2024-05-24T11:28:31.627Z

Spielbericht
– Foto: Jörn Kutschmann

Gegruselt in Grünau

Hertha III schlägt sich wieder selbst.

Grünauer BC 1917 II – Hertha BSC Ama Zwee 6:3

6.Spieltag Kreisliga A Berlin Staffel 1 Saison 2023/2024

Sonntag, 01.10.2023 11:30 Uhr

Sportplatz Buntzelberg

Ca. 30 Zuschauer

Im ersten Quartal 2023 erlag ich dem Kapitalismus und nahm einen Job an, den ich eigentlich schon dreimal abgelehnt hatte. Warum ich am Ende dem Geld nachgab, weiß ich nicht. Aber es endete damit, dass ich frustriert auf einem Bürostuhl saß und im Grunde gar nicht wusste, was ich machen sollte.

Und gestern saß ich auf einem Schalensitz im Berliner Stadtteil Grünau. Genauer gesagt auf dem Buntzelberg neben dem Rodelberg. Genau so frustriert und nicht wissend, was ich machen sollte, wie vor einigen Monaten im Bürostuhl. Aber anders als im Job kann ich hier nicht einfach kündigen und mir fix etwas Neues suchen. Denn das habe ich berufsmäßig schnell über die Bühne gebracht. Aber hier kann ich nicht einfach wechseln oder kündigen. Kündigen sowieso nicht, weil das ja nur mein Hobby-Job ist, und wechseln geht eigentlich auch gar nicht.

Ich habe ja schon versucht, von Hertha BSC wegzukommen und mich fast 2 Jahre mit dem Berliner Amateurfußball beschäftigt. Aber ich war immer irgendwie gefühlt heimatlos. Bis zu dem Tag, an dem ich mich für die Ama Zwee entschieden habe und damit auch zu meiner Hertha zurückgegangen bin.

Leicht war der Weg hier, wie bei den Hertha Profis, auch nicht. Aber was gestern am südöstlichen Zipfel von Berlin passiert ist, war schon ein negatives Highlight. Fangen wir aber von vorne an: Am Anfang stand eine Einladung der Schwiegereltern zum Mittagessen. Für mich wurde daraus aber schnell eine Einladung zum Kaffeetrinken. Denn sowohl Frau als auch Schwiegereltern wollten die Ama Zwee nicht ohne Bilder aus diesem Spieltag gehen lassen. Daher war ich am Sonntagvormittag hinterm Steuer zu finden und manövrierte die Familienkutsche über die A100, A113 und das Adlergestell bis zum Buntzelberg, neben dem Rodelberg.

Diesen Sportplatz hatte ich vor einigen Jahren im Rahmen einer RBB Meldung gesehen. Damals ging es um eine Baustelle vor einer nahegelegenen Grundschule und dass die Eltern ihre Kinder durch die Bauarbeiten nicht gut bringen und abholen können. Innerhalb dieses Nachrichtenblocks wurde auch kurz der Sportplatz eingeblendet. Meiner Frau taten die Eltern und ihre Probleme leid, ich dagegen war plötzlich auf den Ground scharf.

Da war es natürlich ganz in meinem Sinn, dass wir die Zweite des Vereins vom Buntzelberg, den Grünauer BC, in die Staffel bekamen. Und ich muss auch sagen, dass mir der Platz in Natura wirklich gut gefiel. Auf einer der Längsseiten des Platzes erhob sich ein Erdwall, auf dessen Gipfel zwei Sitzreihen von Klappsitzen montiert waren. Diese sahen aus wie alte Schalensitze aus dem Olympiastadion und waren aufgrund der Geografie natürlich mit Stickern der Eisernen übersät. Vielleicht haben ein paar Köpenicker ja hier schon für die Champions League probe gesessen.

In der Mitte der beiden Sitzreihen befindet sich eine alte Sprecherkabine. Diese scheint aber die besten Zeiten hinter sich zu haben und war, jedenfalls zum Spiel der Zweiten, nicht besetzt. Nicht besetzt war auch das Vereinsheim am Kopfende des Platzes. Der Pächter hatte anscheinend die neue Pacht, die der Vorstand des GBC erhoben hatte, als zu hoch erachtet und war gegangen. Ein Nachfolger sucht man wohl seit zwei Jahren. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Pacht doch etwas hoch liegt.

Und beim Thema hoch: Für mich ging es jetzt auch nach oben, und zwar auf den Hügel neben dem Platz, denn es war Zeit für den Kick-Off. Die ersten Minuten waren fast zu schön, um wahr zu sein. Hertha BSC dominierte einen schwachen Gegner und führte schnell durch Justin und Görki mit 0:2. Gespielt waren gerade einmal zehn Minuten. Auch dass unser Keeper nach 17 Minuten etwas unglücklich danebengriff, schien erstmal kein Problem zu sein. Denn fünf Minuten vor der Pause stellte Justin den zwei Tore Abstand wieder her.

In der Pause machte sich so etwas wie Hoffnung im Lager der Blau Weißen breit. Allerdings erstickte diese direkt wieder im Keim, als es kurz nach dem Seitenwechsel wieder zu Unstimmigkeiten in der Mannschaft kam. Ich habe nicht mitbekommen, was der Auslöser war, und es ist mir auch verdammt egal. Fakt ist, dass sich die Spieler wieder gegenseitig anschrien, und das schlimmer als Kindergartenkinder, die sich um die Matchbox-Autos zanken. In der Folge verlor die Hertha völlig den Faden, und unser junger Keeper hatte sich offenbar auch völlig von den internen Streitigkeiten aus der Ruhe bringen lassen. Nun war fast alles, was aufs Tor kam, ein Treffer für die Hausherren. Ein eigentlich schwacher und schon fast geschlagener Gegner wurde so wieder aufgebaut. Und der nutzte das. Unmittelbar nach dem Gezeter auf dem Platz fiel der Anschluss (65. Minute). Ein Doppelschlag in der 70. und 71. brachte die Grünauer in Führung. Uns gelang gerade einmal noch ein Pfostenschuss, ehe die Gastgeber erneut doppelt zuschlugen (90. und 90+3). Das Spiel war aus und verloren, und mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung machte ich mich auf den Weg zu den Schwiegereltern.

Dort konnte mich die Tatsache, dass mein Sohn mir lachend entgegen rannte, etwas ablenken. Doch als er abends im Bett lag und ich die Bilder des Spiels bearbeitete, kam diese verzweifelte Wut wieder in mir hoch. Alles sollte besser werden, in dieser Saison. Diese Kleinkriege innerhalb des Teams sollten der Vergangenheit angehören, der große Teil des Kaders ist neu, und trotzdem stehen wieder dieselben Probleme im Raum, die uns letzte Saison die Klasse gekostet haben. Ich kann nächsten Sonntag, aufgrund von privaten Terminen, nicht beim Heimspiel sein, und vielleicht ist es gar nicht schlecht, die Blau Weiße Seele mal eine Woche heilen zu lassen.

Ha Ho He Amateure Zwee

der Kutten König

Aufrufe: 03.10.2023, 18:55 Uhr
Jörn KutschmannAutor