2024-04-25T14:35:39.956Z

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Turgay Akbulut wird den FC Eddersheim im Sommer verlassen.
Turgay Akbulut wird den FC Eddersheim im Sommer verlassen. – Foto: stock.adobe/FCE

"Es wurden fragwürdige Entscheidungen getroffen"

Nachspielzeit mit Turgay Akbulut +++ Der Stürmer des FC Eddersheim über seinen Abschied im Sommer und ein Probetraing beim FC Girona

Eddersheim. Nach neun gemeinsamen Jahren werden sich die Wege von Turgay Akbulut und dem FC Eddersheim im Sommer trennen. Nicht nur die lange Zeit, die der Stürmer in den Reihen des FCE verbracht hat, ist Grund genug, einen Blick auf die erfolgreichen Jahre zu werfen, denn auch seine Quoten können sich sehen lassen. 250 Spiele absolvierte der heute 30-Jährige im Trikot der ersten und zweiten Mannschaft der Eddersheimer und erzielte dabei von der Kreisoberliga bis zur Hessenliga unglaubliche 223 Treffer und legte 42 weitere Tore auf. Vor allem in der Aufstiegssaison 2017/2018 zeigte sich Akbulut besonders treffsicher, als er nämlich in 31 Partien 52 Mal selbst das Netz fand und 19 Mal seine Teamkollegen in Szene setzte. In den Folgejahren war er mit seinem außergewöhnlichem Torriecher daran beteiligt, dass sich sein Team in der Hessenliga etablierte und in dieser Saison die Aufstiegsrunde erreichte. Ab Sommer gehen der FCE und er dann zukünftig getrennte Wege. Im Interview erklärt Turgay Akbulut, wieso er den Verein verlässt, warum er in der Aufstiegssaison das Tor nicht verfehlen konnte und von einem Probetraining beim damaligen spanischen Erstligisten FC Girona.

FuPa: Hallo Turgay, im Sommer wirst du den FC Eddersheim nach neun Jahren verlassen. Was sind deine schönsten Erinnerungen an deine Zeit beim FCE?

Turgay Akbulut: „Da kann ich auf jeden Fall ganz, ganz viele nennen. Ganz weit vorne dabei ist natürlich der Aufstieg in die Hessenliga in der Saison 2017/2018 und in der folgenden Spielzeit der Sieg bei Hessen Kassel. Zu dem Zeitpunkt war Kassel seit zwei Jahren zu Hause ungeschlagen und wir konnten diese Serie beenden. Danach wurde noch vor Ort und auf der Rückfahrt verrückt gefeiert. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass ich hier neun Jahre eine wundervolle Zeit verbracht habe, und ich möchte mich beim ersten Zuschauer bis zum letzten Mitspieler dafür bedanken. Eddersheim und das ganze Drumherum ist einfach herausragend und gut aufgestellt für die Zukunft.“

FuPa: Wie kam es jetzt nach dieser langen Zeit dazu, dass du Eddersheim verlässt?

Turgay Akbulut: „An sich will ich den Verein ja gar nicht verlassen, aber wenn der Trainer ohne dich plant, bleibt dir nichts anderes übrig, als dir eine neue Mannschaft zu suchen. Die Philosophie und die Art und Weise passen einfach nicht zu mir, dazu wurden auch ein paar fragwürdige Entscheidungen getroffen, die nicht nur mich persönlich treffen, mit denen ich mich aber nicht identifizieren kann. Deswegen schlage ich jetzt, obwohl der Verein beziehungsweise der Vorstand mir angeboten hat bleiben zu können, einen anderen Weg ein.“

FuPa: Kommen wir noch einmal zur Aufstiegssaison 2017/2018. Damals hast du in der Verbandsliga in 31 Spielen 52 Tore erzielt und 19 weitere aufgelegt. Wie kommt man auf solch unfassbare Zahlen und war das der fußballerische Höhepunkt deiner Karriere?

Turgay Akbulut: „Ja, das stimmt, das waren schon besondere Zahlen (lacht) und selbstverständlich war es auch der fußballerische Höhepunkt meiner Karriere, weil einem das in seiner Laufbahn normalerweise nur einmal gelingt. Damit so etwas klappt muss alles zusammenpassen, was in dem Jahr der Fall war. Wir waren als Team 30 Spiele ungeschlagen, das sagt ja auch schon so einiges aus. Es hat damals von vorne bis hinten in der Mannschaft und im ganzen Verein alles gepasst, war perfekt. Ich persönlich war auch gut drauf, es hat alles funktioniert, was ich mir vorgenommen habe und dadurch entwickelst du irgendwann auch ein unglaubliches Selbstbewusstsein, mit dem es dann einfach läuft. Ohne dieses außergewöhnliche Team damals hätte es so aber nie so funktioniert.“

FuPa: Gab es bei den konstant starken Leistungen, die du über Jahre gezeigt hast, auch mal Angebote von höherklassigen Teams, vielleicht sogar die Möglichkeit irgendwo als Profi zu spielen?

Turgay Akbulut: „Es gab Angebote von Mannschaften, die Profitum angeboten haben, aber tatsächlich wäre es kein Profivertrag gewesen. Ich habe jedoch damals wie heute immer gesagt, dass ich den Fußball mit der Arbeit verbinden können muss, was bei den vorliegenden Angeboten nicht möglich gewesen wäre. Deshalb, und weil ich in der Hessenliga für keinen anderen Verein als den FC Eddersheim spielen wollte, habe ich den Schritt nie gemacht. Das nächste, was ich in Richtung Profitum erlebt habe, war eine Woche, in der ich beim FC Girona in Spanien mittrainieren durfte. Das war aber einfach nur, um mal zu schauen, wie es bei den Profis so abläuft und ob ich das Niveau mitgehen kann. Diese Woche war jedoch nicht auf einen Profivertrag ausgerichtet. Sie wollten zwar, dass bei der zweiten Mannschaft ein halbes Jahr mitmache, aber das war dann letzten Endes nicht möglich, da es sich um eine U23 handelte und ich schon älter war.“

FuPa: Wie kam das Probetraining in Girona damals zustande?

Turgay Akbulut: „Mich hat ein ehemaliger Spieler, der mich auch in einer Auswahlmannschaft trainiert hat, angesprochen und mich gefragt, wieso ich bei meinen Quoten immer noch in der Verbandsliga spiele und ob ich nicht höher spielen wollen würde. Ich habe ihm geantwortet, dass ich keinen Berater habe und daraufhin hat er den Kontakt hergestellt und mich gefragt, ob ich Lust habe mich mal mit Profis zu messen, um zu gucken, ob ich da überhaupt mithalten kann. Natürlich habe ich dieses Angebot dann auch angenommen, weil es für mich ja eine Woche Urlaub war, die dann auch noch mit Fußball verbunden war.“

FuPa: Und wie war das Niveau dann letztendlich? Konntest du mithalten?

Turgay Akbulut: „Das Niveau war unglaublich. Die Jungs waren topfit und haben von der ersten bis zur letzten Minute immer 100 Prozent gegeben. Der größte Unterschied lag auch definitiv in der Physis, was damit zu erklären ist, dass sie dort fast immer zweimal täglich trainieren. Das ist hier mit acht Stunden Arbeit natürlich nicht möglich. Vom fußballerischen her muss ich aber sagen, dass ich das Gefühl hatte, mithalten zu können, weil ich meinen Fokus auch auf das Spiel mit Ball lege. Das war in dem Team echt wunderbar, dieses vorausschauende Fußballspiel gepaart mit der starken Technik der Spanier. Insgesamt war es eine andere Qualität als ich sie irgendwo anders je gesehen habe, aber auch eine einmalige Erfahrung und ein tolles Gefühl leistungstechnisch nicht abzufallen.“

FuPa: Du hast in dieser Saison in der ersten Mannschaft wegen einer Schambeinentzündung weite Teile der Vorbereitung verpasst und in der Folge nicht viele Spiele in der Hessenliga bestritten. Danach hast du von dir aus angeboten in der zweiten Mannschaft auszuhelfen. Keine Selbstverständlichkeit für einen verdienten Spieler wie dich. Wieso hast du das gemacht?

Turgay Akbulut: „Ich habe auch in der Vergangenheit immer gerne bei der Zweiten gespielt, da mir der Verein sehr am Herzen liegt. Zudem bin ich jemand der sagt, dass man so lange wie es möglich ist und einen die Beine noch tragen, Fußball spielen sollte, weil man es sonst irgendwann bereut. Jedes Spiel was man mitnehmen kann, sollte man auch mitnehmen, das ist meine Einstellung.“

FuPa: Wie fällt dein Fazit zu den Saisons der beiden Eddersheimer Mannschaften aus?

Turgay Akbulut: „Mit der ersten Mannschaft haben wir meiner Meinung nach eine sehr ordentliche Saison inklusive Aufstiegsrunde gespielt, wobei ich anmerken muss, dass das Niveau nicht so hoch war, wie in den letzten Jahren, was einfach am Modus lag. Trotzdem musst du deine Spiele auch erstmal gewinnen, wobei uns in dieser Saison witzigerweise häufig Standards geholfen haben, für die wir zuvor nicht wirklich bekannt waren (lacht). Perfekt war die Runde allerdings nicht, weil wir nicht den allerbesten Fußball gespielt haben, was vielleicht auch an der ganzen Coronasituation lag. Man hat gemerkt, dass vor allem Fitness und Intensität unter den Umständen gelitten haben, aber wie erwähnt, musst du deine Spiele trotzdem erstmal gewinnen. Ich denke im Vergleich zum letzten Jahr können wir zufrieden sein. Auch bei der Zweiten können wir uns nicht beschweren. Dort stehen wir in der Gruppenliga auf dem vierten Tabellenplatz und haben eine klasse Runde gespielt. Alle im Team ziehen an einem Strang, die Trainingsbeteiligung ist hoch und dass, obwohl sie auch mal für Spieler aus der Ersten auf die Bank Platz nehmen müssen.“

FuPa: Wie geht es nach der Saison für dich weiter? Hast du schon konkrete Pläne für die nächste Saison und sehen wir dich vielleicht in der Hessenliga wieder?

Turgay Akbulut: „Ich werde demnächst ein paar Gespräche führen und mich am Ende für das beste Paket entscheiden, konkret ist aber noch nichts. Was die Hessenliga angeht, will ich nichts ausschließen, aber ich bin mir auch für beispielsweise die Gruppen- oder Verbandsliga nicht zu schade. Wenn ich beispielsweise ein Angebot von einem Hessenligisten bekommen würde, zu dem ich fünf- oder sechsmal die Woche eine Stunde mit dem Auto anreisen müsste, wäre das Paket für mich nicht wirklich relevant. Ich bin zudem auch nicht mehr der Jüngste und verfolge auch abseits vom Feld Pläne und Ziele.“

Aufrufe: 018.5.2022, 06:00 Uhr
Tim StammAutor