2024-05-02T16:12:49.858Z

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Bodo Nusser, Trainer des Kreisligisten TSV Peißenberg, in der Saison 2019/20.
Bodo Nusser, Trainer des Kreisligisten TSV Peißenberg, in der Saison 2019/20. – Foto: Andreas Mayr

Boder Nusser mit 67 Jahren gestorben - „Der Erfolg war ihm das Wichtigste“

Das Oberland trauert um eine Fußball-Institution

Er war eine Fußball-Institution - als Spieler wie als Trainer. Jetzt ist Bodo Nusser gestorben, er wurde 67 Jahre alt.

Polling – Erst kürzlich, als Willi Schmidt mit dem Auto an der Abzweigung nach Polling vorbeifuhr, hat er an Bodo Nusser gedacht. Mensch, den Bodo müsse er unbedingt mal wieder anrufen, wo sie doch während der Fußballsaison regelmäßig ratschen, manchmal stundenlang. Es gab stets viel zu plaudern. Zu gerne hätte Bodo Nusser mit seinem alten Spezl nochmals eine Mannschaft übernommen.

Gemeinsam mit Willi Schmidt wollte er noch einmal eine Mannschaft übernehmen

Das war sein großer Wunsch. Die beiden aus der Ü60-Fraktion mit den ganzen jungen Hupfern, was wäre das für eine nette Geschichte geworden. „Uns zwei Alten will doch keiner mehr“, witzelt Willi Schmidt. Die Geschichte fällt ihm ein, wie er über seinen Freund räsoniert. Angerufen hat er ihn nicht mehr rechtzeitig. Vergangenen Woche starb Bodo Nusser im Alter von 67 Jahren. „Ich hab’ am Sonntag gehofft, dass das eine schlechte Meldung ist“, sagt der Peißenberger. Ein Satz, der die tiefe Trauer bei Familie, Freunden und der Fußballgemeinschaft ausdrückt.

Für Fußball in den unteren Klassen ließ er auch Spiele des FC Bayern sausen

Der Fußball, sagt Nussers Sohn Christopher, „war sein ein und alles“. Großartige andere Hobbys brauchte der Mann nicht, mit Ausnahme des jährlichen Skiurlaubs samt Gattin in Frankreich. Wenn Nusser nicht gerade selbst eine Mannschaft trainierte, sah man ihn Samstag und Sonntag an den Plätzen der Region. Die lokalen Klassen zog er sogar dem FC Bayern München vor. Zwei Jahreskarten für die Allianz-Arena blieben öfters ungenutzt, sagt sein Sohn. „Er hat sich lieber Amateurfußball angeschaut. Fußball war seines.“

Ein Zusammenprall mit dem Torpfosten beendet seine Karriere bei 1860 München

Mit welchem anderen Sport hätte er auch anbandeln sollen, wo er doch nur ein paar Meter entfernt vom Grünwalder Stadion in München, dem Tempel der Löwen, aufwuchs? Jugendjahre im Nachwuchs von 1860 sowie in der Bayern-Auswahl machten aus ihm einen variablen Defensivmann mit feiner Technik, der im Grunde jede Position im Defensivbereich spielen, aber auch Tore schießen konnte. So erzählen’s die Leute, die ihn spielen sahen. Heutzutage wäre er ein „Box-to-Box-Spieler“ gewesen, sagt sein Sohn, ein Mittelfeldmann, der gleichermaßen Aufgaben in Angriff wie Abwehr übernimmt. Aus einem Zusammenprall mit dem Torpfosten – damals noch eckig statt rund – resultierte eine schwere Rückenverletzung, die seine Karriere bei 1860 beendete.

Bodo Nusser (links) spielte mit der SpVgg Unterhaching in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts um den Aufstieg in die Zweite Liga.
Bodo Nusser (links) spielte mit der SpVgg Unterhaching in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts um den Aufstieg in die Zweite Liga. – Foto: Privat

Nach einem kurzen Stopp mit seinen Jugendfreunden bei Alemannia München lotste ihn „Löwen“-Legende Peter Grosser nach Unterhaching. Praktisch sein ganzes Fußballerleben verbrachte er dort. Stieg von der Bezirksliga bis in die Bayernliga auf, spielte in Aufstiegsduellen zu Liga zwei, lernte seine Frau in der Gaststätte neben dem Sportplatz kennen, die ihre Eltern betrieben. Gefeiert wurde dort teilweise bis in den Morgen hinein, bis die ersten Gläubigen zur Morgenmesse Richtung Kirche vorbeizogen.

In der Zeit traf er auch auf Willi Schmidt, damals in Starnberg aktiv. An die Duelle in der Landesliga kann sich Schmidt zwar nicht mehr erinnern, der Bodo aber habe noch alles gewusst. „Er war ein großartiger Anekdotenerzähler“, schwärmt Willi Schmidt. Persönlich lernten sie sich erst näher kennen, als sich ihre Trainerkarrieren kreuzten, draußen auf dem Land.

Er rief bei Thomas Müllers Mutter an, um sie von einem Wechsel ihres Sohnes zu den Bayern zu überzeugen

Beim Fotogroßhandel Dinkel in München hatte Nusser eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Der Chef damals unterstützte seine semi-professionelle Karriere als Fußballer in Haching. Diese Haltung übernahm Nusser. Sobald er Potenzial bei Spielern sah, riet er ihnen, es höherklassig zu versuchen. „Ihm war wichtig, dass sie Erfahrungen machen, die ihnen ein Leben lang bleiben.“ Thomas Müllers Mutter rief er zehn, 15 Mal an, um sie von einem Wechsel ihres Sohnes nach München zu überzeugen. In Polling baute Nusser seinen eigenen Großhandel für Foto und mehr auf – und stieg recht bald ins Trainergeschäft ein. 1992 sprang er in Polling als Spielertrainer ein. Beim SVP zog er später auch die starken Jahrgänge um Sebastian Gößl, Michael Schöttl und Co. von der E- bis zur B-Jugend hoch. Stets an seiner Seite: Sohn Christopher. „Uns hat’s immer nur im Doppelpack gegeben“, sagt er.

Er wollte immer aufsteigen. Der Erfolg war ihm das Wichtigste.

Christopher Nusser, Sohn von Bodo Nusser

Bodo Nusser war zu finden, wo es Potenzial gab. Er war kein Trainer fürs Mittelmaß. „Er wollte immer aufsteigen. Der Erfolg war ihm das Wichtigste“, sagt sein Sohn. Und zwar der Erfolg mit jungen Spielern. In Polling sprang er 2006 für die Aufstiegsspiele zur Kreisliga für den erkrankten Richard Hartmann ein – und stieg auf. In der Saison 2014/15 führte er den SVP zurück in die Kreisklasse, trotz Rückstands im Winter auf den TSV Peißenberg, den Spezl Willi Schmidt coachte. Die beiden glichen Feuer und Wasser. Schmidt war der Emotionale, Nusser der Rationale, den es nie in die Öffentlichkeit zog. „Vielleicht haben wir uns deshalb so gut verstanden“, sagt Schmidt.

Kein schlechtes Wort über sein früheres Team Peißenberg

Im Training ging’s dem früheren Hachinger um den Spaßfaktor, den er reinbrachte. „Ihm war wichtig, dass alle an einem Strang ziehen“, sagt sein Sohn Christopher. Mit Peißenberg marschierte er von der A-Klasse bis in die Kreisliga durch. Obwohl die Zeit unglücklich mit der Trennung (und einer weiteren Station in Habach) endete, verlor er kein schlechtes Wort über das frühere Team, sah vielmehr das Potenzial für einen weiteren Aufstieg. Nun steht der TSV in der Aufstiegsrunde zur Bezirksliga. Ein Aufstieg würde Nussers Vermächtnis untermauern. Der Mann strebte immer nach dem Bestmöglichen.

Aufrufe: 011.2.2023, 07:30 Uhr
Andreas MayrAutor