Am Ende einer Saison gibt es viele Geschichten zu erzählen. Für die Kreisklasse B1 haben wir uns ein paar herausgepickt und schließen 2022/23 ab.
Während der FC Bayern München zeitgleich Borussia Dortmund die Bundesliga-Meisterschale vor der Nase weggeschnappt hat, gelang das Gleiche beinahe dem SV Sinsheim. Am letzten Spieltag empfing der Zweiten Spitzenreiter TSV Dühren zum Finale Furioso, das in Spannung gegenüber der Bundesliga in nichts nachstand.
Die Kreisstädter hätten einen Sieg benötigt, um sich die Krone aufzusetzen und bis in die Schlussviertelstunde des Duells sah es stark danach aus. 2:0 führten sie und das nicht unverdient – dann verloren sie die Spielkontrolle. "Als Trainer darfst du es nie sagen, aber gedacht habe ich zu diesem Zeitpunkt schon, dass wir es wieder verspielen", gab Dührens Spielertrainer Rico Unser hinterher zu. Adem Ayvatas, sein Trainerkollege aus Sinsheim brachte den weiteren Spielverlauf, als Dühren mit 3:2 in Führung ging, ehe die Gastgeber in der Nachspielzeit den 3:3-Endstand markierten, auf den Punkt. "Das ist eben Fußball."
Während auf der einen Seite Enttäuschung über die verpasste Gelegenheit herrschte, machte sich auf der anderen Seite ganz große Erleichterung breit. Der TSV hatte zum dritten Mal in Folge, 2020/21 wurde die Saison bekannterweise abgebrochen, die Favoritenrolle inne. Dass es dieses Mal geklappt hat und der Klub zusätzlich den Kreispokal gewann, entschädigte für zwei Jahre des Wartens. Nicht wenige trauen dem TSV Dühren auch in der Kreisklasse A eine gute Rolle zu.
Des einen Freud, ist des anderen Leid. Während in Dühren unmittelbar nach Saisonschluss die Feierlichkeiten beginnen durften und bis zur offiziellen Meisterfeier am 10. Juni anhielten, mussten die Sinsheimer in die Saisonverlängerung. Dort schlugen sie zuerst den TSV Neckarbischofsheim II, ehe Türk Gücü Sinsheim im großen Endspiel um den letzten Startplatz der Kreisklasse A 2023/24 wartete.
Das Finale, das gleichzeitig ein Stadtderby war und beim TSV Dühren ausgetragen wurde, entwickelte sich zu einem Krimi, wie er spannender nicht hätte sein können. Bis tief in die Nachspielzeit hinein sah der SV wie der sichere Sieger aus, ehe Türk Gücü in der 96. Spielminute das 1:1 gelang. Rund eine Dreiviertelstunde später standen die Sinsheimer bedröppelt da und mussten mitansehen, wie der A-Ligist nach gewonnenem Elfmeterschießen den Klassenerhalt feierte.
"Das ergibt einfach keinen Sinn", sagte Ayvatas. Für seine Schützlinge endete die Runde mit der größtmöglichen Enttäuschung. Ganz kurz vor dem Ziel wurden sie abgefangen und haben nun die mental unglaublich schwierige Aufgabe, sich für den erneuten Gipfelsturm ab August aufzumuntern.
Drei Punkte zum Zweiten und sechs Zähler zum Meister. Viel hat dem SV Grombach nicht gefehlt und er hätte als lachender Dritte für eine Sensation gesorgt. 72 von 90 möglichen Punkten sind dennoch ein famoser Wert für die Elf von Alexander Breunig, Detlef Liehs und Daniel Fröschle.
"Mit uns hat vor Rundenbeginn niemand gerechnet, wir wussten aber, wo es anzusetzen galt und das haben wir in der Vorbereitung gezielt getan", sagte Liehs gegen Ende der Vorrunde als sich herauskristallisierte, dass der SV tatsächlich ein Kandidat für ganz oben sein kann.
Mit der Verpflichtung des ehemaligen Landesligaspielers Matteo Dorn, der in Grombach Grundschullehrer ist, gelang ein Coup, der der jungen talentierten Truppe einen Leitwolf an die Seite gestellt hat. Zur kommenden Saison kommt mit Dominik Schneider ein weiterer Routinier zurück zu seinem Heimatverein. Dann dürften die Grombacher vieles sein, ein krasser Außenseiter aber ganz sicher nicht mehr.
Jahr für Jahr startet mehr als die halbe Liga in der Hoffnung oben reinschnuppern zu können. Letztendlich hat allen Teams von Rang vier bis zehn das gewisse Etwas gefehlt, um sich ernsthafte Chancen ausrechnen zu dürfen. Es müssen schlicht und ergreifend deutlich mehr als 20 Siege pro Runde gelingen und daran scheiterten eben jene Klubs.
Nicht gerade für sportliche Ausgeglichenheit sprechen die Torverhältnisse einiger Teams. Mit je 139 erzielten Treffern haben Dühren und Sinsheim Maßstäbe gesetzt, an die lediglich der SV Ehrstädt heranriechen konnte (122). Dessen Spielertrainer Julian Keitel sicherte sich mit 42 Treffen obendrein die Torjägerkanone, gefolgt von Dührens Dominik Schock (34) und Sinsheims Stefan Boger (30).
Alleine diese Zahlen geschossener Tore erscheinen eindrücklich, wenn da nicht die Gegentore der Kellerkinder wären. Ab Rang dreizehn (Türkspor Eppingen II) bis zum Sechzehnten und Schlusslicht Türk Gücü Sinsheim II blieben weniger als 100 Gegentore Wunschdenken. Ganz übel hat es die erstmals gestartete Spielgemeinschaft Tiefenbach/Östringen erwischt. Schier unglaubliche 224 Mal "klingelte" es in deren Kasten.
Bei solchen Statistiken muss man die richtigen Fragen stellen. Eine davon lautet: Warum kommt die Kreisklasse C nicht?
Mit der nötigen Vorlaufzeit sollte das im Interesse aller sein. Der Anfang wäre natürlich für einige unangenehm, schließlich kann man nicht einfach aus der B2-Staffel eine C-Klasse machen. Die eine oder andere "Erste" müsste zwangsläufig ganz unten starten. Nur irgendwann muss der erste Schritt gemacht werden und das besser heute als morgen.