2024-05-02T16:12:49.858Z

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Die „Ballmaschine“ aus dem Oberland: Hillringhaus ist zurück im Tor.
Die „Ballmaschine“ aus dem Oberland: Hillringhaus ist zurück im Tor. – Foto: GH

HSV-Keeper Gerry Hillringhaus (61) auf Abschiedstournee: „Im Sommer ist endgültig Schluss“

Comeback eines „Fußball-Wahnsinnigen“

Seit 1981 steht Gerald "Gerry" Hillringhaus im Tor. Nach dem Zwangsabstieg in die Bayernliga wurde er Stammtorhüter der Löwen. 43 Jahre später kündigt der Schlussmann sein Karrierende an.

Bad Heilbrunn – Er erinnert sich: „Uli Hoeneß höchstpersönlich hat mich damals als Ersatzkeeper zu den Bayern geholt.“ Am 31. August 1991 ging Gerrys Bundesliga-Traum in Erfüllung. Weil sich Stammkeeper Raimond Aumann verletzt hatte, durfte er mit 28 beim 1:1 in Köln zum ersten Mal im Fußball-Oberhaus ran. Völlig irre, aber typisch Gerry: Der achtfache Opa greift jetzt noch einmal an, steht in der Rückrunde ab März im Tor seines Heimatvereins SV Bad Heilbrunn – in der Bezirksliga!

Comeback mit 61 in der siebten Liga – das ist wohl einmalig zumindest im bayerischen Fußball. Zu den Gegnern von Bad Heilbrunn (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) zählt übrigens auch der ASV Habach – da spielt ein gewisser Florian Kögl, der Sohn des ehemaligen Bayern-Stars Wiggerl Kögl (57). Der ist 29, jünger als Gerrys Töchter Christin, Laura und Theresa – Gerry könnte sein Vater sein. Und der Opa vieler anderer Gegenspieler.

Hillringhaus – ein Fußball-Wahnsinniger

Hillringhaus bezeichnet sich selbst als „Fußball-Wahnsinnigen“ – so kam’s, dass er in der Saison 2012/13 auch mit 50 noch für seinen Jugendverein TSV Gilching-Argelsried in der Bezirksliga aushalf und mit 59 sogar für Bad Heilbrunn im Landesliga-Spiel in Geretsried im Tor stand - und beim 0:0 seinen Kasten sauber hielt. „Gerry, der Hexer,“ hieß es damals.

Danach wollte er die Torwart-Handschuhe eigentlich endgültig an den Nagel hängen. „Es hat riesigen Spaß gemacht, auch wenn mir danach drei Tage die Knochen wehgetan haben“, erzählt der Ex-Profi, der auch schon beim 1. FC Garmisch-Partenkirchen, beim FC Emmering, beim SV Pullach, beim TSV Herrsching, und beim TSV Utting im Tor stand. „Aber es ist nicht meine Prämisse, dass ich nochmal auflaufe. Ich denke, bei dem einen Spiel bleibt’s“, meinte er damals. Aber Hillringhaus wäre nicht Hillringhaus, wenn er sich nicht ein kleines Hintertürchen offengehalten hätte: „Es sei denn, es passiert etwas Gravierendes...“

Christoph Hüttl spielt im Sturm

Genau das ist jetzt passiert. Vorjahres-Keeper Christoph Hüttl (Bruder des Ingolstädter Eishockey-Profis Leon Hüttl) spielt jetzt da, wo er früher für Wolfratshausen in der Bayernliga spielte: Im Sturm. Rückkehr ins Tor schon aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen. Nachfolger Louis Sachau fällt nach einer Mandel-OP lange aus. So muss der Bad Heilbrunner Opa, der schon in der Vorrunde mehrfach auf dem Spielberichtsbogen auftauchte, nochmal in der Kiste ran. „Klar traue ich mir das zu. Ich bin ohnehin seit Wochen im Fitness-Studio und bereite mich auf meine Mountainbike-Touren vor“, erzählt er. Heißt konkret: Fünfmal Training pro Woche. Dreimal auf dem Platz, zweimal an den Geräten. „Ich bin für die Rückrunde gewappnet“, ist er sich sicher. Trainer Walter Lang gibt zu: „Das ist eine außergewöhnliche Situation. Aber Gerry ist brutal fit – und eine andere Option haben wir nicht.“

Gerry, der „Fußball-Wahnsinnige“: Vor bald 35 Jahren sorgte er schon für bundesweite Schlagzeilen. Am 23. September 1989 war er der erste Keeper, der ein „Tor des Monats“ in der ARD-Sportschau erzielte. Noch vor Jens Lehmann, Frank Rost und Marvin Hitz. Es war die letzte Spielminute beim Gastspiel von Türk Gücü beim MTV Ingolstadt. Die Gastgeber führten 1:0, es gab eine letzte Ecke für die damals von der im März 2021 verstorbenen Löwen-Legende Peter Grosser trainierten Gäste. „Ich dachte mir, jetzt muss was passieren“, erzählt Hillringhaus. Der Keeper stürmte nach vorne, damals eigentlich ein Unding: „Wir durften doch den 16er nicht verlassen. Grosser hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und noch gerufen ,Was machst du da‘?“. Zu spät: Sein Torwart und Kapitän knallte den Ball per Seitfallzieher in die Maschen. Das 1:1 wurde zum Tor des Monats gewählt. „Damit stehe ich auf einer Stufe mit Klaus Fischer, Gerd Müller und Franz Beckenbauer. Das hat mich sehr stolz gemacht“, sagt Hillringhaus.

Glückliches Paar: Hillringhaus mit Freundin Angie
Glückliches Paar: Hillringhaus mit Freundin Angie – Foto: GH

Seit nunmehr zehn Jahren wohnt er mit Lebensgefährtin Angie in Bad Heilbrunn. Wie kam das? „Wir sind beide keine Stadtmenschen, gehen schon immer sehr viel in die Berge und fahren gerne mit den Mountainbikes. Es hat sich dann einfach so ergeben, dass wir hier eine schöne Wohnung gefunden haben, in der wir ein ruhiges Leben führen können“, verrät der Feinmechaniker-Meister und CAM-Fräsmaschinen-Programmierer, der die Heilbrunner Nachwuchs-Keeper trainiert und täglich nach Wolfratshausen zur Arbeit fährt.

„Im Sommer ist endgültig Schluss“

Und was plant der Torwart-Oldie nach dieser Saison? Da muss er nicht lange überlegen: „Im Sommer ist jetzt aber endgültig Schluss“, verspricht er. Seine Angie wird’s freuen – aber bei Gerry weiß man ja nie...

Aufrufe: 019.2.2024, 15:30 Uhr
Thomas ErnstbergerAutor