2024-05-02T16:12:49.858Z

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Dritter Aufstieg in sieben Jahren: Die Sportfreunde Schliengen feiern ihren Coach Alex Schöpflin | Foto: Gerd Gründl
Dritter Aufstieg in sieben Jahren: Die Sportfreunde Schliengen feiern ihren Coach Alex Schöpflin | Foto: Gerd Gründl

SF Schliengen steigen nach 6:2 gegen Bad Säckingen in Bezirksliga auf

Die SF Schliengen kehren nach fast 40 Jahren in die Bezirksliga zurück. Im Rückspiel um den Aufstieg schnuppert der FC Bad Säckingen zunächst am Fußballwunder, ehe Schliengen die Partie dreht.

Es war für Alex Schöpflin wohl gar nicht vermeidbar. Irgendwann musste er ja mal wehrlos auf dem Rasen stehen. Genau diesen Moment hatten Timo Albiez und Sebastian Meier abgewartet. Kaum eröffnete sich ihnen die Chance, schlug das Duo blitzschnell zu. In der einen Sekunde hatte Schöpflin ihnen den Rücken zugewandt, in der anderen eilten die beiden Fußballer schon zielsicher mit schnellen Schritten heran und überschütteten ihren Erfolgscoach der SF Schliengen mit einer Ladung Aufstiegsbier.

Trotz der Sommerhitze war Schöpflin auch viele Minuten später noch pitschepatschenass. Und: überglücklich. 2015 hatte er die Sportfreunde übernommen – in der Kreisliga C. Sieben Jahre später steht nun der Aufstieg in die Bezirksliga. „Das ist ein Traum, phänomenal“, sagte Schöpflin nach dem 6:2-Triumph im Rückspiel vor über 600 Zuschauern in Schliengen. Im Aufstiegsduell der Vizemeister der Kreisliga-A-Staffeln hatten die Sportfreunde mit dem 4:0-Hinspielsieg in Bad Säckingen bereits den ersten Schritt gemacht, um erstmals seit 1983 wieder in der Bezirksliga zu spielen.

Fotogalerie: SF Schliengen feiern gegen den FC Bad Säckingen den Aufstieg in die Bezirksliga

Seit 2015, als die Sportfreunde unter Schöpflin den Neuaufbau initiierten, haben sich Verein und Mannschaft kontinuierlich weiterentwickelt. „Wir arbeiten sehr bewusst, ohne große Aufregung, und entscheiden bedacht“, sieht der Coach darin Parallelen zum Bundesligisten SC Freiburg, ohne dass er dies überhöht darstellt. Auf dem Banner der Schliengener prangte „ein Dorf, ein Ziel. Das ist, was uns ausmacht“, sagt Schöpflin. Zur Stammbesetzung des Bezirksliga-Aufsteigers zählen noch sieben Akteure, die bereits in der C-Klasse dabei waren. Punktuell haben die Sportfreunde ihren Kader ergänzt, aus der eigenen Jugend, aber auch extern. „Geld kommt und Geld geht“, betont Schöpflin, dass finanzielle Zuwendungen bei den Sportfreunden kein Thema sind. Vielmehr gehe es bei Zugängen darum, „wer gewillt ist, das blau-weiße Herz mitzutragen“.

Ein großes, rot-schwarzes Herz zeigten indes an diesem Sommertag die Bad Säckinger – trotz der Niederlage. „Ich bin brutal stolz auf die Mannschaft“, betonte Clemens Bauer. Der Coach, dessen Verbundenheit mit seinem FC sich in seinem Beintattoo offenbart, sieht die positive Entwicklung der Aktivteams. Nach einer Phase ohne zweite Mannschaft hat Bad Säckingen längst wieder seine Reserve etabliert (die ihre Vereinskollegen bei Hin- und Rückspiel als Fans unterstützte), vor zwei Jahren habe die „Erste“ als sicherer Absteiger in die B-Klasse gegolten. „Und dann reißen sie hier so etwas hin“, schwärmte Bauer. „Dieser Glaube und Wille – das ist meine Mannschaft.“

Bad Säckingen startet furios – Schliengens Traumtor als Knackpunkt

Denn nach dem Hinspiel ging es für Bauer „um die zwei Ws: entweder Wunder oder Würde“. Eine halbe Stunde lang agierten die Rot-Schwarzen nicht nur mit Würde, sondern arbeiteten auch erfolgreich am Wunder. Keine zwei Minuten waren vorbei, da zimmerte Tolga Polat den Ball aus spitzem Winkel haarscharf am Toreck vorbei, und die Vehemenz seines Schusses war Sinnbild der Überzeugung, mit der die Gäste agierten und die sie auch alsbald aufs Tableau brachten. Jason Cerimi zirkelte einen Freistoß traumhaft in den Winkel (8.), Polat verwertete einen von Nils Lehmann parierten Strafstoß im Nachschuss – und so stand es nach 14 Minuten bereits 2:0 für Bad Säckingen. Die Gäste bejubelten jeden Ballgewinn, jede erfolgreiche Grätsche, und Bauer tigerte mit geballten Fäusten und breiter Brust an der Seitenlinie entlang.

Doch die Sportfreunde hatten Vertrauen in ihre offensiven Qualitäten, „uns kam auch die Trinkpause zugute“, so Schöpflin, der seine Mannen so nach etwa 23 Minuten neu einschwören konnte. Die 34. Minute sollte aus Sicht der Gäste der Knack- und aus Schliengener Betrachtung der Wendepunkt sein. Timo Albiez hatte sich diesen Schuss offenbar für den richtigen Zeitpunkt aufgehoben. Seitdem der 23-Jährige vor der Saison vom Lokalrivalen SV Liel-Niedereggenen gekommen war, absolvierte er 19 Partien ohne Treffer. Als ihm nun der Ball vor die Brust sprang, setzte er zum Vollspannvolley an – und setzte die Kugel aus knapp 30 Metern via Unterkante der Latte in den linken Winkel. Zwei Minuten später nutzte Jens Lehmann einen (streng ausgelegten) Elfmeterpfiff zum Ausgleich, kurz vor der Pause traf der agile Lucca Sielaff zum 3:2. Damit war das Aufstiegsduell entschieden, der zweite Abschnitt ging den Schliengenern locker vom Fuß: Sielaff, Meier und der eingewechselte Co-Spielertrainer David Held erhöhten auf 6:2. Ein Endergebnis, das dem Bad Säckinger Auftritt indes nicht gerecht wurde.

Lernprozess für Bad Säckingen – Schliengen kompensiert Traoré-Verlust

Denn Bauer durfte letztlich einen würdevollen Auftritt seines Teams resümieren. Was sich für den Coach bemerkbar machte, war nicht nur die fehlende Erfahrung seiner jungen Mannschaft, sondern auch die Breite im Kader: „Wir gehen auf dem Zahnfleisch.“ Doch konstatierte er zugleich: „Die Sportfreunde Schliengen gehen verdient hoch, sie sind eine spielerisch gute Mannschaft.“ Der FC-Coach sprach mit großem Respekt über den gegnerischen Verein, „wir können viel von ihnen lernen und mitnehmen“. Die Aufstiegsspiele erlebt zu haben, wird wiederum für seine junge Truppe eine wertvolle Erfahrung im Reifeprozess sein. Und so war sich Bauer wenige Minuten nach dem Ende der Saison auch sicher: „Wir kommen wieder.“

Für die Sportfreunde endete die Runde mit dem großen Triumph, der mit Blick auf die Winterpause eine besondere Note erhält. Damals verloren die Schliengener ihren Top-Torjäger Abdoulayé Traoré an den Schweizer Sechstligisten FC Allschwil. Dass der Franzose dennoch mit 23 Toren aus 14 Partien die West-Saison auf Rang drei der Torjägerliste abschloss, „zeigt, was für ein wahnsinnig guter Fußballspieler er ist“, so Schöpflin. Beim Wechsel sei indes klar gewesen, „dass wir es mit einer homogenen Mannschaftsleistung schaffen können, oben mitzuspielen“. Was den Blau-Weißen schließlich auch gelang. Und Traoré? Den hatten die Sportfreunde zum Rückspiel eingeladen, und so feierte der Torjäger mit seinen früheren Teamkollegen ausgelassen den Aufstieg.

Vor der Heimpartie am Samstag hatte Schöpflin sein Team zu sich zum Mittagessen eingeladen. „Wir haben uns die Aufstiegsvideos in die Kreisliga B (2016) und Kreisliga A (2019) angeschaut“, war dies für den Coach auch beim Erzählen noch ein Gänsehautmoment. „Ich bin wahnsinnig stolz auf den Verein, die Fans, die Spieler, die Vorstandschaft.“ Das Hinspiel in Bad Säckingen hätte sich wie ein Heimspiel angeführt, und „heute sieht man ja, was hier abgeht“, blickte er auf die Aufstiegsfeier seines Clubs. Um die Vorbereitung der Feierlichkeiten hatten sich die Vereinsverantwortlichen gekümmert – Trainer und Team sollten sich ganz auf den Fußball konzentrieren. „Ich habe einiges an Garderobe mitgenommen“, verriet der pitschepatschenasse Schöpflin schmunzelnd. „Ich weiß ja nicht, wie oft ich noch in etwas eingetaucht werde.“

SF Schliengen – FC Bad Säckingen 6:2 (3:2)
SFS: N. Lehmann; J. Lehmann (65. Bolsinger), Tröndlin, Wihler, Jones; Sielaff, Meier, Albiez (57. Höferlin), Kessler (46. Held); Amann, Merstetter (71. Martijn). FCBS: Pfeifer; Soult (70. Degelmann), Vella, Herzog, Rymsza; Erhardt (49. Wegner), Schäuble (54. Kunzelmann), Billeci, Ababneh (86. Schlinke); Polat, Cerimi. Tore: 0:1 Cerimi (8.), 0:2 Polat (14.), 1:2 Albiez (34.), 2:2 J. Lehmann (36./Foulelfmeter), 3:2, 4:2 beide Sielaff (45.+6, 51.), 5:2 Meier (56.), 6:2 Held (69.). Schiedsrichter: Satriano (Zell). Zuschauer: 600. Besonderes: N. Lehmann hält Foulelfmeter von Polat (FCBS/14.).

Aufrufe: 026.6.2022, 12:00 Uhr
Matthias Konzok (BZ)Autor