2024-04-30T13:48:59.170Z

Ligabericht
Lange Gesichter waren bei Viktoria Kahl in der Bayernliga - leider - Alltag.
Lange Gesichter waren bei Viktoria Kahl in der Bayernliga - leider - Alltag. – Foto: Mario Wiedel

Bayernliga - es war einmal (3): »Wie die Jungfrau zum Kind«

Viktoria Kahl - und eine Saison, die nicht nur den Unterfranken für ewig in Erinnerung bleiben wird

Bayernliga – allein dieser Name löst Emotionen aus, gilt doch diese Spielklasse als Sehnsuchtsort schlechthin. Lange Jahre war sie die höchste Amateurliga Bayerns, seit 2012 muss sie der Regionalliga den Vortritt lassen. Aber auch die vergangenen elf Jahre haben unzählige Geschichten zu erzählen. FuPa wirft in unregelmäßigen Abständen einen Blick auf die Absteiger der einzelnen Spielzeiten. Was ist aus den Vereinen, die sich nach unten verabschieden mussten, geworden? Bayernliga - es war einmal. Teil 3: Saison 2019/21.

Diese Spielzeit ist eine, die für immer in Erinnerung bleiben wird - nicht nur im unterfränkischen Kahl, sondern im gesamten Amateurfußball des Freistaates. Eine Saison, die zwei Jahre dauert und auch dann noch abgebrochen werden musste: Das inzwischen allseits berühmt-berüchtige Virus machte das möglich. Und so gelang Viktoria Kahl das Kunststück, mit nur zwei Siegen und neun Punkten 24 Monate die 5. Liga halten zu können. Aber der Reihe nach...

"Wir sind zur Bayernliga gekommen wie die Jungfrau zum Kind", erinnert sich Fritz Will, der seit 35 Jahre 1. Vorsitzender von Viktoria Kahl ist. Seine Worte etwas ausführlicher erklärt: Die Unterfranken gehörten zwar zum Inventar der Landesliga, die Bayernliga aber dennoch meilenweit entfernt. In der Aufstiegsaison 2018/19 war die Truppe von Trainer Nils Noe Teil des erweiterten Spitzenfeldes. Auf dem 2. Platz, der die Aufstiegs-Relegation bedeutete, konnte man aber erst zum Ende der Saison springen.

"Es ging dann gegen Jahn Forchheim, ein etablierter Bayernligist. Wir dachten uns: Na gut, nehmen wir die Einnahmen mal mit", blickt Fritz Will zurück. Das Ende vom Lied: Kahl schupste den Traditionsverein in die Landesliga (4:0; 2:4) - und stieg selber auf. Die Bayernliga war für die Truppe um den erfahrenen Kapitän Gabriel Akman eine Herauforderungen im dreifachen Sinne. Da war zum einen die logistische Hürde. Am äußersten westlichen Zipfel Bayerns gelegen bedeuteten Spiele in Vilzing oder Cham fast schon Wochenend-Ausflüge. "Der Aufwand war enorm, eigentlich zu groß", stellt Vereinsboss Will fest.

Auch in sportlicher Hinsicht waren Kresovic, Rachor & Co. der 5. Liga nicht gewachsen, was den Verantwortlichen bereits im Vorfeld klar war. "Wir wollten den Verein nicht in finanzielle Schwierigkeiten bringen, deshalb haben wir auf die Aufstiegsmannschaft gesetzt." Diese war aber - so ehrlich muss man sein - heillos überfordert. Stichwort: Jungfrau. Der Beleg dafür: Herbe Klatschen u.a. gegen Eltersdorf (0:9), Abtswind (2:7), Ammerthal (1:6) und Ansbach (1:8). Die Bilanz am Ende: 21 Spiele, 2 Siege, 3 Remis, 16 Niederlagen, 19:69 Tore, 9 Punkte.

In Folge eines Unwetters war der Sportplatz von Viktoria Kahl lange Zeit nicht bespielbar.
In Folge eines Unwetters war der Sportplatz von Viktoria Kahl lange Zeit nicht bespielbar. – Foto: Andre Kasiow

Dass Viktoria Kahl postwendend zurück muss in die Landesliga, war also irgendwie frühzeitig klar. Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt. Denn da war ja noch das dritte Erschwernis: Die höhere Gewalt. Erst suchte Kahl im Herbst 2019 ein Unwetter heim - Fritz Will spricht sogar von einem "Hurrikan". Die Folge: Der Sportplatz war komplett verwüstet. "Der Schaden belief sich auf 100.000 Euro - auf 35.000 Euro davon sind wir sitzen geblieben."

Nach dem einige Heimspiele ausfielen, und dann auf dem Platz des Lokalrivalen gespielt werden musste, kam Corona - und der damit verbundenen, bestens bekannte Wahnsinn. Letztendlich wurde die Saison abgebrochen. Kahl lag zu diesem Zeitpunkt auf dem letzten Rang, der Quotient sorgte am Ende endgültig dafür, dass die Viktoria zurück muss in die Landesliga. Karlburg, Sand und die DJK Bamberg blieben direkt drin, weil die Relegation ausgesetzt worden ist. "Ja, diese Art und Weise des Abstieges war bitter", gibt Fritz Will zu. "Aber wir haben gemerkt, dass es einfach nicht reicht. Man muss ehrlich sein: Wir wären auch unter normalen Umständen abgestiegen."

Nicht nur wegen der Umstände wird die eine Saison Bayernliga, die letztlich zwei Jahre waren, für immer in Erinnerung bleiben. "Das war eine unglaubliche Sache für unseren Dorfverein." Weil in Kahl das auch generell so gewesen wird, ist die weitere Entwicklung der Viktoria nur von außen betrachtet eine Schlagzeile. Denn der Club ist inzwischen Kreisligist innerhalb einer Spielgemeinschaft mit der DJK Kahl - "eine Fusion ist zudem absehbar".

Aber genau in dieser Rolle fühlen sich Fritz Will und Kameraden wohl. "Wir haben uns nach dem Sturmschaden wirtschaftlich konsolidiert, das heißt, der Verein steht auf gesunden Beinen. Und das ist zunächst einmal das Wichtigste." Und so ist man in Kahl angekommen auf Kreisebene, genauer gesagt in der Kreisliga Aschaffenburg. Es hat nicht wenige gegeben, die sich nach diesem Niveau, das mit überschaubareren Aufwand verbunden ist, gesehnt haben. "Das Umfeld ist damit zufrieden. Vielleicht klappt es ja wieder mal mit der Bezirksliga." Und das alles mit dem Hintergedanken, einmal Bayernliga gespielt zu haben. Eine Saison, die für immer in Erinnerung bleiben wird. Nicht nur in Kahl...

Aufrufe: 06.1.2024, 09:15 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor