2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Edwin Heier (li.) visierte in jungen Jahren eine Profikarriere an.
Edwin Heier (li.) visierte in jungen Jahren eine Profikarriere an. – Foto: Daniel Thoma

"Vor meinem ersten Regionalligaeinsatz war ich bis morgens feiern"

Edwin Heier (Weißenseer FC) im Interview

Edwin Heier hatte im jungen Alter eine Profikarriere anvisiert. Er wurde unter anderem von Christian Titz trainiert, der als Trainer mit dem Hamburger SV aus der Bundesliga abgestiegen ist. Im Interview mit FuPa Berlin sprach der heute 26-jährige Zentrumspieler über seine Zeit in der Jugend des FC 08 Homburg, den verpassten Sprung zum Profi, die Philosophie von Christian Titz und seine zukünftigen Ziele im Berliner Fußball.

Moin Edwin, wie geht es dir in der aktuellen Zeit?
"Moin, mir geht’s ganz gut, danke. Ich kann meiner Tätigkeit als Sozialarbeiter nachgehen und mein Studium läuft sowieso komplett online. Daher kann ich mich gut ablenken. Natürlich fehlt es mir auf dem Platz zu stehen, aber ich denke da gibt’s einige, vor allem Kinder, die mehr unter der Pandemie leiden."

In deiner Jugendzeit spieltest du ab der U15 jedes Jahr in der Junioren-Regionalliga Südwest und in einigen Auswahlmannschaften. Hast du damals eine Profikarriere anvisiert?
"Welcher junge Fußballer träumt nicht davon? Trotz Angeboten von unter anderem dem 1. FC Kaiserslautern blieb ich bei meinem Heimatverein FC 08 Homburg und wollte unbedingt irgendwann mal Profi in der ersten Mannschaft werden."

Beim FC 08 Homburg durftest du dann schon als U19-Spieler beim Regionalliga-Kader mittrainieren und auch spielen. Wie sah damals dein Alltag aus?
"In meinem ersten U19-Jahr wurde ich für die letzten zwei Monate der Saison hochgezogen. Das war natürlich ein großer Moment, da man Jahre daraufhin gearbeitet hat. Die Mannschaft hatte da aber eine ziemlich schwierige Zeit und steckte im Abstiegskampf. Trotz allem konnte ich mich mit der Zeit ganz gut an das Tempo und das körperliche Spiel gewöhnen. Da oft zwei Mal am Tag trainiert wurde, vor allem in der Vorbereitung, war das schon eine neue Belastung. Man war eigentlich, bis auf eine kurze Mittagspause, von morgens bis abends am Stadion. Da blieb keine Zeit mehr für Freunde, Freundin oder andere Hobbys."

Waren deine Mitspieler zu dieser Zeit zum Teil schon Vollzeitfußballer?
"Ja, selbst zu Oberliga-Zeiten hatte der Verein eine reine Profimannschaft. In der Regionalliga steckte der Hauptsponsor dann sehr viel Geld in den Kader, um in die 3. Liga aufzusteigen. Da gab es schon einige Spieler, die ein gutes Zweitliga-Gehalt verdienten. Dadurch hatte man es als Jugendspieler, bei einem Verein, der jahrelang keinen Profi mehr aus der Jugend hervorgebracht hat, noch ein Stück schwerer."

Dein Trainer war Christian Titz, der mit dem Hamburger SV erstmalig aus der Bundesliga abgestiegen ist. Später war er auch noch bei Rot-Weiß Essen aktiv und seit wenigen Wochen ist er Trainer des 1. FC Magdeburg. Wie ist es für dich rückblickend, von einem solch bekannten Trainer gecoacht worden zu sein?
"Mir war ziemlich schnell klar, dass er seinen Weg als Trainer machen wird, da ich kaum jemanden kennen gelernt habe, der den Fußball so lebt wie er. Bei den Gegner-Analysen war es immer wieder spannend zu sehen, wie detailliert er die Schwächen des Gegners analysiert und Taktiken entwickelt hat, um diese auszunutzen. Christian Titz hat Dreiecke auf dem Spielfeld aufgezeigt, die für mich völlig neu waren."

Was war die Philosophie, die Christian Titz seinen Spielern und damit auch dir damals mitgegeben hat?
"Er wollte, dass die Mannschaft alles spielerisch löst, die Außenspieler immer an den außen kleben und bei Ballverlust immer ins Gegenpressing gegangen wird. Ihm war es sehr wichtig, dass der Spielaufbau beim Torwart anfängt und dieser quasi ein elfter Feldspieler ist. Was mir sehr im Kopf geblieben ist, dass Christian Titz in gewissen Situationen, in denen man keine Möglichkeit mehr hatte den Ballbesitz zu halten, einen kontrollierten Fehlpass hinter die Abwehrkette forderte, um dann in das Gegenpressing zu kommen."

Deine Zeit beim FC 08 Homburg endete dann aber. Warum?
"Rückblickend lässt sich sagen, dass ich zu der Zeit vom Kopf her zu unreif war und deshalb keine professionelle Lebensweise hatte. In der Nacht vor meinem ersten Regionalligaeinsatz beispielsweise, war ich bis in die Morgenstunden feiern. Mein Umfeld war nicht das Beste, allerdings war ich auch einfach nicht bereit alles dem Fußball unterzuordnen. Als ich keine Einsatzzeiten in der ersten Mannschaft bekam und fast nur noch in der U19 zum Einsatz kam, wollte ich im Winter wechseln und meine ersten Schritte im Männerfußball machen."

Du hattest dann ein Angebot der SV Elversberg, deren erste Mannschaft damals in der 3. Liga spielte. Die Reserve spielte in der Oberliga. Wieso hat das nicht geklappt?
"Der Plan bei Elversberg war, mich durch die zweite Mannschaft für die Profimannschaft zu empfehlen. Allerdings erfuhr mein damaliger U19-Trainer von meinem erfolgreichen Probetraining und war nicht sehr begeistert. Vor dem nächsten U19-Spiel warf er mir vor gesamter Mannschaft vor, das Team hintergangen zu haben und suspendierte mich auf unbestimmte Zeit. Daraufhin verhängte mir der FC 08 Homburg eine Transfersperre und damit hatte sich das erledigt. Ob das die richtige Reaktion gegenüber einem Spieler war, der jahrelang Spielführer der Jugendmannschaften war, sei mal so dahingestellt. Rückblickend war ich aber auch zu ungeduldig und hätte mich durch gute Leistungen in der U19 für die erste Mannschaft empfehlen müssen."

Über SVGG Hangard, SV Ludweiler, FSV Jägersburg und SF Köllerbach landetest du beim FC Auggen in der Verbandsliga Südbaden. Welche Erfahrungen konntest du dort sammeln?
"Auf Grund eines dualen Studiums verschlug es mich nach Südbaden. Die dortige Verbandsliga hat mich positiv überrascht, da sie spielerisch um einiges besser ist als die gleiche Spielklasse im Saarland oder Rheinland-Pfalz. Alle Vereine versuchen technisch guten Fußball zu spielen und haben in den meisten Fällen ein Stadion mit einem gepflegten Rasen. Leider kam ich durch meine berufliche Situation nicht zu mehr Einsätzen."

Du bist seit dieser Saison neu in Berlin. Was hat dich hierher verschlagen?
"Die Liebe. Zu meiner Freundin, aber auch zu dieser Stadt. Trotz der aktuellen Situation habe ich mich mittlerweile gut eingelebt und fühle mich hier sehr wohl."

Nun spielst du für den Weißenseer FC. Warum ist es bei der großen Auswahl der Berliner Vereine genau dieser Club geworden?
"Ich habe mir mehrere Vereine angeschaut und hatte auch die Möglichkeit in der Berlin-Liga unterzukommen. Allerdings hatte ich beim Weißenseer FC das beste Gefühl glücklich zu werden und bin nach wie vor sehr glücklich diese Entscheidung getroffen zu haben."

Hast du im Berliner Fußball nun noch Ziele oder möchtest du ausschließlich deinem Hobby nachgehen?
"Zunächst hoffe ich, dass wir bald auf den Platz zurückkehren dürfen und mit dem Weißenseer FC eine erfolgreiche Restrunde spielen. Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen. Was ich mir in 3-4 Jahren vorstellen könnte, wäre als Spielertrainer zu arbeiten, da mich die Trainertätigkeit sehr interessiert."

Wie unterscheidet sich der Berliner Fußball für dein Empfinden vom Fußball im Südwesten Deutschlands?
"Das kann ich leider noch nicht ganz beurteilen, weil ich coronabedingt noch nicht viel vom Berliner Fußball gesehen habe. Mein erster Eindruck ist aber, dass in Berlin mehr auf Kunstrasen gespielt wird und mehr Pils als Weizen getrunken wird. Zudem finde ich die Vielfalt der Berliner Vereine faszinierend."

Hast du abschließende Worte an unsere Leser?
"Bleibt gesund und bis hoffentlich bald auf den Berliner Sportplätzen!"

Spielerprofil: Edwin Heier

Aufrufe: 02.3.2021, 02:00 Uhr
Brian SchmidtAutor