Kegelclub u.a. nach Budapest. Als man dir in den 1970er Jahren anbot, mit einem Wechsel zu Ideal Standard in Neuss noch einmal beruflich voll durchzustarten, brauchtest du nicht lange zu überlegen. Auch wenn dies bedeutete, Freizeit und Familienglück etwas einzuschränken aufgrund der täglichen Pendelei, mussten weder deine Frau noch deine beiden Töchter auf dich verzichten. Wollte Iris zum Tanz oder Elke auf ein Fest – auf das Papataxi konnten sie sich jederzeit verlassen. Auch zu vorgerückter Stunde, wenn die jungen Damen dann endlich nach Hause wollten, holte Kessel’s Hein seine Töchter heim ins wohl behütete Familiennest. Natürlich wolltest du auch wissen, mit welchen Kerlen sich deine beiden Mädels die Abende um die Ohren schlugen. So manches Abschiedsküsschen musste dann im Auto noch mal kritisch hinterfragt werden! Doch am Ende konntest du dich beruhigt zurücklehnen, da Elke mit ihrem Rainer und Iris mit ihrem Manfred jeweils eine sehr gute Wahl getroffen hatten. Mit dem Familienzuwachs durch eure Enkelkinder Vanessa und Saskia sowie Dennis und Florian gab es für euch neue Aufgaben in dem absoluten Traumjob als Oma und Opa.

Nach den vielen Jahren puren Glücks und voller Familienidylle zogen dunkle Wolken über dem Emma-Karoline-Weg auf: deine geliebte Renate erkrankte schwer! Jetzt warst du noch mehr als sonst für sie da, pflegtest sie Tag und Nacht. Leider konnte ihr deine Liebe und Fürsorge keine Heilung bringen. Nach zwei schweren, schmerzhaften Jahren musstest du sie 2009 gehen lassen – mit 69 Jahren leider viel zu früh!

Ablenkung von den schweren und trüben Gedanken fandest du vor allem auf dem Fußballplatz am Eichener Weg. Überhaupt war der SV Rot-Weiß Queckenberg, den du 1963 mit gegründet hattest, deine zweite Familie. Den berühmten Mount Queck nanntest du zu Recht dein zweites Wohnzimmer. Hier erlebtest du Sternstunden des Kreisligafußballs, zum Beispiel als dein RWQ Anfang der Achtziger Jahre bis in die A-Klasse aufgestiegen war. Wenn es darum ging, die Infrastruktur zu verbessern, warst du stets in vorderster Front zu finden. Sei es die Umwandlung in einen Tennenplatz oder die Errichtung der Flutlichtanlage oder der Bau des Vereinsheims – überall war der Kessel mit am brassele. Letzteres Vorhaben war sogar auf deine Initiative zurückzuführen. Schließlich war es deinen Beziehungen zu verdanken, dass die heutige Winand-Pütz-Halle in Neuss abgebaut und auf dem Mount Queck Brett um Brett und Nagel um Nagel wieder hochgezogen wurde. Für deine Verdienste um den Sportverein wurdest du 2013 mit dem Ehrenamtspreis des DFB ausgezeichnet. Und seit 2017 trägt der Sportplatz offiziell den Namen Heinrich-Kessel-Sportfeld. Diese Ehrung wurde dir vom Rheinbacher Bürgermeister sogar persönlich ausgesprochen. Wiederum zwei Jahre später warst du es, der eine mittlere Völkerwanderung auf den magischen Fußball-Tempelberg zu verantworten hatte. Dein 80. Geburtstag ließ Groß und Klein sowie Jung und Alt den Berg erklimmen. Sogar von der Ostsee machten sich Gäste auf den Weg, um dir gratulieren zu können. Dieser Abend bildete rückblickend eine einmalige und in Teilen auch letztmalige nostalgische Nacht der Erinnerungen, prosteten sich doch noch einmal solch namhafte Queckenberger Legenden gegenseitig zu, wie Erwin Genz, Charly Nazarek, Peter Zimmer oder Klaus „Nüll“. Nach dieser ersten, verdienten Würdigung deines von Arbeit geprägten, stets ehrlich und bescheiden geführten Lebens wurden dir noch allerhöchste Ehren zuteil: mit der Geburt von Ben, Jonas, Leo, Jakob und Carlo wurdest du zum stolzen, fünffachen Urgroßvater geadelt. Wenn die Jungs ihren „Öps“ besuchten, konnte man deine Glücksgefühle an deinen leuchtenden Augen ablesen!

Nun hast du dich auf die Reise begeben, die schon einige deiner Freunde vor dir antreten mussten. Wenn es donnert, dann weiß ich, dass da oben gerade die Bierhumpen aneinander scheppern. Wenn es regnet, dann weiß ich, dass dabei Bier verschüttet wird. Wenn die Sonne scheint, dann weiß ich, dass da oben gerade laut und herzhaft gelacht und gescherzt wird.

Es war mir eine große Ehre, dich kennengelernt zu haben. Ich bin extrem dankbar dafür, dass du mein Leben bereichert hast, und dass ich mehr als 10 Jahre dein Freund sein durfte. Ich verbleibe mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, in stillem Gedenken an unseren

KESSEL’s HEIN!

Aufrufe: 015.5.2024, 23:48 Uhr
Daniel KunzeAutor