2024-05-02T16:12:49.858Z

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Marco Dellnitz (re.) wird seine Zelte beim 1. FC Kötzting nach eineinhalb Jahren wieder abbrechen
Marco Dellnitz (re.) wird seine Zelte beim 1. FC Kötzting nach eineinhalb Jahren wieder abbrechen – Foto: Helmut Müller

Dellnitz verkündet Abschied vom 1. FC Bad Kötzting

Der 49-jährige Sportchef wird die Rot-Blauen am Saisonende erhobenen Hauptes verlassen

Seit knapp eineinhalb Jahren ist der Deggendorfer Marco Dellnitz Sportchef beim 1. FC Bad Kötzting. In diesem Zeitraum hat sich beim Bayerwald-Traditionsverein sportlich vieles zum Positiven entwickelt, doch durch den Ausstieg von Präsident und Hauptsponsor Willi Bielmeier sind die Rot-Blauen in den letzten Wochen in die Negativschlagzeilen geraten. Vieles ist am Roten Steg derzeit in der Schwebe und wie es genau weitergeht, ist aktuell nicht vorhersehbar. Wir haben uns mit dem 49-jährigen Sportchef unterhalten.

Marco, nach sportlich mageren Jahren mischt der 1. FC Bad Kötzting in der Landesliga Mitte in der laufenden Runde ganz vorne mit. War damit im Vorfeld zu rechnen?
Marco Dellnitz (49): Bei meinem Amtsantritt am 01.01.2022 war der Kader relativ klein, die Trainingsbeteiligung ausbaufähig und das Trainingsmaterial verbesserungswürdig. Ich musste sehr viele Gespräche führen und Eindrücke sammeln. Das Ergebnis war, wenn sich nichts Grundlegendes im sportlichen Bereich ändert, werden viele Spieler den Verein verlassen. Der FCK war so etwas wie eine Wohlfühloase für Spieler geworden. Das war für mich ein Alarmzeichen und auch der Startschuss für einen neuen Ansatz. Wir haben zuerst den Besprechungsraum renoviert und unter anderem Videoanalysen ermöglicht. Als nächstes wurde die ärztliche Versorgung aufgrund meiner guten Kontakte zu einer größeren Klinik in der Region auf ein neues Level gebracht. Der FCK ist ein Bayerwald-Club, und von daher war es mir sehr wichtig, mit Spielern aus der Region einen neuen FCK aufzubauen, einen Bayerwald-FCK als Anlaufstelle für Talente. Wir wollten in Ruhe arbeiten, daher wurden auch zu Beginn niemals große Ziele nach außen definiert. Motto: Zuerst einmal hart und seriös arbeiten und dann Taten sprechen lassen. Mir war aber relativ schnell klar, dass wir mit diesem Kader in der Lage sind, ganz vorne mitzuspielen.




Was ist das Erfolgsgeheimnis der Mannschaft?
Der Zusammenhalt im Team, der gegenseitige Respekt untereinander und der Wille, Erfolg zu haben. Der Konkurrenzkampf wirkte sich ebenso leistungsfördernd aus. Die Jungs unternehmen in ihrer Freizeit viel miteinander. Das ist Teamgeist pur. Auch bei Vereinsveranstaltungen, wie dem Weihnachtsmarkt und dem Faschingsball, haben alle Spieler mitgeholfen. Bei den Freitagsspielen ist das Vereinsheim bis auf den letzten Platz gefüllt und alle haben Spaß miteinander.


Ihr gehört zu den sechs Teams, die sich berechtigte Hoffnungen auf einen der beiden begehrten ersten Plätze machen dürfen. Wie geht ihr den Saisonendspurt an? Ist vielleicht sogar der ganz große Coup möglich?
Ein großer Coup ist immer möglich, wenn man zu jedem Zeitpunkt daran glaubt. Wir haben sportlich und menschlich einen überragenden Kader. Wenn wir es schaffen, den Fokus auf das Sportliche zu richten, dann traue ich unserer Truppe alles zu. Daran ändert auch die Niederlage bei Fortuna Regensburg nichts. Wichtig wird sein, dass sehr wichtige Spiel am Samstag in Hauzenberg engagiert und fokussiert anzugehen, um diese Partie erfolgreich zu gestalten. Es würde uns alle sehr freuen, wenn die Mannschaft Unterstützung von möglichst vielen Fans bekommen würde. Je mehr Menschen zeigen, dass ihnen der FCK etwas bedeutet, umso hilfreicher wäre das bei der weiteren Sponsorensuche.




Die sportlich hervorragenden Leistungen werden von dem Ausstieg von Hauptsponsor Bielmeier und dem daraus resultierenden Insolvenzantrag der Spielbetriebs-GmbH, die für die Finanzierung der I. Mannschaft verantwortlich ist, überschattet. Wie geht ihr intern mit diesem Thema um?
Dass der Hauptsponsor aus gesundheitlichen Gründen und aufgrund der Insolvenz seiner Firma nicht mehr zur Verfügung steht, ist natürlich ein schwerer Schlag für den Verein. Solch ein Rückzug würde andere Vereine genau so hart treffen. Über die Strukturen bezüglich Sponsoring kann ich keine Auskunft geben, da ich in diese Sache nicht involviert bin. Alle Verträge und sonstigen Verpflichtungen wurden von mir im Rahmen des vor der Saison festgelegten Bugdets ausgehandelt und danach von der Vorstandschaft des Hauptvereins bzw. der Geschäftsführung der GmbH abgeschlossen. Die Mannschaft hat sich intern zusammengesetzt und das Thema Insolvenz besprochen. Sie wird bis zum Saisonende alles geben und auch weiterhin dreimal pro Woche trainieren. Die Spieler wollen sportlich den größtmöglichen Erfolg für die Zuschauer und das Umfeld des FCK erreichen.


Eine deiner Hauptaufgaben ist die Kader-Zusammenstellung. Ist momentan überhaupt irgendeine Planung für die neue Saison möglich?
Ich habe mir viele Spiele und Spieler angesehen und hatte vielversprechende Gespräche mit potenziellen Neuzugängen. Ehemalige Vereinsvertreter sind aktuell dabei, sich mit den Spielern bzw. Trainern zu unterhalten und abzustimmen, wie der weitere Verlauf sein wird. Zu Details kann ich keine Auskunft geben, da ich in die Prozesse der Gremien im Hintergrund nicht involviert bin. Erfreulich hervorzuheben ist die U23 im Verein, in die wir vor der Saison viele U19 Spieler hochgezogen haben, damit sie wertvolle Erfahrungen im Herrenbereich sammeln können. Step by Step sollen die Jungs in den Kader der ersten Mannschaft aufgenommen werden. Jakob Hartl ist hier beispielhaft anzugeben, ihm traue ich für die Zukunft einiges zu. Ebenso einem Xaver Steger, der leider verletzungs- und berufsbedingt kürzer treten musste. Großer Dank hier an Marco Rackl, Sepp Kastl und Daniel Rosenhammer, die dies alles ermöglicht haben.



Was ist deine persönliche Einschätzung; Kann der Karren nochmal aus dem Dreck gezogen werden?
Der Verein, das Umfeld und die Spieler hätten es verdient. Ich würde es mir sehr wünschen, wenn die Mannschaft zusammenbleibt. Es ist immer eine Freude, den Jungs beim Training und Spiel zuzusehen. Es kommt meines Erachtens sehr darauf an, wer den "Lead“ in der Vorstandschaft übernimmt. Ich würde mir eine Person wünschen, die in der momentanen Situation Vertrauen zu Spielern, Sponsoren und Fans herstellt und eine Art Aufbruchstimmung erzeugt.


Du persönlich warst viele Jahre als Trainer tätig, bist seit geraumer Zeit im Besitz der Trainer A-Lizenz. Würde es dich kurz- oder mittelfristig jucken, wieder als Coach anzugreifen?
Als ich vor ein paar Jahren davon gesprochen hatte, eine Pause einzulegen, war dies auch meine volle Absicht. Nach einer sehr langen Zeit im Fußballgeschäft geht das, zumal wenn man beruflich stark eingespannt ist, irgendwann an die Substanz. Ich war ehrlich gesagt amtsmüde. Und eine Pause bedeutet nicht, mal drei Wochen abzuschalten und sich dann wieder auf zum nächsten Verein zu begeben. Dass sich daraus eine längere Abwesenheit ergab, lag zum einen am hohen beruflichen Pensum und zum anderen auch daran, dass ich durch meine Tochter wieder angefangen habe, Tennis beim ESV Deggendorf zu spielen. Zwischenzeitlich habe ich aber alle UEFA-A-Level Fortbildungen besucht, um auf dem neusten Stand zu bleiben und die A-Lizenz zu verlängern. Durch meine Tätigkeit als FCK-Sportchef wurde mir nun auch die Möglichkeit gegeben, die andere Seite kennenzulernen und wichtige Erfahrungen mitzunehmen. Mir lagen interessante Angebote als Trainer vor, die ich jedoch abgelehnt hatte, da ich mit dem FCK etwas erreichen wollte. Ich habe mit einem reduzierten Budget eine Identität stiftende FCK-Mannschaft zusammengestellt, in der einer für den anderen da ist und die sportlich erfolgreich ist. So soll es sein und darauf bin ich sehr stolz. Leider ist durch die Insolvenz der GmbH eine aktuell unplanbare Situation entstanden. Die letzten Wochen haben sehr viel Kraft und Energie gekostet. Ich denke, dass der Club in dieser Phase einen Sportchef braucht, der täglich vor Ort sein kann. Viele neue Dinge wurden eingeführt und mein Nachfolger kann darauf aufbauen und viele Sachen weiterführen. Ich würde mir wünschen, dass der Weg weiter mit jungen, hungrigen Talenten aus der Umgebung fortgesetzt wird. Ich kann mir durchaus vorstellen, wieder als Coach anzugreifen. Ebenso schließe ich ein Engagement als Sportchef nicht aus. Wenn alles zusammenpasst, geht es oft sehr schnell. Ich habe mich in den letzten Jahren weiterentwickelt und sehe manches anders als früher. Eins ist aber gewiss: Für mich war und ist Fußball immer mehr als nur die schönste Nebensache der Welt.

Aufrufe: 012.4.2023, 10:00 Uhr
Thomas SeidlAutor