2024-05-02T16:12:49.858Z

Spielbericht

Ein Satansbraten und seine Teufelskerle

Am vergangenen Sonntag war es endlich wieder so weit: der Rheinbacher Classico stand auf dem Nachmittagsprogramm. Schon lange waren die Rollen nicht mehr so klar verteilt zwischen dem gastgebenden SV Schwarz Weiß Merzbach und dem SV Rot-Weiß Queckenberg wie am 18. Spieltag der Kreisliga C 3. Hier verfügen die Einheimischen mit bereits 62 erzielten Treffern über die beste Offensivabteilung der Liga, die seit dem 04.12.2022 kein Pflichtspiel mehr verloren hatten. Demgegenüber sind die Queckies besonders arg vom Verletzungspech gebeutelt und müssen zudem krankheitsbedingt auf weitere Leistungsträger verzichten. Für das letzte Erfolgserlebnis, sprich einen auf dem Platz errungenen Dreier, muss man weit zurückblättern, datiert dieser Sieg doch vom 16.10.2022.

Doch Belzebub Stefan Bures ruderte mit dem Dreizack in der Hand durch die Unterwelt des Fußballkreises Bonn. An jedem Hafen, den er anlief, nahmen wahre Teufelskerle und eine berühmt-berüchtigte Königskobra Platz auf der rot-weißen Dschunke. Sie entstiegen dem Höllenfeuer und waren bereit, dem haushohen Favoriten kräftig in dessen vermeintliche Siegssuppe zu spucken. Vor dem Tanz auf dem Vulkan lud der Spielertrainer seine diabolische Fußballarmada zu sich nach Hause ein, um hier einen Schlachtplan für die Mutter aller Derbys zu entwerfen.

Wie es sich für dieses Großereignis gehört, pilgerte eine mittlere Hundertschaft an die Weidenstraße, um ihre Farben lautstark zu unterstützen. Pünktlich um 15:00 Uhr ließ der in Ehren ergraute Heinrich Harzem das Spiel der Spiele beginnen und hatte die von beiden Seiten rotzig-forsch geführte Partie zu jeder Sekunde voll im Griff. In den ersten 15 Minuten wirbelte der Gastgeber mächtig Staub auf. Doch die hoch gelobte Abteilung Attacke wirkte gegen den eisernen Verteidigungswall eher bieder und einfallslos. Das lag nicht zuletzt an den beiden fabulösen Abwehrkanten Jesko und Gümüs und an Dauergrätscher Paffenholz, der zwischen beiden Strafräumen das komplette Spielfeld kräftig umpflügte. Und wenn doch einmal das Bällchen durchgesteckt ward, stand da mit Feuerkopf P. Watty ein Felsblock im Gehäuse, der sich an diesem Tage als unüberwindbar erweisen sollte. Obwohl die Gäste mit einem Durchschnittsalter von 31,1 Jahren bereits auf die Fußballrente zusteuerten, bekamen sie die um 7,5 Jahre jüngeren Greenhorns mit zunehmender Spieldauer immer besser in den Griff. Angeführt vom genialen, spielintelligenten Teufelsgeiger Bures erwiesen sich Uygur und Bois als rechte und linke Hand des Teufels. Immer wieder fädelten sie gewitzt über die pfeilschnellen Wappenschmidt und Erol den ein oder anderen überfallartigen Geniestreich ein. Zwar überließ man dem jungen, schwarz-weißen Gemüse oftmals das Heft des Handelns. Jedoch hielt man das Geschehen meist weit weg vom Watty-Kasten, so dass dieser selten in Bedrängnis kam. Dagegen trieben die nimmermüden Flügelflitzer die Kugel ein ums andere Mal Richtung Feindesland, wo A. Watty und ein gewisser Martin Ring immer wieder auf ihre Einschussmöglichkeit lauerten. Kurz vor dem Pausentee hätte der RWQ nach einer Ecke mit zwei guten Nachschussmöglichkeiten die Merzbacher beinahe noch zu aschfahlen Bleichgesichtern erblassen lassen. Es blieb jedoch bei dem torlosen Halbzeitergebnis.

Nach Wideranpfiff schienen die Merzbacher zunächst von der Tollwut befallen zu sein, so beackerten sie das Spielfeld. Doch erblindeten sie aufgrund dieser Besessenheit und verstanden es nicht, ihre extremen konditionellen Vorteile in zählbaren Erfolg umzumünzen. Je mehr diese sich in ihr kopf- und erfolgloses Anrennen hineinzürnten, desto stoischer, ruhiger und unaufgeregter schnürten die Kerle von der Madbach ihren Defensivverbund und verrichteten vorbildlich defensive Schwerstarbeit. Sicherlich war hier mal ein Bein zu hoch, dort mal eine Grätsche zu übermotiviert und auch der eine oder andere Trikotzupfer wurde im rot-weißen Tagebuch festgehalten. Doch niemals wurde dabei die Grenze des Erlaubten überschritten. Ab der 60. Minute verlagerte sich das Spielgeschehen dann immer mehr in die Queckenberger Spielhälfte und P. Watty stand vermehrt im Rampenlicht. Doch dieser genoss förmlich die ihm zugedachte Aufmerksamkeit und beförderte sich mit Glanzparaden, blitzartigen Reflexen sowie einem überragenden Stellungsspiel vom Teufelskerl zum rot-weißen Satansbraten und zum Spielverderber für den Merzbacher Fußballknabenchor. Mit Entzücken sah man ihm dabei zu, wie er sich mal die Kirsche butterweich runterfischte oder diese auch mal mit den Fingerspitzen übers Gebälk wischte; kurzum: man hätte in der letzten halben Stunde einen Lehrfilm für die Torwartausbildung an der Fußballschule drehen können mit ihm in der Hauptrolle. In der 72. Minute riss dann ein schriller Pfiff den Queckenberger Fußballmob aus seinen leisen Punkteträumen. Abwehrhüne Gümüs soll nach der ersten Wahrnehmung des Unparteiischen einen Merzbacher unsanft von den Beinen geholt haben, und das zu allem Überfluss im eigenen Strafraum. Die Pille lag denn auch schon auf dem ominösen Punkt. Doch der Altinternationale Harzem brauchte weder Videobeweis noch einen Hinweis aus dem Kölner Keller. Mit gut 45 Jahren Berufserfahrung und einer guten Menschenkenntnis schaute er dem vermeintlich Gefoulten tief in die Augen, um darin lesen zu können: dat war kenne Foul! Und nahm seine Entscheidung zurück. Da sich daraufhin kein schwarz-weißer Proteststurm über den Schiedsrichter entlud, wurde die Richtigkeit der Entscheidung indirekt bestätigt. Doch noch einmal mussten die Queckies kräftig um den Lohn ihrer Abwehrmaloche zittern. Zehn Minuten vor Ultimo war bei einem Freistoßgeschoss selbst der Feuerkopf zwischen den Pfosten bereits geschlagen. Doch da stand mit Martin Ring die Königskobra goldrichtig, bolzte das Leder von der Linie und bewies, dass er auch Tore verhindern kann. Nur 120 Sekunden später fand ihn ein teuflisch gutes Bois-Zuckerpässchen, und er hatte die Kirsche bereits an seinem Kontrahenten vorbeigespitzelt. Doch diesmal nestelte ein Merzbacher am Trikot des RWQ-Sturmtanks, um schlimmeres für seine Farben zu vermeiden. Mit dem absolut letzten und unbändigen Willen gelang es den Bures-Buben sogar noch zweimal, für Ungemach zu sorgen. Doch in der 89. Minute fand eine Flanke von Turbowiesel Wappenschmidt keinen Abnehmer in der Zentrale und 180 Sekunden später ließ Gümüs das Leder mit dem Schädel zum Elfmeterpunkt abtropfen. Auch da fehlten den Rot-Weißen die letzten Körner, um mit nach vorn zu stürmen und noch einmal gefährlich abzuschließen.

Nach 90 atemberaubenden, verdammt heißen Derbyminuten sah man beide Mannschaften zusammengesackt auf dem Geläuf. Die einen waren bitter enttäuscht, weil am Ende nicht mehr als dieser Punkt eingefahren wurde. Die anderen waren zwar klipperklar von dem eben zu Ende gegangenen Abnutzungskampf aber irgendwie auch im siebten Fußballhimmel, fühlte sich doch dieses Unentschieden an wie ein Sieg. So ganz nebenbei wurde auch wieder ein Stück rot-weiße Fußballgeschichte geschrieben. Denn Pierre Watty feierte in seinem einhundertsten Punktspiel für den RWQ seinen 17. Shutout. Diese Meilensteine durfte der Satansbraten ausgerechnet im Derby zelebrieren.

Mit diesem Erfolgserlebnis dürfen die Bures-Buben nun optimistisch dem nächsten Heimspiel entgegenfiebern. Dann rasseln auf dem Mount Queck ab 15:00 Uhr die Säbel zwischen dem SV Rot-Weiß Queckenberg und dem Tabellenzweiten 1. JFC Brüser Berg.

Aufrufe: 020.3.2023, 21:06 Uhr
Daniel KunzeAutor