2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines
Der Insolvenzverwalter sieht viel Positives beim SV Straelen
Der Insolvenzverwalter sieht viel Positives beim SV Straelen

Der SV Straelen hat eine Zukunft

Rechtsanwalt André Dobiey möchte den rund 2.200 Mitglieder starken Breitensportverein aus der Krise führen. Die Altlasten wiegen schwer. Trotzdem stellt der Insolvenzverwalter dem Traditionsklub ein gutes Zeugnis aus.

Die Adresse „svs19.com“ wird demnächst aus den unendlichen Weiten des globalen Netzes verschwinden. Der letzte Eintrag auf der Homepage der Fußballer des SV Straelen datiert vom 18. Dezember 2023 und trägt die Überschrift „SV Straelen überwintert auf Platz drei“.

Als nächstes Spiel wird die Partie Germania Ratingen gegen SV Straelen angekündigt. Diese hätte am 18. Februar über die Bühne gehen sollen, hat aber aus bekannten Gründen nie stattgefunden. Der große Fußball an der Römerstraße ist endgültig Geschichte, mehr Schnee von gestern geht schon gar nicht mehr.

Wesentlich interessanter ist da schon ein Blick auf die Vereins-Homepage. Der Besucher wird von strahlenden Kindern in farbenfroher Kleidung in Empfang genommen, die mit ihren bunten Spiel- und Sportgeräten offenkundig viel Spaß haben. Das nächste Foto zeigt einen Handball mit Torhüterin im Hintergrund, es folgen fröhliche Senioren, die sich mit Rückengymnastik fit halten. Die Bilder sollen einen großen und sympathischen Breitensportverein mit rund 2.200 Mitgliedern symbolisieren. Um dessen Zukunft geht’s aktuell, weil sich der jahrelange Ausflug in höhere Fußball-Sphären bitter gerächt hat.

Insolvenzantrag bedeutet nicht zwingend das Aus für den Verein

Am vergangenen Mittwoch haben die Vorstandsmitglieder Elmar Rogmann und Jürgen Kerpen beim Amtsgericht Kleve einen Insolvenzantrag für den SV Straelen gestellt. Das bedeutet allerdings noch lange nicht das Aus für den Traditionsklub von der Römerstraße. Ganz im Gegenteil. „Ich habe mir bereits einen ersten Überblick verschafft und gehe fest davon aus, dass der SV Straelen eine Zukunft hat“, sagt der zuständige Insolvenzverwalter André Dobiey. Der Rechtsanwalt der Krefelder Kanzlei „Niering, Stock, Tömp“ hat jede Menge Erfahrung mit Sportvereinen gesammelt, die zu hoch hinaus wollten. In den vergangenen Jahren hat er unter anderen dem 1. FC Kleve und dem KFC Uerdingen in Krisensituationen zur Seite gestanden.

Gute Strukturen mit seriösen Abteilungen

„Im Grunde genommen handelt es sich beim SV Straelen um einen gut geführten Breitensportverein mit gesunden Strukturen. So, wie ich das nach wenigen Tagen beurteilen kann, wird in praktisch allen Abteilungen seriös gearbeitet“, so Dobiey. Ob Badmintonspieler, Bogenschützen, Turner, Leichtathleten, Schwimmer, Handballer oder Rehasportler – sie alle repräsentieren die grün-gelbe Sportlerfamilie für alle Generationen. Es gibt nur ein schwarzes Schaf, das den Zusammenhalt gefährdet und in den vergangenen knapp zehn Jahren ein verdammt scharfes Damoklesschwert geschmiedet hat, das aktuell über dem Gesamtverein schwebt: König Fußball.

Der SV Straelen kickte einige Jahre in der Vierten Liga und sonnte sich im Hochgefühl, Traditionsklubs wie Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen, Rot-Weiß Oberhausen, Preußen Münster oder den Wuppertaler SV an der Römerstraße begrüßen zu dürfen. Eine Razzia brachte 2020 ans Tageslicht, dass beim Ausflug in den Grenzbereich des Profifußballs offenbar nicht immer alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Satte 862.000 Euro sollen den Sozialkassen vorenthalten worden sein – mit dem Vorwurf wird sich die Wirtschafts-Strafkammer des Landgerichtes Kleve beschäftigen. Als Hauptverantwortlicher gilt Hermann Tecklenburg. Doch dessen Bauunternehmung ist pleite, die Sorge ist groß, dass beim einstigen „Boss“ des SV Straelen nichts mehr zu holen ist. „Und in einem solchen Fall kann es tatsächlich passieren, dass der Gesamtverein in Haftung genommen wird, der wiederum selbstverständlich Summen in einer solchen Größenordnung nicht bezahlen kann“, sagt Dobiey.

Wichtiger Faktor für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Der Fachmann kennt allerdings auch den Ausweg aus dem auf den ersten Blick monströs erscheinenden Labyrinth. Wie geht’s jetzt weiter? Voraussichtlich Anfang Mai wird das Amtsgericht Kleve den SV Straelen für insolvent erklären. Aus der Nummer mit dem Sozialbetrug ist der Traditionsklub deshalb zwar noch nicht raus. Im schlimmsten Fall droht die Liquidation – der SV 1919 Straelen würde aufgelöst, aus dem Vereinsregister gestrichen und schlicht und einfach nicht mehr existieren. „Daran haben aber die Gläubiger, zu denen in diesem Fall auch der Staat gehört, aber kein gesteigertes Interesse. Man weiß ganz genau, dass es bei einem Sportverein nicht viel zu holen gibt, dieser aber auf der anderen Seite eine große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat“, so Dobiey. Soll heißen: Der SV Straelen wird wahrscheinlich mit einem blauen Auge davonkommen, nur einen Bruchteil der Summe zahlen müssen und innerhalb eines Jahres von der Insolvenz befreit werden.

Der Verein bleibt damit die Heimat von Menschen aller Generationen, die ganz einfach nur in geselliger Runde Sport treiben möchten. Der künftige Vorstand bekommt auch keinen Aufpasser an die Seite gestellt. „Die Einsicht der Verantwortlichen ist groß, künftig sowohl sportlich als auch finanziell kleinere Brötchen backen zu müssen. Und der Verein dürfte gelernt haben, dass man sich möglichst nicht von einer Person abhängig machen sollte“, sagt der Rechtsanwalt, der dem SV Straelen in diesen Tagen den Weg in eine möglichst sorgenfreie Zukunft ebnet.

Aufrufe: 028.2.2024, 21:00 Uhr
Volker HimmelbergAutor