2024-04-25T14:35:39.956Z

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Nach seinem Platzverweis eskalierte die Situation: Desbele Ghirmay (l.) vom FC Megas sah eine von zwei Gelb-Roten-Karten.
Nach seinem Platzverweis eskalierte die Situation: Desbele Ghirmay (l.) vom FC Megas sah eine von zwei Gelb-Roten-Karten. – Foto: Peter Volk

Lage eskaliert „wegen Nichtigkeiten“: Megas sauer auf Schiedsrichter – der wehrt sich

A-Klasse 10

Der Spielabbruch in der A-Klasse 10 sorgt für Aufregung. Wie es laut dem FC Megas, dem SV Krün und dem Schiedsrichter zum Spielabbruch kam.

Mal wieder der Käfig am Kainzenbad, der Schmelztiegel der Emotionen. Unter Schiedsrichtern heißt es, das schwierigste Terrain im Landkreis. Was sich am Samstagnachmittag ereignete, ist ein weiteres Kapitel der langen Geschichte voll von Fußballfesten, Skandalen und allem zwischendrin. So undurchsichtig mal wieder, wie es nur sein kann bei einem solch heiklen Thema.

Zunächst zu den unumstößlichen Fakten dieses A-Klassen-Duells zwischen dem FC Megas und dem SV Krün: Nach etwas mehr als 60 Minuten brach Schiedsrichter Chris Bridger (1. FC Garmisch-Partenkirchen) die Partie ab. Die Gastgeber hatten sich geweigert, weiterzuspielen. Die Umstände beurteilen aber sämtliche Beteiligten unterschiedlich. Ein Rekonstruktionsversuch.

Die Vorgeschichte

Peter Christofi ist das Faktotum des FC Megas. Er war Trainer und Mädchen für alles – schon damals vor 20, 30 Jahren, als die damaligen Griechen kickten. Er weiß noch, wie sie in der Saison 1991/92 unter Christos Kanakidis das erste Mal in Uffing den Platz verließen, weil sie sich benachteiligt sahen. Seit der Neugründung vor zehn Jahren aber, betont Christofi, sind sie nie frühzeitig vom Feld gegangen.

Mittlerweile haben sie eine Multi-Kulti-Truppe, viele aus afrikanischen und arabischen Ländern. Vom Verband haben sie auch mal einen Integrationspreis bekommen, als sie 15, 16 Nationalitäten im Team hatten. „Integration haben wir sehr gut gemeistert“, sagt das Vorstandsmitglied des FC, das in Frankfurt wohnt, aber noch oft in der Heimat zu Gast ist. Auch am Samstag.

Aus Schiedsrichter- wie Spielerkreisen heißt es, wie heiß es oft hergeht in Duellen mit der Multi-Kulti-Truppe. Wie stark an der Grenze des Sportlichen manch’ Partie abläuft. Das Verhältnis zu Schiedsrichter Chris Bridger beschreibt Christofi als schlecht. Vor zwei Jahren gab es schon einmal einen Vorfall, im Spiel gegen Mittenwald (wir berichteten). Damals erzählte Trainer Theodoros Tegos von „verbalen Entgleisungen“. Unter anderem fiel der Spruch in Richtung eines FC-Kickers: „Du flüchtest aus deinem Land, um dich dann hier aufzuführen.“ Christofi sagt: „Das deckt sich mit diesmal.“

Das sagt der FC Megas

Für Christofi steht fest, der Unparteiische trägt die Verantwortung. Erst habe er nach einem Foul an Hubert Holzer (61.) den falschen Megas-Spieler belangt (Medhi Bahmani ) und ihn, als er die Situation aufklären wollte, direkt mit Gelb-Rot abgestraft. „Als hätte er es kaum erwarten können – das Gefühl hatten wir“, sagt das Megas-Urgestein. Nach dem nächsten Platzverweis gegen Desbele Ghirmay sei die Lage eskaliert. „Wegen Nichtigkeiten.“ Torwart Kondia Sandy schaltete sich ein, daraufhin fiel die Aussage, die die FC-Kicker zum Streik veranlasste.

„You came from your fucking country to get your fucking freedom“, so rezitieren es die Garmisch-Partenkirchner. „Mit dem Satz sprichst du jeden Flüchtling an. Das kannst du so nicht bringen“, betont Christofi. Er vermutet bei Bridger eine „Antipathie gegen Megas“. Ein Schiedsrichter müsse neutral und objektiv sein. „Mit so einem Mann willst du am Platz nichts zu tun haben. Ich hätte auch keine Lust mehr gehabt.“

So sieht’s Bridger

Die Szenen, die Bridger schildert, wertet er anders aus. Bevor der Referee konkret auf die Geschehnisse eingeht, will er eines klarstellen: Er habe deeskalierend gewirkt. „Das hätte auch richtig krachen können“, sagt er. Am Anfang der Kette an unguten Ereignissen steht das Foul von Bahmani an Holzer kurz vor dem Strafraum. Der Megas-Spieler sah Gelb und sagte Bridger zufolge zu ihm: „Chris, du betrügst uns.“ Daraufhin zückte der Schiedsrichter Gelb-Rot.

Teamkollege Ghirmay nannte Chris Bridger danach einen „Rassisten“. Dafür gab’s ebenfalls die Ampelkarte, weil Ghirmay schon verwarnt war. Zuletzt kam Torwart Sandy hinzu, sagte: „Du pfeifst Scheiße.“ Bridger, so erzählt er’s, nahm den Fußballer zur Seite und sprach zu ihm, „dass er doch aus Sierra Leone komme und er doch extra vor Aggressivität, Hass und Verfolgung geflohen sei, warum er dies dann hier auf dem Fußballplatz selber umsetze“?

Daraufhin kam’s zur Rudelbildung samt „rassistischer Beleidigung“ gegen Bridger, so formuliert er’s. Zum Hintergrund: Die Eltern des Mittenwalders kamen aus Großbritannien nach Deutschland, sein kleiner Bruder hat das Downsyndrom, deshalb engagiert sich Bridger unter anderem im Vorstand eines Inklusionsvereins. Ihn irritierte bei der ganzen Sache die Rolle von Spielertrainer Ioannis Hristoforidis, der sich im Hintergrund hielt. „Mangelnde Führungsqualitäten“ wirft Bridger ihm vor, genauso fehlende Unterstützung als Schiedsrichter-Kollege. Mit Hilfe der Krüner habe sich die Lage beruhigt. Weiterspielen wollte der FC Megas aber nicht mehr. Danach brach Bridger die Partie ab.

So schildert’s Krün

Von den brisanten Worten, die gefallen sein sollen, hörte Stephan Benz nichts. Der Coach und seine Krüner waren zu weit weg. Dafür berichtet er von einem „gröbst unsportlichen“ Spiel. Die Isartaler bemerkten und protestierten etwa, wie sich Milad Honar im Trikot auf die Bank setzte, obwohl der vorige Woche eine Rote Karte kassiert hatte und gesperrt war. Offenbar, so kam das bei den Krünern an, wollte er unter falschem Pass auflaufen. Christofi erklärt’s anders: Honar kam von der Arbeit nachträglich zum Spiel und wusste schlicht nicht, dass er gesperrt ist. „Der hat mit keinem geredet, stand einfach umgezogen da.“

Weiter berichtet Benz von einer Spuckattacke gegen SVK-Akteur Stefan Kautecky. „Wenn ich das gesehen hätte, hätte ich den Spieler sofort nach Hause geschickt. Das ist absolut unterste Klasse“, sagt Megas-Mann Christofi. Alles in allem habe das Spiel „überhaupt keinen Spaß“ gemacht, betont derweil Benz. „Das war vergeudete Lebenszeit.“

Funktionäre unter sich: (v.l.) Klemens Wind, Peter Christofori und Ioannis Hristoforidis.
Funktionäre unter sich: (v.l.) Klemens Wind, Peter Christofori und Ioannis Hristoforidis. – Foto: Fellner/Archiv

Wie es weitergeht

Direkt nach dem Abbruch schickten die Verantwortlichen des FC Megas eine Anzeige ans Sportgericht, das nun über den Fall richten soll. Egal, wie die Sache ausgeht: Chris Bridger würden sie gerne nicht mehr als Schiedsrichter haben. Das geht auch, bestätigt Schiedsrichter-Obmann Klemens Wind. Er kannte die Vorgeschichte der beiden Streitparteien zuvor nicht. „Wenn ich nichts weiß, kann ich nichts machen.“ In Zukunft aber könne er bei der Ansetzung darauf achten. Er gibt nur eines zu bedenken: „So viele Schiedsrichter haben wir da oben nicht. Ich bin froh, wenn da überhaupt gepfiffen wird.“ (Andreas Mayr)

Aufrufe: 017.10.2023, 09:01 Uhr
Andreas MayrAutor