2024-06-14T14:12:32.331Z

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Lebensmittelpunkt München: Matthias Lust und seine Ehefrau Isabel auf der Wiesn.
Lebensmittelpunkt München: Matthias Lust und seine Ehefrau Isabel auf der Wiesn. – Foto: privat

Hachings-Ex-Kapitän steht im Pokalfinale

Eine Rot-Blaue Legende aus Haching als Co-Trainer im Finale.

Matthias Lust ist Co-Trainer des 1. FC Kaiserslautern unter Friedhelm Funkel. Wie er sich wohl auf das DFB-Pokalfinale vorbereitet hat?

Unterhaching – Es gibt so Geschichten, die nur der Fußball schreibt. Zu den kuriosesten im deutschen Profi-Bereich gehörte vor 25 Jahren eine Transfer-Episode, mit der der damalige Kapitän der SpVgg Unterhaching, Matthias Lust (heute 54), während der Rückrunde der Aufstiegssaison 1998/99 bei jedem Interview konfrontiert wurde – weil er schon im Januar beim VfL Bochum (damals noch Bundesligist) unterschrieben hatte. Mit der Folge, dass er nach dem Aufstieg statt mit Haching in der Bundesliga weiter in Liga 2 spielte…

„Das war ich halt“ – Lust als tragischer Held

Es waren aufregende Tage im Mai 1999 in und rund um Unterhaching. Nach dem Last-Minute-1:1 am 24. Mai bei Tennis Borussia Berlin (Torschützen: der spätere Hachinger Francisco Copado für die Berliner und Alex Strehmel kurz vor Schluss) war der Aufstieg der Truppe von Trainer Lorenz Köstner so gut wie sicher: Bei drei noch ausstehenden Spielen acht Punkte Vorsprung auf Platz vier – das „Wunder Unterhaching“ war bald Realität. Und die Spötter hatten schon Hochkonjunktur – weil ihnen der rot-blaue „Dorfverein“ nicht in ihr Fußball-Weltbild passte. Da wurde vor den „Kuhfladen“ bei der Anreise auf der Autobahn gewarnt. Boulevard-Cheflästerer Max Merkel (1966 Meistertrainer des TSV 1860 München) schrieb „Ein Alptraum wird wahr“ und verglich die „Fußball-Zwergerl“ mit einem „Moped, das gegen Schumi und Co um die Wette knattern will“ – weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf…

Auch der Kapitän bekam damals sein Fett weg. „Frust statt Lust“, lautete ein mediales Wortspiel. Weil er „unbedingt noch einmal Bundesliga spielen wollte“ und „nach vier Jahren in Haching eine neue Herausforderung“ suchte, heuerte er in Bochum an, unterschrieb schon früh bis 2001 und verpasste so die beiden Bundesliga-Jahre der SpVgg. Lust – der „tragische Held“ des Sensations-Aufsteigers. „Das war ich halt“, gibt er heute zu. „Ich bin zwar dann auch mit Bochum aufgestiegen, habe aber nach einer Erkrankung lange gebraucht, bis ich wieder auf die Beine gekommen bin. Insgesamt eine unglückliche Zeit, aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer.“

Immerhin war die Wechsel-Geschichte von damals letztlich der Grund dafür ist, dass er an diesem Samstag im Berliner Olympiastadion ein ganz besonderes Spiel erleben darf – „das Highlight meiner Trainer-Laufbahn“, wie er sagt. Der gebürtige Heilbronner, der in Esslingen aufgewachsen ist, steht im DFB-Pokalfinale – mit Zweitligist 1. FC Kaiserslautern als Co-Trainer von „Legende“ Friedhelm Funkel (70). Seit „FF“ am 14. Februar bei den „Roten Teufeln“ übernommen (und gerade den Klassenerhalt geschafft) hat, ist der ehemalige Hachinger sein Assistent.

Von Haching, über Bochum, bis ins DFB-Pokalfinale

Wie kam’s? „Das geht letztlich auf meinen Wechsel 1999 zurück“, verrät Lust. „Damals musste ich mich entscheiden, ob ich nach Bochum oder zum MSV Duisburg gehe. Funkel war Trainer in Duisburg – der Kontakt ist nie abgerissen, wir haben uns seither immer wieder mal getroffen und ausgetauscht. Als er dann einen Co-Trainer in Lautern brauchte, hat er mich gefragt, da sein früherer Co Thomas Kleine gerade mit André Breitenreiter nach Huddersfield gegangen ist.“

Mit offiziell 231 Spielen (und 14 Tore) liegt der Kapitän der Aufstiegs-Helden in der Liste der Hachinger Rekordspieler (Quelle: transfermarkt.de) auf Rang sechs. Auch, weil er nach seinem unglücklichen Bochum-Gastspiel (da kam er nur auf 26 Einsätze) am 1. Januar 2002 zurückkehrte und bis 2005 81 Mal in der 2. und in der Regionalliga (da stieg er 2003 als Meister unter Trainer Wolfgang Frank auf) für Haching spielte. „Er war als Linksfuß mit seiner Erfahrung ein ganz wichtiges Puzzleteil für unseren Erfolg. Es hat mir brutal weh getan, als er gegangen ist“, sagt sein Ex-Coach Lorenz Köstner.

„Ich sehe mich eher als Zulieferer“ – Der perfekte Co-Trainer?

Im Sportpark startete Lust, seit 2007 Fußball-Lehrer, mit der UEFA-Pro-Lizenz, 2006 seine Trainer-Karriere – bei der U19. Nach einer Hospitanz bei Werner Lorant war er von 2007 bis 2011 vier Jahre Co-Trainer von Ralph Hasenhüttl und Klaus Augenthaler, ganz kurz, für drei Spiele nach Hasenhüttls Entlassung auch Interims-Chef. Es folgten drei Jahre (2012 bis 2015) bei der U17 des FC Augsburg, danach arbeitete er vier Jahre als Co bei Dynamo Dresden (der Ex-Hachinger Jan Seifert hatte ihn in den Osten geholt), dann in Bochum, bei den Würzburger Kickers, in Sandhausen, Braunschweig und jetzt am „Betze“. Lust - der bessere Co- als Chef-Trainer? „Als Trainer sitzt man im Profi-Bereich immer auf dem Feuerstuhl. Ich sehe mich tatsächlich eher als Zulieferer und Co denn als Chefcoach“, sagt er. „Ich kann mir aber auch gut vorstellen, eine Nachwuchsmannschaft oder die Zweite eines Profi-Vereins zu trainieren – oder Co-Trainer zu bleiben.“

„Ich werde es genießen“ – Matthias Lust in Berlin

Ob’s in der Pfalz weitergeht, weiß Lust noch nicht. Funkel hat gerade erst erklärt, dass er in Kaiserslautern über die aktuelle Spielzeit hinaus nicht weitermachen wird. „Es war immer klar, dass wir nur bis Saisonende dabei sind. Mal schauen, was die anstehenden Gespräche über die Zukunft des Vereins bringen werden.“

Vorher geht’s aber erst mal nach Berlin. Gegen den neuen, unbesiegten Deutschen Meister Bayer Leverkusen ist der Zweitligist natürlich krasser Außenseiter. „Das wird etwas ganz Besonderes“, freut sich der Ex-Profi auf das Pokalfinale. „Ich werde es genießen“, blickt er mit Freude voraus. „Auch wenn wir realistisch gesehen nullkommanull Prozent Chancen haben...“

27 Mal hat Hachings Ex-Kapitän (übernahm die Binde im Sommer 1998 von Jörg Bergen) in der Bundesliga gespielt (für Karlsruhe, Saarbrücken und Bochum), 303 Mal (mit 30 Toren) in der 2. Liga, rund die Hälfte davon im rot-blauen Trikot. „Der Aufstieg mit der SpVgg war natürlich der größte Erfolg meiner aktiven Karriere“, blickt Lust, der nach wie vor seinen Lebensmittelpunkt in München hat und seit 2018 mit Flugbegleiterin Isabel verheiratet ist, zurück. Exakt ein Vierteljahrhundert nach dem „Wunder von Haching“ jetzt das Trainer-Highlight. Als krasser Außenseiter – aber Wunder soll’s ja immer wieder geben. Gerade im Fußball. Noch dazu, wenn’s für einen (Ex)-Hachinger gegen Leverkusen geht…

Matthias Lust und Friedhelm Funkel bejubeln den Einzug mit dem 1. FC Kaiserslautern ins DFB-Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen.
Matthias Lust und Friedhelm Funkel bejubeln den Einzug mit dem 1. FC Kaiserslautern ins DFB-Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen. – Foto: privat
1999: Zum Abschied aus Unterhaching gab’s einen rot-blauen Blumenstrauß für SpVgg-Kapitän Matthias Lust .
1999: Zum Abschied aus Unterhaching gab’s einen rot-blauen Blumenstrauß für SpVgg-Kapitän Matthias Lust . – Foto: privat
Auch als aktueller Co-Trainer beim 1. FC Kaiserslautern macht Matthias Lust eine gute Figur.
Auch als aktueller Co-Trainer beim 1. FC Kaiserslautern macht Matthias Lust eine gute Figur. – Foto: privat

Aufrufe: 024.5.2024, 15:45 Uhr
Thomas ErnstbergerAutor