2024-06-06T14:35:26.441Z

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– Foto: Struwe
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Fußball-Oldie Michael Wiebusch macht wirklich Schluss

Ein Urgestein des Stader Fußballs tritt von der sportlichen Bühne ab. Nach 24 Jahren, von der Kreisliga bis zur Oberliga Niedersachsen, hat der 42-jährige Michael Wiebusch beim MTV Hammah seine Laufbahn beendet.

Als sein Stammverein VfL Stade 2016 mit dem Ortsrivalen TuS Güldenstern fusionierte, kam für ihn der Zeitpunkt einer Neuorientierung, weil ohne Vorankündigung nicht mehr mit ihm geplant wurde. "Die Art und Weise, wie das Ganze abgelaufen ist, war unfair", sagt Wiebusch.

Den Weggang nach Hammah hat der Abwehrspieler danach nie bereut. "Ich wurde dort sehr gut aufgenommen und auch gleich voll akzeptiert", sagt er. Der Vereinswechsel beinhaltete zugleich eine Änderung seiner angestammten Rückennummer. War es in Stade die einst vom Vorgänger Ben Beckermann übernommene Nummer 2, bekam er in Hammah die Sieben zugeteilt.

Abwehrstratege gesucht

Zuvor hatte sich Wiebusch auch mit dem Gedanken befasst, aufzuhören und nur noch in der Ü32 des VfL zu kicken. Hammah brauchte jedoch einen kompromisslosen Abwehrstrategen mit Durchsetzungsvermögen. Voraussetzungen, die auf den Stader zutrafen. Als Kreisliga-Meister schaffte der MTV mit ihm den Aufstieg in die Bezirksliga. Im Vorjahr noch Dritter ließ die Mannschaft in der abgelaufenen Saison die Konkurrenz aus dem Kreis Cuxhaven hinter sich.

Für Michael Wiebusch war der Titel der perfekte Abschluss, so wie er ihn sich gewünscht hatte, wenn da nur nicht die Sache mit dem verpassten Aufstieg gewesen wäre. Wie im TAGEBLATT ausführlich berichtet, erfüllte Hammah nicht die Voraussetzungen, um in die Landesliga aufsteigen zu können. Der Oldie nahm das mit seiner sprichwörtlichen Gelassenheit: "Dann müssen es die Jungs eben noch einmal versuchen."

"Die Tür ist offen"

Nach der Verabschiedung beim letzten Punktspiel gegen Immenbeck wird sich eine neue Aufgabe in Hammah für ihn finden. "Die Tür ist offen", signalisiert der Vorsitzende Marcus Wendt. MTV-Trainer Hannes Schulz würde ihn gern in seinen erweiterten Trainerstab integrieren. Wiebusch war dem Dorfverein in den vergangenen sieben Jahren ans Herz gewachsen. Wendt: "Michael hat immer die Mannschaft vor sich selbst gestellt. Mit ihm verlieren wir den Menschen, der die Mannschaft geprägt hat."

Gemeinsam mit dem Bruder

Als Jugendlicher hat Michael Wiebusch beim VfL Stade alle Stationen im Nachwuchsbereich durchlaufen. Dazu gehörte das weithin berühmt-berüchtigte Kopfballpendel des Trainers Otto Lohrberg. Der Höhepunkt war für ihn das Jahr in der B-Junioren-Regionalliga, gemeinsam mit großen Vereinen aus Norddeutschland. In der Liga-Mannschaft musste Wiebusch um den begehrten Stammplatz kämpfen. "Gemeinsam mit meinem Bruder Marcel in der Ersten spielen", war sein Ziel. Wenn es nötig war, hat er auch in der Zweiten ausgeholfen.

Die Saison 2001/02 verlief für Wiebusch mit Höhen und Tiefen. Der VfL kämpfte an zwei Fronten, wollte den Bezirkspokal holen, danach den Aufstieg in die Niedersachsenliga klar machen. Drei Tage vor dem Pokalfinale gegen Ahlerstedt/Ottendorf im Auetal-Stadion standen sich die Kontrahenten im Punktspiel an gleicher Stelle gegenüber. Für den mitunter übermotivierten Manndecker war das Derby bereits nach zehn Minuten vorbei. Zwei Mal holte er Ahlerstedts Flügelflitzer Sven Tomfohrde mit gewohnt rustikalem Einsatz von den Beinen. Gelb und gleich darauf Gelb-Rot. Obwohl 80 Minuten in Unterzahl reichte es für die Stader zum 2:1

.Im Bezirkspokalfinale musste der VfL auf seinen gesperrten Manndecker, auch als Wadenbeißer bezeichnet, verzichten. Wiebusch schaute zu, wie die Ahlerstedter mit dem gleichen Ergebnis den Spieß umdrehten, was ihn zu der Aussage verleitete: "Wäre ich dabei gewesen, hätten wir nicht verloren."

Wiebusch im Freudentaumel

Die Trauer über den verpassten Pokalsieg schlug alsbald in Glücksgefühle um. Als Vizemeister der Landesliga Lüneburg qualifizierten sich die Stader für das Relegationsspiel zum Aufstieg in die Niedersachsenliga. Das Spiel gegen den SC Weende im Juni 2002 in Hodenhagen endete nach Verlängerung 4:2 für den VfL. Stade befand sich im Freudentaumel, so auch im Hause Wiebusch. Gemeinsam mit Bruder Marcel wurde der Aufstieg gebührend abgefeiert.

Intermezzo im Alten Land

Kurzfristig wurde der Ur-Stader seinem Verein mal untreu. Der Verlockung aus dem Alten Land, mit einem Wechsel zur SG Lühe, konnte Wiebusch mit weiteren Stader Spielern nicht widerstehen. Es sollte ein kurzes Intermezzo bleiben. Nach einer Saison kehrte er zum VfL zurück. Gerne denkt Wiebusch an alte Zeiten in seiner langen Laufbahn: "Da waren wir besonders vor jedem Ortsderby gegen Güldenstern tagelang vorher heiß auf das Spiel."

Ein besonderes Ereignis ist Michael Wiebusch in unangenehmer Erinnerung geblieben. Der VfL spielte in Hedendorf. Der Stader wurde grob gefoult. "Ich habe dann im Vorbeilaufen mal kurz das Bein rausgestellt und mein Gegenspieler ist darüber gestolpert." Das fand die in unmittelbarer Nähe stehende Schiedsrichterin gar nicht gut und zückte sofort die Rote Karte. Der ertappte Sünder trottete mit gesenktem Kopf vom Feld und in die Kabine. Wiebusch: "Ich habe mich sehr geschämt und wollte nur noch weg. Also habe ich mich schnell umgezogen, bin ohne Wissen der Mannschaft und des Trainers einfach abgehauen und direkt in den geplanten Urlaub nach Dänemark gefahren."

Seit zehn Jahren dachte der Fußball-Oldie ans Aufhören. Der Körper hatte längst deutliche Signale gesendet, was sich vor allem mit muskulären Problemen und am Tage nach einem Spiel durch knackende Knochen bemerkbar machte. Das Register seiner Leiden war lang und das Regenerieren dauerte zunehmend länger. "Ich habe oft nur den Kraftraum und die Tartanbahn von der Bank aus gesehen." Doch mit jeder neuen Saison juckte es wieder in den Beinen und die Entscheidung, Schluss zu machen, wurde ein weiteres Jahr aufgeschoben.

Langeweile kommt nicht auf

Untätig bleibt der in der Stadt Stade beschäftigte Michael Wiebusch nicht. Neben seinen ehemaligen Mitspielern in der Stader Ü32 warten Tennis- und Golfplatz auf ihn, dazu ein heißer Ritt auf dem Mountainbike, zumeist in den Harburger Bergen. Gerade hat er auch noch den Surfschein gemacht. Langeweile wird nicht aufkommen, zumal auch der große häusliche Garten zu bearbeiten ist.

Aufrufe: 028.7.2023, 07:00 Uhr
Tageblatt / Von Dieter AlbrechtAutor