2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Der GSV Düsseldorf schwimmt auf der Erfolgswelle.
Der GSV Düsseldorf schwimmt auf der Erfolgswelle. – Foto: Timo Babic

GSV Düsseldorf: Gehörlose mit großem Titelhunger

Die Fußballer des GSV holen die Westdeutsche Meisterschaft. Nun wollen sie erneut auf nationaler Ebene triumphieren.

Man stelle sich vor, der FC Bayern München reist zu einem Auswärtsspiel in der Champions League nach Paris und jeder Spieler des Rekordmeisters zahlt die Reisekosten aus der privaten Schatulle. Was im Profifußball undenkbar ist, ist für die Gehörlosen-Fußballer des GSV Düsseldorf ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Aktuell weilt der GSV im schwedischen Göteburg, der Austragungsstätte der „Deaf Champions League“, der europäischen Spielklasse des Gehörlosen-Futsal. Die Kosten für Flug und Hotel – tragen die Spieler selbst.

„Wir als Verein sind leider nicht in der Lage, für die Kosten aufzukommen“, sagt Thomas Krafft. Der Fußball-Abteilungsleiter des GSV, schon seit 1977 im Klub tätig, ist maßgeblich für den Spielbetrieb der vier Mannschaften verantwortlich, sucht aber auch intensiv nach Sponsoren für seinen Verein. „Im nächsten Jahr wird die Champions League im polnischen Warschau ausgetragen. Es wäre natürlich schön, wenn wir jemanden finden, der uns finanziell etwas unterstützt.“

Verdient hätte es der GSV, der seine Trainingseinheiten im Freien im Sportpark Niederheid abhält, allemal. Zu Beginn dieses Monats krönte sich das Team in Wuppertal schon zum vierten Mal zum Deutschen Gehörlosen Futsal-Meister. Im Finale ließ der Futsal-Rekordmeister den GTSV Essen mit einem 7:4-Sieg abblitzen.

Damit ist der Titelhunger aber noch nicht gestillt. Neben der Westdeutschen Meisterschaft steht Mitte des Jahres auch noch die Deutsche Meisterschaft auf dem Großfeld an. Auch hier gehört der GSV als fünffacher Titelträger zum Kreis der Favoriten.

Gelebte Inklusion

Im Gegensatz zu anderen Arten des Inklusionsfußballs wird der Gehörlosenfußball hierzulande von einer Vielzahl an Akteuren gespielt. Einer Schätzung des Deutschen Fußball-Bundes zu Folge sind über 2000 Fußballerinnen und Fußballer in mehr als 100 Mannschaften aktiv. Die Teams sind häufig in den regulären Spielbetrieb des DFB eingebunden. Wie auch der GSV, der aktuell den zweiten Tabellenplatz in der Futsal-Niederrheinliga belegt. Und auch darüber hinaus unterscheidet sich der Gehörlosen-Fußball nicht wesentlich von der „gewöhnlichen“ Variante. Der Hauptunterschied liegt in der Kommunikation zwischen Spielern und Schiedsrichtern. Um Regelwidrigkeiten anzuzeigen, benutzen die Spielleiter in der Regel Flaggen. Die jeweilige Hörbehinderung, die Voraussetzung zur Teilnahme am Gehörlosen-Fußballs ist, wird durch einen audiologischen Test nachgewiesen.

Die zahlreichen Erfolge machen den GSV auch über die Stadtgrenzen hinaus attraktiv für Spielerinnen und Spieler. Diese nehmen zum Teil weite Anfahrten in Kauf, um zu Training und Spiel unter der Leitung von nach Düsseldorf zu kommen. Zu den Leistungsträgern des Teams gehören unter anderem Nick Bicakoglu und Tobias Berg. Bicakoglu wurde jüngst bei der Deutschen Futsal-Meisterschaft zum Torschützenkönig gekürt. Berg ist einer von aktuell vier deutschen Nationalspielern in Reihen des GSV und nahm in der Vergangenheit auch schon an den „Deaflympics“, sozusagen der Weltmeisterschaft der Gehörlosen, teil. Das Duo Bicakoglu und Berg gehörte auch beim Champions League-Turnier in Göteburg zu den auffälligsten Akteuren. Hinter dem Gastgeber qualifizierte sich der von Oleksandr Chalenko trainierte GSV für das Viertelfinale, in dem man gegen den spanischen Vertreter CDS Huelva nur knapp mit 5:6 den Kürzeren zog. Chalenko ist seit rund einem Jahr Futsal-Trainer des GSV. Der ukrainische Kriegsflüchtling spielte für sein Land ebenfalls schon in der Gehörlosen-Nationalmannschaft.

Aufrufe: 019.2.2023, 08:00 Uhr
RP / Marcus GiesenfeldAutor