2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Beim 1. FC Bad Kötzting war Wolfgang Beller (links; gegen Chams Arthur Pongratz) nicht nur als Spieler aktiv - sondern später, in der Bayernliga, auch noch als Trainer.
Beim 1. FC Bad Kötzting war Wolfgang Beller (links; gegen Chams Arthur Pongratz) nicht nur als Spieler aktiv - sondern später, in der Bayernliga, auch noch als Trainer. – Foto: Beller

Wolfgang Beller - über den zweiten Bildungsweg ans Ziel

Niederbayerische Exportschlager: Wolfgang Beller - Teil 1 +++ Der 56-Jährige aus Mariaposching ist derzeit Gegneranalyst bei Bundesligist Augsburg

Wolfgang Beller ist alles andere als "nur" der kleine Bruder von Fußball-Tausendsassa Sepp Beller. Schon als Spieler hat der 56-Jährige im gehobenen Amateurbereich seine eigene (Erfolgs-)Geschichte geschrieben, deren i-Tüpfelchen aber zweifelsohne seine Zeit nach der aktiven Phase darstellt: Denn als früherer Co-Trainer an unterschiedlichen Bundesliga-Orten und seit einiger Zeit Gegneranalyst bei seinem Herzensverein FC Augsburg ist der gebürtige Mariaposchinger und ehemalige Verwaltungsfachangestellte im Profibereich angekommen. Im ersten Teil des Interview spricht der niederbayerische Exportschlager aber zunächst einmal über seine ersten Fußballer-Jahre...

Wolfgang, mit welchen Coach würde der Spieler Wolfgang Beller besser zurecht kommen? Mit dem Trainer Wolfgang oder Sepp Beller?
(lacht) Die Frage wurde bereits in der Vergangenheit beantwortet. Sepp war ja damals in Kötzting von 1989 bis 1992 mein Trainer. Wir sind gut miteinander zurecht gekommen, wenn es auch zum Schluss Differenzen gegeben hat (schmunzelt). Ich habe insgesamt von Sepp viel gelernt. Es steht aber auch fest: Unter mir als Trainer würde ich als Spieler besser aufblühen.

Warum?
Ich hätte als Spieler viel mehr Lob und Unterstützung gebraucht. Das war aber damals einfach nicht üblich. Heute ist das anders. Ich würde mich als modernen Trainer sehen und damit erkennen, welcher Spieler welche Ansprache benötigt - und darauf eingehen.

Der Spieler Wolfgang Beller würde also in der heutigen Fußball-Zeit besser funktionieren?
Auf alle Fälle.

Ein folgenschwerer Autounfall mit 18 Jahren



Wie würdest Du Dich mit etwas Abstand als Aktiver selber charakterisieren und beurteilen?
Schwer zu sagen. (überlegt) Ich war schnell, hatte einen guten Antritt und war spritzig. Auch Bälle konnte ich gut festmachen. Als Stürmer wäre ich aber heute eindeutig zu klein und deshalb wohl besser auf der offensiven Außenbahn aufgehoben. Spielerisch und technisch war ich gut. Ein großes Manko war meine Chancenverwertung. Ich hatte in jedem Spiel Torchancen - und oft hab ich kein Tor gemacht (schmunzelt).

Forderst Du als Trainer andere Dinge von den Spielern als Du damals selber geliefert hast?
Nein. Ich habe schon als Spieler wie ein Trainer gedacht. Soweit es möglich war, bin ich immer ans Limit gegangen. Und das fordere ich auch als Trainer. Leider war wegen eines Unfalls mein Körper aber eine riesengroße Baustelle.

Erzähl.
Ich hatte mit 18 Jahren einen schweren Autounfall, dessen Folgen mich eigentlich immer beschäftigt haben. Meine Leidenszeit ist damals losgegangen. Ich war praktisch immer verletzt, hatte große Probleme mit Sehnen sowie Muskeln und konnte deshalb mein Potenzial nie komplett abrufen. Es hat kaum eine Saison gegeben, die ich mal durchziehen konnte.



Zusammenfassend bist Du also mit Deiner Spielerkarriere alles andere als zufrieden?
Kann man vielleicht so sagen. Vielleicht wäre ohne Unfall mehr drin gewesen. Denn wenn ich fit war, war ich eigentlich immer Stammspieler. (überlegt) Irgendwie bin ich deshalb dann doch wieder zufrieden, wie alles gelaufen ist.

Während es Dein Bruder als Aktiver zum Profi gebracht hat, mischt Du auf dem zweiten Bildungsweg bei den Großen mit. Spürst Du deshalb Genugtuung Sepp gegenüber?
(lacht) Er hätte ja nur seine Trainerscheine machen müssen, dann hätte er es als Trainer auch in den Profibereich geschafft (lacht). Im Ernst: Sepp hat sich nach einer Profizeit als Spieler eher auf die sichere Seite verlassen und deshalb seinen Lehrerjob in den Vordergrund gestellt. Und Genugtuung? Nein, ich bin generell kein Mensch, der auf Genugtuung aus ist. Mich freut es, dass ich das erreicht habe, was ich erreicht habe.

Und Dich freut es auch, dass Sepp im ostbayerischen Amateurfußball einen großen Namen hat?
Absolut. Und wir haben ein prima Verhältnis. Wir fachsimpeln gerne über den Fußball.

Den niederbayerischen Fußball hat der 56-Jährige inzwischen aus der Beobachterrolle im Blick.
Den niederbayerischen Fußball hat der 56-Jährige inzwischen aus der Beobachterrolle im Blick. – Foto: Dirk Meier


Fragt er als Sportlicher Leiter der DJK Vilzing Dich nach Deiner Meinung über Spieler, die er verpflichten möchte.
Eigentlich nicht. Die Ausnahme ist aktuell vielleicht Jim-Patrick Müller, der ja während meiner Zeit beim Jahn auch dort gespielt hat. Er hat mich aber nicht explizit nach meiner Meinung gefragt, das hat sich eher einfach so ergeben.

Nochmal etwas weiter zurück in Deine Vergangenheit: Wie groß war bzw. ist der Schatten Deines zehn Jahre älteren Bruders? War es eine Bürde für Dich, dass er Dir auch altersbedingt immer einen Schritt voraus war?
Vergleiche hat es in unserer Familie ganz, ganz wenige gegeben. Sepp war immer schon ein Vorbild für mich. Er hat es ja in sehr jungen Jahren zum FC Bayern geschafft. Im Schüler-/Jugendbereich war ich im Gegensatz dazu ein Spätstarter, obwohl ich Talent hatte. Erst als ich mit 16 nach Deggendorf gewechselt bin, hat meine Karriere richtig begonnen. Aber nein, ein Vergleich war nie da.

Und auch keine doppelte Manndeckung durch die Gegner des Namens wegen?
Nein. Damals war es eigentlich nie ein großes Thema, dass Sepp in der 2. Liga spielt. Er war ja in Franken und Ulm aktiv. Und zur damaligen Zeit - ohne Internet und Soziale Medien - war das ewig weit weg. Generell war das mediale Interesse am Fußball noch nicht so groß wie heute. Deshalb haben es nur wenige mitbekommen, dass Sepp irgendwo im Profibereich spielt.

Im zweiten Teil des Exportschlager-Interviews spricht Wolfgang Beller über seinen Weg als Trainer, über sein (inzwischen nicht mehr vorhandenes) Verhältnis zu Markus Weinzierl und über seinen neuen Job als Gegneranalyst beim FC Augsburg.

Aufrufe: 09.2.2021, 12:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor