2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
Heiko Walther. F: photoagenten/Axel Schmitz
Heiko Walther. F: photoagenten/Axel Schmitz

»Zu viele Spiele schaden Teamgeist«

HEIKO WALTHER SG Nieder-Wiesens Vorsitzenden beschäftigen die Englischen Wochen im Amateurbereich

Nieder-Wiesen. Fast über 100 Tage kein Spiel und sechs englische Wochen innerhalb eines Halbjahres: Den Fußball-B-Ligisten SG Nieder-Wiesen/Oberwiesen haben die Wetterabsagen im Winter hart getroffen. Heiko Walther, der Vorsitzende des Klubs, macht sich Gedanken dazu.

Herr Walther, die letzte Woche der Saison ist zugleich auch die letzte englische Woche der Saison. Endlich?

Ja, auf jeden Fall. Da muss ich mein Statement von März auch revidieren, als ich gesagt habe, dass das für uns kein Problem ist. Es bleiben einfach ein paar Dinge auf der Strecke, die das Ganze nicht einfach machen.

Was genau meinen Sie damit?

Das Hauptproblem ist: Es gibt infolge des eng getakteten Wettkampfspielplans keinen geregelten Trainingsbetrieb mehr. Du musst unter der Woche spielen und musst dich am Freitag im Training auf die Regeneration konzentrieren. Dadurch fehlt das Zwischenmenschliche. Die Teams in den unteren Klassen leben von der Kameradschaft. Die wird mehr im Training gepflegt. Da lacht man mehr, da hat man mehr Spaß. Außerdem kann man nicht an taktischen Dingen arbeiten.

Welche Folgen hatte das für Euch?

Das hat uns sechs bis zehn Punkte gekostet. Wir hatten Spiele gegen Albig oder Wendelsheim, die waren grauselig. Und kurz danach ist es zur Eskalation gekommen, als wir das Spiel gegen die SG Wiesbachtal absagen mussten. Da hatten wir nur neun Mann und haben die Lage kontrovers diskutiert. Bisweilen stellte sich die Situation für uns nahezu unlösbar dar. Verletzte Spieler und Spieler, die Spätschicht hatten, wären gebraucht worden, weil die Personaldecke unter der Woche extrem dünn war. Manche Fußballer spielten dann, obwohl sie das ursprünglich gar nicht wollte, trotz Nachtschicht auch mal eine Halbzeit. Da musst du Danke sagen, dass sie das machen.

Bevor die sechs englischen Wochen im Jahr 2018 starteten, gab es die umgekehrte Situation. Da durftet ihr wegen der Unbespielbarkeit des Platzes fast 100 Tage kein Spiel bestreiten. Wie haben Sie das erlebt?

Das war auch prekär, weil wir auch kein Testspiel machen konnten. Das erste Spiel gegen Dautenheim war schwer genug. Es hat sich aber als positiv herausgestellt, dass wir die Wintervorbereitung langsam angegangen sind.

Die Witterung warf in dieser Saison den Spielplan bei vielen Vereinen übern Haufen. Glauben Sie, das hatte Einfluss auf den Ausgang der Runde?

Sicherlich wären ein paar Punkte anders gelaufen, bei Sulzheim war zum Beispiel auch der Akku leer. Aber das ist nicht so ins Gewicht gefallen, weil wir mit dem TSV Gau-Odernheim II und der SG Wiesbachtal zwei dominierende Mannschaften in der Liga hatten. Es wäre aber schade und eine unbefriedigende Situation, wenn die Liga eng ist.

Könnte man das ändern?

Wir haben im Amateurbereich Zwänge, die nicht sein müssten. Sie entstehen durch den Wunsch nach einer Einheit von der höchsten Leistungsklasse bis zur Fußball-Basis. Warum orientieren wir uns denn an den Terminen des Deutschen Fußball-Bundes oder des Weltfußballverbands? Warum beeinflusst eine Weltmeisterschaft die Terminpläne in den untersten Fußball-Klassen? Warum entkoppeln wir uns nicht davon und spielen über Ende Mai hinaus? In der schönsten Fußball-Zeit, zwischen Mai und August, ruht der Punktspielbetrieb. Stattdessen stehen wir im Winter auf den Plätzen und frieren uns einen ab.

Weil es immer so war?

Muss es deshalb immer so bleiben? Mich rufen häufig ältere Leute an und fragen, warum wir so häufig unter der Woche spielen. Viele meiden den Fußball-Platz, wenn es abends dunkel ist. Wochenends kämen sie gerne. Aber da sind bei uns halt viele Spiele ausgefallen. Das ist aber ein Problem, das im Selbstverständnis des deutschen Fußballs begründet liegt. Die Klassenleiter trifft keine Schuld. Sie haben die Auflage, die Punktspielserie bis zum 27. Mai beendet zu haben.

Dennoch gibt es nun eine Idee, wie Sie den Spielüberhang im zweiten Wettkampfhalbjahr umgehen wollen Stichwort Rundenbesprechung ...

Wir erwägen in der Rundenbesprechung, zwei Vorschläge zu machen. Zum einen, dass wir als SG Nieder-Wiesen im März hauptsächlich Auswärtsspiele haben. Und zum anderen möchten wir anregen, dass die Liga im September und Oktober zwei oder drei Englische Wochen spielt. Das hätte zwei Vorteile: Wir würden die Schönwetterperiode länger ausnutzen und könnten Spiele in der dunklen Jahreszeit absetzen.



Zur Person

Heiko Walther (49) ist seit vier Jahren Vorsitzender der SG Nieder-Wiesen/Oberwiesen.Darüber hinaus trainiert der selbstständige Schornsteinfegermeister bis Saisonende die A-Junioren-Mannschaft von SW Mauchenheim. Zudem ist Walther als Schiedsrichter auf den Plätzen in Rheinhessen unterwegs.

Aufrufe: 026.5.2018, 13:00 Uhr
Nico BrunettiAutor