2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview der Woche
Marco Figueiredo (l.) und Christophe Bello (r.)
Marco Figueiredo (l.) und Christophe Bello (r.) – Foto: paul@lsn.sarl

Fusion City – Cessange: Kinderfußball soll in den Vierteln bleiben

Nach Zusammenschluss: will die Stadt Luxemburg nur noch drei Fußballclubs auf ihrem Gebiet? Die Gemeinde zeigt sich über diese Aussage verwundert.

Einen Tag vor Meldeschluss für einen neuen Verein war es so weit: der FC Luxembourg City und der Cessange FC gaben am vergangenen 14.Mai bekannt, dass ihre jeweiligen Generalversammlungen für einen Zusammenschluss beider Clubs gestimmt hätten. 37 von insgesamt vierzig Stimmen votierten auf Cents für die Fusion, aus Zessingen wurde uns die Zahl von nur zehn anwesenden Mitgliedern bei deren Versammlung mitgeteilt die einstimmig pro Fusion votiert hätten. Wir haben uns mit Verantwortlichen der beiden Clubs, die nun zusammenarbeiten werden, über die Ziele und Gründe sowie Vorwürfe einiger Eltern von Jugendspielern unterhalten. Marco Figueiredo und Christophe Bello standen FuPa am 10.Juli Rede und Antwort.

Bello Trainer und Generalmanager

Christophe Bello ist wie beim Cessange FC Generalmanager des neuen Vereins, dies in Personalunion mit der Funktion des Cheftrainers, wie er gleich zu Beginn des Gesprächs unterstrich. „Wie bei den Angelsachsen“ so Bellos Vision in Anlehnung an Arsène Wenger, der „ein sehr gutes Beispiel“ für diese Funktion sei, ergänzte Figueiredo. „Wir haben aber keinesfalls den Anspruch, uns mit solchen Personen und Vereinen zu vergleichen“ stellte der Vizepräsident des alten und neuen FC Luxembourg City klar.

Dass Bello in Cents unweit des dortigen City-Spielfeldes wohnt, hatte seinen Aussagen zufolge ebenfalls nichts mit der Fusion zu tun. „Das ist ein purer Zufall, das hatte absolut nichts damit zu tun. Ansonsten hätte ich mich ja persönlich einfach als neues Mitglied bei City einbringen können. Und mit unseren zahlreichen Spielfeldern werde ich jetzt viel mehr Kilometer zurücklegen als zuvor.“

Der Werdegang der Fusion

Exakt seit dem 13.April waren beide Clubs offiziell in Gesprächen über einen möglichen Zusammenschluss. Man hatte also nur einen Monat Zeit, alles über die Bühne zu bekommen und die entsprechenden Mitgliederversammlungen abzuhalten und die benötigten Unterlagen bei der FLF einzureichen. Was waren die Gründe, sich für die Fusion zu entscheiden? Figueiredo: „Als wir zum ersten Mal zu Sondierungsgesprächen zusammensaßen, fielen uns Gemeinsamkeiten auf. Daraufhin folgte dann das Meeting am 13.April, in dem wir uns die Deadline des 15.Mai setzten“ – der Stichtag, an dem Vereinsfusionen beim Verband für die neue Saison eingeschrieben werden müssen.

Man stand in regelmäßigem Austausch, die positiven und negativen Aspekte wurden abgewogen. „Auch wenn Zessingen in einer tieferen Liga spielte, gefielen mir die soliden Strukturen dort“ so Figueiredo. „Auf finanziellem und personellem Plan hatte man sich gut erholt, was ich von ihrer Seite als positiven Beitrag zu einer möglichen Fusion erachtete.“ Die einzelnen Puzzleteile beider Vereine ergänzten sich ideal bestätigten sowohl der City-Verantwortliche als auch Bello vom Cessange FC.

Parallelen sind Zufall

Es war auffällig, dass das erst Anfang diesen Jahres vorgestellte Logo des Cessange FC dem des FC Luxembourg City ähnelte. „Was das Wappen betrifft, ist dies zu hundert Prozent ein Zufall. Ich versichere, dass im Vorfeld nie darüber gesprochen wurde“ stellte Bello klar. „Was uns betrifft, hatten wir vor einem Jahr einen Wettbewerb ausgeschrieben, als wir unseren Vereinsnamen änderten. Einige Content Creator von hier beteiligten sich, der Sieger würde mit tausend Euro entlohnt werden. Miguel Pereira der Firma Midori hatte schließlich das Logo unterbreitet, das zurückbehalten wurde“ erklärte Marco Figueiredo die noch junge Historie des City-Wappens, in dem sich die Farben, Logos und Symbole der einzelnen Stadtteile wiederfinden, die der Verein repräsentiert. „Die Logik hinter diesem Wappen konnte damals keinen potenziellen zukünftigen Fusionspartner berücksichtigen.“ Das City-Wappen wird mit einer winzigen Änderung unverändert bleiben: aus der 1909 wird eine 1908 um das Gründungsjahr des FC Progrès 08 Grund, aus dem später Progrès Cessange und danach Cebra bzw. Cessange FC hervorgingen, zu berücksichtigen.

Die Verteilung der Spielfelder und Jugendspieler

Stellt die Distanz zwischen den einzelnen Fußballfeldern und Stadtteilen, die der Verein nun abdeckt, ein Problem dar? Der Kunstrasenplatz in Zessingen kommt zu den Plätzen in Hamm, Cents und Mühlenbach hinzu, wie Christophe Bello im Gespräch bestätigte. „Alle Kinder, die bis jetzt z.B. in Zessingen spielten, werden auch weiter dort spielen“ so der Generalmanager. Gleichzeitig widerspricht er Eltern, die sich nach der Ankündigung der Fusion mit Bedenken bei der FuPa-Redaktion meldeten, dass ihre Kinder ihr Viertel zum Fußballspielen verlassen müssten.

„Wieso haben diese sich bei Ihnen gemeldet und nicht bei uns?“ wunderte sich Bello und versichert: „Die Kinder aus Zessingen trainieren weiter in Zessingen. Nur bei den Scolaires und Cadets werden wir ein gemeinsames Team aller Stadtteile haben und diese trainieren zweimal in Zessingen und einmal in Hamm.“ Was auch daran liege, dass man in diesen Kategorien insgesamt über weniger Spieler verfüge.

„Uns sagten einige Eltern, dass sie mit der Fusion nicht einverstanden seien, da sie nicht zum Training nach Hamm fahren würden. Das kann ich akzeptieren, aber wenn sie dann nach Beggen wechseln, dann fehlt mir das Verständnis. Die, die im Stadtzentrum zur Schule gehen, haben gute Verbindungen in alle Viertel. Wir verfolgen das Prinzip, dass die Kleinen auf einer nahen Anlage trainieren können. Das Training mit ihnen ist ja viel eher ein Individual- als ein Kollektivtraining. Und später sollte es dann kein Problem geben, wenn wir Richtung Ausbildung im Mannschafts- und taktischen Bereich denken. Ich kann auch die Kader-Spieler der FLF als Gegenbeispiel zitieren, diese müssen ja noch weitere Strecken zurücklegen“ so Bello.

„Man darf nicht vergessen, dass wir da sind, um den Kindern und Jugendspielern zu dienen. Wir sind da, um den Fußball zu fördern. Wir werden uns an die Bedürfnisse der Kinder anpassen, die zu uns zum Fußballspielen kommen. Eine Pauschallösung zum angesprochenen Problem gibt es nicht. Wir besprechen es aber mit den Eltern und aus diesen Gesprächen sollen sich die Lösungen ableiten“ fügte Figueiredo hinzu.

– Foto: paul@lsn.sarl (Archiv)

„Wir kamen aus zwei für uns sehr schweren Covid-Jahren, während denen sehr viele Jugendspieler aufgehört hatten. Viele aus unserer Gegend gingen so verloren oder wechselten den Verein. Unser Ziel ist es, wieder ein Fußballverein zu werden, der einer solchen Bezeichnung würdig ist. Wir wollen eine qualitativ hochwertige Alternative für Eltern werden, deren Kinder Fußball spielen wollen“ so der City-Vizepräsident weiter.

Die bisherige Entente in einigen Jugendkategorien zwischen Luxembourg City und Avenir Beggen wird aufgelöst, bestätigten die beiden Verantwortlichen. „Das Risiko einer Entente ist, dass Spieler anfangen sich mit dem Partnerclub zu identifizieren und vielleicht nicht mehr in ihren Ursprungsverein zurück möchten“ beschrieb Christophe Bello einen Argument, das gegen eine Entente spricht.

Bello weiter: „Ich kann versichern, dass wir bis zur Kategorie der Minimes über sehr viele Jugendspieler verfügen werden. Weiter oben, bei den erwähnten Scolaires oder Cadets, werden wir nur ein Team anmelden, da viele unserer Spieler in diesem Alter noch an andere Vereine ausgeliehen sind, wie z.B. nach Sandweiler. Die Basis ist aber wie gesagt da.“

Auch die Abwanderung vieler Nachwuchsspieler zu Pfaffenthal-Weimerskirch merkt man heute kaum noch, wie uns Carlo Figueiredo verriet: „manche kommen sogar zurück. Die Qualität der Ausbildung dort ist zwar gegeben, doch der Preis, für den man dort das Fußballspielen erlernt, ist nicht geschenkt.“ Was für einige Eltern dann doch ein Argument ist, ihre Kinder wieder bei Luxembourg City anzumelden. „Es ist als ob man ein Restaurant eröffnen würde: die Qualität der gebotenen Leistungen wird den Unterschied machen“ zog Figueiredo einen Vergleich.

Mit einer kohärenten Philosophie und gut ausgebildeten Trainern will man die angestrebte Qualität erreichen. Bello als Inhaber des UEFA-A-Trainerscheins wird bei der Suche der richtigen Nachwuchstrainer als Generalmanager des Clubs eine entscheidende Rolle zufallen. Das große Ziel soll sein, dass man in Zukunft prioritär aus dem eigenen Reservoir schöpfen kann, anstatt auf dem Transfermarkt aktiv werden zu müssen.

Die Ziele der 1.Mannschaft

„Ich habe schon jetzt acht oder neun Spieler, die noch keine zwanzig Jahre alt sind, die zum Kader der künftigen ersten Mannschaft gehören“ erläutert Bello, dass auch bereits kurzfristige vereinsinterne Erfolge vermeldet werden können. „Wir haben nicht x Spieler aus Zessingen und x von City genommen und in ein Team gepackt. So einfach ging das nicht. Neben der erwähnten jüngeren, gibt es natürlich einige jeweils von City und Cessange, die bleiben, doch es handelt sich jeweils nur um drei oder vier. Hinzu kommen zwei, die zwar schon seit dem Winter hier sind, aber noch nicht spielberechtigt waren. Weiter wurden vier Neue verpflichtet (d.Red.: Stand 10.Juli, an dem das Interview geführt wurde), darunter u.a. Eddire Mokrani. Hinzu kommen dann einer aus Villerupt und zwei weitere aus Frankreich.“

Durch diese Mischung soll ein neues, ein besseres Gleichgewicht im Team erreicht werden. In der Vorsaison war man in Zessingen zu jung und nach dem Abstieg von City gab es Spieler, die weiter in der Ehrenpromotion spielen wollten. „Vielleicht hätte es sich anders entwickelt, wenn wir in der Ehrenpromotion geblieben wären“ so Bello gegenüber FuPa.

„Es war sehr schwierig nach dem Abstieg“ führt Figueiredo weiter aus. „Aufgrund des bestrittenen Relegationsspiels hatten die anderen Vereine auf dem Transfermarkt bereits mehrere Wochen Vorsprung.“ 25 Spieler sollen es bei einem Verein richten, der aus City-Sicht von der BGL Ligue in die 1.Division durchgereicht wurde. „Persönlich hätte bei mir deshalb der Klassenerhalt Vorrang, ideal wäre ein oberer Platz im Mittelfeld der Tabelle“ erklärte Figueiredo. „Wenn ich mich nun in die Lage von Zessingen versetze, darf ich nicht vergessen, dass Cebra damals als Tabellenzweiter fast in die Ehrenpromotion aufgestiegen wäre.“

Bello: „Wir wollen diesen Niedergang stoppen und bauen deshalb bei dieser Fusion auf drei Säulen auf: die Jugend, finanzielle Stabilität und die 1.Mannschaft – und zwar in dieser Reihenfolge. Einen Mokrani haben wir aber nicht verpflichtet, um Letzter zu werden. Viele unserer Spieler könnten meiner Meinung nach ohne weiteres in der Ehrenpromotion spielen. Es ist uns natürlich bewusst, dass der Aufstieg allein deshalb schwierig wird, da es pro Bezirk nur einen direkten Aufsteiger gibt. Mit 72 Punkten könnten wir eine Traumsaison hinlegen und trotzdem nur Zweiter sein. Unsere Truppe sollte aber gefestigt genug sein, um etwas zu erreichen. Was genau, wird aber in der 1.Division schwer vorherzusagen sein.“ Wie in quasi jeder Liga muss man wohl die ersten fünf oder sechs Saisonspiele abwarten, um zu sehen, wo die Reise hinführen wird.

Auf die mittel- oder langfristigen Ziele angesprochen meinte Christophe Bello, dass man natürlich für den Erfolg auf einen Fußballplatz gehe. „Wir wollen aber nicht in eine Ehrenpromotion aufsteigen, ohne das nötige Fundament darunter zu haben. Wir werden den Karren nicht vor das Pferd spannen. Wir machen das Schritt für Schritt. Dafür müssen wir Spieler finden, die passen und die Herausforderungen hier annehmen, ohne dass dabei das Geld im Vordergrund steht. Wir werden sicher keine drei Euro ausgeben, wenn uns nur zwei zur Verfügung stehen.“

Die Infrastrukturen

Weiter gab Carlo Figueiredo im Rahmen des Gesprächs bekannt, dass die Stadt Luxemburg einen neuen Sportkomplex in Hamm bauen wolle, mit zwei Kunstrasenplätzen und einem normalen Rasenplatz. „2029 sollte dieses Projekt abgeschlossen sein, welches uns als langfristige Zielsetzung dient. Weiter wollen wir den Verein wieder auf der Landkarte fest verankern. Die Stadt ist nicht nur über unsere Fusion im Klaren, viel mehr will sie, dass Fußballvereine fusionieren. Laut dem, was man uns mitteilte, sollten nur noch maximal drei Fußballclubs auf dem Stadtgebiet existieren. Es fehlen aufgrund der demografischen Entwicklung laut Stadtverwaltung ungefähr zehn Fußballfelder“ wusste Figueiredo abschließend zu berichten.

Fazit

Man hat sich in Zessingen, Hamm und auf Cents – und mit Abstrichen auch in Clausen, Neudorf und Grund – sehr viel vorgenommen. Die gebündelten Kräfte dürften durchaus nötig sein, um künftig nachhaltige Jugendarbeit, die in ein komplettes Projekt integriert ist, anbieten zu können. Dass die 1.Mannschaft vorerst nicht die allererste Geige spielen wird, hat weniger mit dem erneuten Abstieg von City denn mit dem eng gesteckten finanziellen Rahmen zu tun. Entsprechend dürften vor allem die mittel- und langfristigen Pläne und Ziele dazu geeignet sein, um in einigen Jahren ein erste Bilanz ziehen zu können.

-----------------------

Reaktion der Stadt Luxemburg

Wie uns von der Sportschöffin der Stadt Luxemburg, Simone Beissel, auf schriftliche Nachfrage hin mitgeteilt wurde, würde die Gemeinde in Hamm einen neuen Rasenplatz bauen und den bestehenden in ein Kunstrasenfeld umwandeln.

Über den angeblichen Wunsch der Stadt, nur über drei Fußballvereine verfügen zu wollen, zeigte sich Beissel überrascht und konnte sich keinen Reim darauf machen, wer eine solche Aussage von Seiten der Gemeinde getätigt haben soll. Die Stadt Luxemburg habe eine goldene Regel, die da laute, sich nicht in die internen Angelegenheiten der 188 Vereine auf ihrem Gebiet einzumischen. Man würde zwar von Zeit zu Zeit über Fusionen sprechen, die Entscheidungen würden aber exklusiv bei den Vereinen liegen.

Zur Anzahl an Fußballfeldern meinte Beissel, dass deren bei einer Bevölkerung von 134.000 rund sieben fehlen würden, was ihrer Aussage vom Oktober vergangenen Jahres gegenüber Fupa in etwa entspricht. Zehn zusätzliche Felder würden benötigt, wenn die Stadt über die Marke von 200.000 Einwohnern wachsen würde.

Aufrufe: 022.7.2023, 13:30 Uhr
Paul KrierAutor