
Der DFB knüpft die Berechtigung, Teams bestimmter Spielklassen zu trainieren, an klar definierte Lizenzen. Während die auf Amateurebene üblichen C- und B-Scheine noch über die Landesverbände organisiert werden, führt der Weg darüber hinaus direkt zum Dachverband selbst. Besonders der Übergang zur A-Lizenz markiert für viele ambitionierte Amateur-Übungsleiter eine echte Zäsur und erhebliche Hürde.
Dabei zeigt der Schritt von der B- zur A-Lizenz in vielerlei Hinsicht auch den Übergang vom Amateurbereich zum professionellen Geschäft auf. Auch wenn ein Cheftrainer im Herrenbereich nach bestandenem Lehrgang lediglich eine Spielklasse zusätzlich – die Regionalliga – betreuen darf, ist der Aufwand enorm. Nach DFB-Angaben kostet die Ausbildung rund 11.000 Euro und umfasst 360 sogenannte Lerneinheiten, verteilt über neun bis zehn Monate.
Wer dies investieren kann, muss sich seit dem Jahre 2022 mit einem eingeführten Punktesystem auseinandersetzen. Hierbei unterscheidet der DFB zwischen Spieler- und Trainererfahrung, sowie "relevanter Bildung", wie beispielsweise einem abgeschlossenen Hochschulstudium mit Schwerpunkt in der Sportwissenschaft oder Pädagogik. Pro absolvierter Spielzeit als Spieler oder Trainer wird dem Bewerber eine gewisse Punktzahl zugeschrieben, je höher die Spielklasse, desto höher der Faktor.

38,5 Punkte bildeten zuletzt die Schwelle zur Teilnahme ab. Für höherklassig erfahrene Ex-Profis, oder Trainer in einem Nachwuchsleistungszentrum ist diese Marke deutlich leichter zu erreichen als für Trainer, die jahrelang im gehobenen Amateurbereich arbeiten. Ein oft genanntes Beispiel verdeutlicht die Dimension: Eine Saison als Spieler in der Bundesliga bringt fünf Punkte, eine Saison als Trainer in der Oberliga dagegen nur 2,5.
"Das ist einfach komplett unfair, finde ich. Die Ex-Profis werden bevorzugt, für die ist es einfacher", sagt Daniel Klinger, Cheftrainer von Oberliga-Aufsteiger VfL Jüchen-Garzweiler, zu dieser Diskrepanz. Dem 39-Jährigen fehlten am Ende lediglich zwei Zähler für den nächsten A-Lehrgang. Dabei gehe es ihm weniger um die Inhalte der DFB-Akademie als vielmehr um die Perspektive, auf höherem Niveau agieren zu können.
"Ich bin nicht jung, ich bin aber auch noch nicht alt", erläutert er. "Zuerst geht es um die Berechtigung. Klar, man nimmt im Lehrgang auch viele Dinge mit, die heutzutage neu sind. Aber jetzt fehlen mir zwei Punkte, weil ich nicht zwei Jahre länger Regionalliga gespielt habe. Das ist doch Blödsinn."
Okan Özbay, Trainer vom Mittelrheinligisten SpVg Frechen, teilt das gleiche Schicksal. Er moniert, dass mit der Umstellung seine praktischen Erfahrungen nicht angemessen bewertet seien: "Ich scheitere an einem Punktesystem, das Erfahrung, Motivation und Kompetenz nicht nachvollziehen kann. Über 5.000 Stunden Erfahrung, fünfstellige Investition – und trotzdem verweigert man mir den Zugang", sagt er. "Wir sollten ambitionierte Trainer, die Engagement, Kompetenz und die richtigen Eigenschaften mitbringen, nicht ausbremsen."
Vor Einführung des Punktesystems galt beim DFB nach eigenen Angaben noch das Prinzip „wer zuerst kommt, malt zuerst“. Dass die nun gewählte Lösung auch durchaus auf Unmut stößt, räumt der Verband ein: "Uns ist bewusst, dass das neue Verfahren für manche Trainer im Amateurbereich als Hürde empfunden wird. Das Punktesystem soll sicherstellen, dass die Zulassung zur A-Lizenz auf einer breiten und objektiven Basis erfolgt", teilt der DFB auf Nachfrage von FuPa Niederrhein mit. Die Gewichtung zugunsten Profispielern gegenüber Amateurtrainern erscheint dabei durchaus gezielt gewählt. So erläutert der DFB, dass "einer Saison in der Bundesliga eine komplette Karriere im Jugend- und Erwachsen-Leistungsfußball vorausgeht."
Und weiter: "Die Gewichtung basiert auf der Annahme, dass Spieler mit langjähriger Erfahrung im Profibereich ein hohes Maß an taktischem und spielpraktischem Wissen mitbringen, das für die Ausbildung relevant ist."
Grundsätzlich beurteilt der Verband die Resonanz auf die seit drei Jahren geltende Umstellung als positiv. Aus "zahlreichen Rückmeldungen“ von Landesverbänden und Trainer habe sich der Eindruck verfestigt, dass das neue System als "transparent und nachvollziehbar“ wahrgenommen werde. Konkrete Aussichten auf eine wesentliche Anpassung des Zulassungsverfahren sind entsprechend nicht zu erwarten.
Heinrich Losing vom SV Sonsbeck, der seine A-Lizenz noch vor der Reform erwarb, sieht die heutige Gewichtung jedoch ähnlich kritisch wie sein Trainerkollege Klinger: "Ich glaube nicht, dass ein Bundesliga-Profi immer ein besserer Trainer sein muss als ein Amateurspieler oder auch jemand, der schon länger Trainer ist."

Auch wenn er vom damaligen Lehrgang taktisch "viel mitgenommen" habe, lasse sich dies auf dem Niveau der Oberliga nicht nahtlos umsetzen. Bei der konsequenten Vermittlung von taktischen Inhalten sei demnach "viel stupides, auch sehr häufig langweiliges Training" nicht zu vermeiden. So ist aus seiner Sicht der Mehrwert der A-Lizenz für einen Trainer, der nur in der Oberliga agieren möchte, abzuwägen. "Das kannst du im Amateurfußball gar nicht so machen, dann haben die Jungs keinen Bock nach einer Zeit. Die kommen von der Arbeit, die wollen ein bisschen zocken, wollen vielleicht auch mal was lernen. Aber du musst dir schon ganz große Gedanken machen, wie du das Taktische so vermittelst, dass es den Jungs auch noch Spaß macht."
