2024-05-17T14:19:24.476Z

Spielbericht
– Foto: Jörn Kutschmann

Der Geschichte auf der Spur

zu Gast bei Deutschlands ältesten, noch aktiven Verein

BFC Germania 1888 – Blau Weiß Hohenschönhausen 2:0

1.Spieltag Kreisliga B Berlin Staffel 2 Saison 2023/2024

Sonntag, 10.09.2023 13:00 Uhr

Sportplatz Götzstraße

31 Zuschauer

In einer Zeit, als unser geliebter Fußball noch als englische Krankheit oder Fußlümmelei bezeichnet wurde, hatten einige Pioniere hierzulande das Potenzial dieses Spiels bereits erkannt. Und so gründeten sich Vereine wie der Dresden English Football Club, der SC Germania Hamburg oder eben der BFC Germania 1888. Es gründeten sich zwar viele Vereine, übrig blieben aus dieser Zeit aber nicht viele, die heute noch aktiv hinter dem Ball herlaufen. Den BFC Germania gibt es noch, und er ist auch heute noch aktiv. Das macht ihn zwar nicht zum ältesten Fußballverein Deutschlands, aber zum ältesten noch aktiven Verein.

Dieses Stück Fußballgeschichte wollte ich mir bereits im Winter 2007 einmal näher ansehen. Aber das damalige Spiel zwischen Germania und den Hertha Ama Zwee fiel der winterlichen Witterung zum Opfer. Und wie das dann so ist: Das Nachholspiel verpasst man, beim folgenden Heimspiel des BFC hat die Oma Geburtstag oder es regnet oder die Sonne scheint zu stark, und zack sind 16 Jahre vergangen.

Aber heute sollte es klappen, und ich bestieg eine gute Stunde vor dem Anstoß den Bus. Meine Reisezeit war schon etwas knapp bemessen, und eigentlich wollte ich auch früher los. Aber Frau und Nachwuchs waren übers Wochenende ausgeflogen, und ich nutzte die freie Zeit für richtig guten Papa-Spaß: Unters Bett krabbeln und alles an Klamotten, Kinderspielsachen und sonstigem Zeug hervorkramen, damit der automatische Staubsauger mal wieder freie Bahn hat. Und weil ich gerne mal in einen Aufräum-Tunnel komme, habe ich noch fix das Kinderzimmer aufgeräumt und meine Abfahrtszeit an die absolute Deadline getrieben. Und natürlich, wenn nichts schiefgehen darf, geht etwas schief. Der Bus kam zu spät, und als ich einstieg, fiel mir auch ein, warum. Es waren dutzende Kinderwagen und Familien an Bord, die Polizeimützen, Verkehrskellen und ähnliches dabeihatten. Sogar ein paar Erwachsene standen in Karnevals-Polizeiuniformen im Gelenkteil des Buses. Es war Tag der offenen Tür bei der Polizeidirektion 2 in Ruhleben. Meine Hoffnung, der Bus könnte seine Verspätung aufholen, war dann spätestens am besagten Polizei-Abschnitt vorbei. Die Leute stellten sich so ungeheuer dumm beim Ein- und Aussteigen an, dass der Bus ungefähr fünf Minuten an der Haltestelle verweilen musste.

Dank dieser Polizei-Straßensperre sah ich mich gezwungen, ein paar Stationen später aus dem Bus zu springen und einen Leihwagen in Anspruch zu nehmen. Mit der Miet-Karre machte ich die verlorenen Minuten im Nu wieder wett und erreichte mein Ziel locker 15 Minuten vor dem Anstoß. Rónnóur war schon da, hatte zwei Cola und einen Platz im Schatten besorgt. Allerdings auf der anderen Seite des Platzes. So musste ich das künstliche Geläuf einmal überqueren und war von der Hitze in der Sonne völlig genervt und von der gesamten Anlage hier ein bisschen enttäuscht. Der Platz ist nach dem Hauptgründer des Vereins, Paul Jestram, benannt, und direkt am Eingang empfängt einen eine kleine, nette Bude mit Snacks und Getränken. Mit großen Buchstaben wirbt sie damit, dass man hier beim ältesten Fußballverein Deutschlands sei. Die Preise der Bude waren offenbar noch aus dem Gründungsjahr der Germania, denn eine Coke bekam man schon für1,50€. Ansonsten lebt die Geschichte hier nicht gerade. Die drei Traversen auf einer der beiden Seiten des Platzes werden von Unkraut überwuchert, und die oberste Stufe kann man aufgrund der dahinter wuchernden Vegetation kaum benutzen. Und dann wurden Rónnóur und ich auch noch von unserer bequemen Bank im Schatten vertrieben, da wir uns offenbar die Auswechselbank des BFC ausgesucht hatten. So verzogen wir uns auf eben jene drei Stufen, die man so schön einmal säubern und vielleicht sogar in Vereinsfarben bemalen könnte, und sahen uns das Spiel von hier aus an. Ein toller Kick war es wahrlich nicht, und das einzige Highlight der ersten Hälfte war ein Foulelfmeter für die Heim-Elf, der verwandelt wurde. Im zweiten Abschnitt gab es auch nicht viel zu sehen, außer einem Freistoß für Germania. Dieser kam zwar auf Kniehöhe, dafür zentral auf den Keeper der Hohenschönhausener. Trotzdem konnte er das Leder nicht festhalten, und der Abpraller wurde vom BFC dankend angenommen und zum 2:0 über die Linie befördert. Das war es dann aber auch hier. Rónnóur und ich waren uns einig, dass man die ganze Sache mit dem ältesten, noch aktiven Fußballverein des Landes etwas besser nutzen und vermarkten könnte. Ansonsten ist es schon recht nett hier. Ich machte mich mit S-Bahn und Bus auf den Heimweg und hatte am Nachmittag die Familie wieder zu Hause.

Wieder etwas weniger auf der To-Do-Liste.

der Kutten König.

Aufrufe: 011.9.2023, 20:54 Uhr
Jörn KutschmannAutor