2024-05-02T16:12:49.858Z

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Schott ist kein "Mainz 05 III", sondern hat seine eigene Philosophie, findet Lars Hermann. Beim Regionalligisten ist er momentan sehr zufrieden.
Schott ist kein "Mainz 05 III", sondern hat seine eigene Philosophie, findet Lars Hermann. Beim Regionalligisten ist er momentan sehr zufrieden. – Foto: stock.adobe/Schott.

Von Mainz, über Gonsenheim, auf die Schott

Serie - Teil 3: Lars Hermann über seine Zeit im NLZ, seine Karriere und Champions-League Spieler, sowie Nationalspieler aus seinem Jahrgang

Mainz. Lars Hermann ist Abwehrchef beim TSV Schott und spielte bis zu seinem neunten Lebensjahr bei der SG Johannesberg in Hessen. Bei einem Turnier sichtete ihn der 1. FSV Mainz 05. Bis zur B-Jugend spielte er dann bei den Mainzern, wurde dann allerdings mit der Begründung "zu langsam" herausrausgeworfen. Danach wechselte er zum SV Gonsenheim, bei dem er nach der A-Jugend noch zwei Jahre in der ersten Mannschaft spielte. Mittlerweile spielt Hermann seit drei Jahren beim TSV Schott in der Regionalliga und arbeitet als dualer Sportmanagement Student in der Geschäftsstelle des TSV. Zum Profi hat er es mit seinen 23 Jahren also (noch) nicht geschafft. Mit uns redet er über seine Zeit im Nachwuchsleistungszentrum beim Mainz, was in den Jugendmannschaften Druck bedeutet und mit welchem Nationalspieler und Champions-League Teilnehmer er damals zusammenspielte.

Training und Schule gleichzeitig

In seiner Anfangszeit bei Mainz 05 hatte Hermann dreimal die Woche Training, plus ein Turnier oder ein Spiel am Wochenende. Bereits in jungen Jahren fanden die Spiele und Turniere deutschlandweit statt. Teilweise auch in der Schweiz und in Österreich. Mit steigendem Alter kam dann auch noch eine vierte Trainingseinheit dazu. Zum Sport kam unter der Woche dann noch die Schule. Viel Freizeit blieb somit nicht. Einfluss auf seine Noten, hatte seine Zeit beim FSV aber nicht: "Man wird von Mainz 05, was das schulische Angeht, sehr unterstützt. Es gibt ja zum Beispiel die Partnerschulen IGS Mainz-Bretzenheim oder das Elly-Heuss Gymnasium, auf welchem ja auch Finn Dahmen war. Für mich kam das aber nie infrage, weil ich einfach so wenig Zeit hatte und die Zeit in der Schule wollte ich dann auch mit meinen Freunden nutzen. Meine Eltern und vor allem meine Mutter hat mich, was das schulische angeht, auch immer unterstützt und daher war das für mich eigentlich nie ein Problem. Auch Mainz 05 gibt der schulischen Ausbildung der Jungs einen sehr hohen Stellenwert. Bei Problemen kann man sich zum Beispiel Nachhilfe holen."

Fußballfamilie Hermann

Lars Hermann kommt aus einer Fußballfamilie. Seine Eltern, sein Bruder, seine Tanten und auch sein Opa haben Fußball gespielt. Somit träumte er schon als Kind von einer Profi-Karriere: "Natürlich habe ich davon geträumt Profi zu werden, aber mit steigendem Alter realisierst du natürlich auch, dass es nur eine bestimmte Anzahl an Leuten auch wirklich zum Profi schaffen."

Auch sein Bruder spielte eine Zeit lang für Mainz, schaffte den Sprung zum Profi aber verletzungsbedingt nicht. Hermanns Familie wusste also bereits, wie gewisse Abläufe beim FSV funktionieren. Sie wussten auch, dass das Nachwuchstraining ein großer Aufwand sein wird. Trotzdem entschieden seine Eltern nichts über seinen Kopf hinweg: "Mir wurde alles selbst überlassen. Die Entscheidung, ob ich das alles überhaupt machen möchte lag bei mir. Meine Familie hat mich immer unterstützt und ihnen war es immer wichtig, dass ich den Spaß am Spielen nicht verliere."

Konkurrenzkampf und Druck

Der Spaß am Spiel ist vor allem im jungen Alter das wichtigste. Trotzdem ist es bei einem Verein wie Mainz 05 üblich, dass Spieler das Team verlassen müssen, um Platz für neue Talente zu schaffen. Nur die Besten schaffen es bis nach ganz oben. Dementsprechend hoch ist natürlich auch der Konkurrenzkampf innerhalb des Teams. "Auch in jungen Jahren war mir bewusst, dass sich hier immer was im Team ändern kann. Wir wurden darauf auch schon früh eingestellt, dass es nach jeder Saison vorbei sein kann. Der Konkurrenzgedanke gehört für mich aber auch zum Sport dazu. Jeder möchte spielen. Trotzdem gilt zwischen auf und neben dem Platz zu unterscheiden. Auch bei Mainz kann man Freundschaften schließen. Nur weil man auf dem Platz konkurriert, heißt das nicht, dass man neben dem Platz nicht harmoniert", erklärt Hermann.

Neben dem Konkurrenzkampf spielt Druck natürlich auch eine Rolle. Stellt mich der Trainer auf? Bin ich gut genug, um es zu schaffen? Diese Fragen gehören nun mal dazu. Dafür gibt es bei Mainz Sportpsychologen und Psychotherapeuten, die die Jugendspieler betreuen und helfen können. In Fall von Hermann, gab es aber andere Ansprechpartner: "Mit Andreas Lemb und Thomas Eichmann hatten wir damals zwei super Trainer, mit denen wir über alles sprechen konnten, und die immer für uns da waren. Andreas Lemb ist mittlerweile auch bei Schott und wir unterhalten uns immer noch regelmäßig über früher."

Zwei Spieler aus Hermanns Jahrgang haben es gepackt

Wer mit dem Druck und der Konkurrenz umgehen kann, hat gute Chancen es mit dem nötigen Talent nach ganz oben zu schaffen. Aus Hermanns Jahrgang haben es zwei Spieler bei Mainz zum Profi geschafft. Die Namen dieser Spieler sind Finn Dahmen und Ridle Baku. Während Baku also dienstags und mittwochs für Wolfsburg in der Champions-League aufläuft und Finn Dahmen U21-Europameister ist, muss sich Hermann diese Spiele zu Hause im Fernsehen anschauen: "Klar will man da selber auch spielen, aber man muss einfach sagen, wenn es sich einer verdient hat, dann der Ridle. Bei ihm hat man schon von vorneherein gemerkt, dass er ein Riesentalent ist und ich gönne ihm das auch von ganzem Herzen. Er ist immer noch ein bodenständiger Typ, wie er es auch in der Jugend war. Wenn er spielt, fiebere ich natürlich auch noch mehr mit und freut sich einfach für ihn. Mit ihm war ich auch öfter in den Gastfamilien, wenn wir irgendwo in Bayern oder Hamburg ein Turnier hatten, oder im Hotel auf einem Zimmer."

Aus der Traum?

Hermann selbst hat den Sprung zum Profi nie geschafft. Er ist einer der vielen Jugendspieler, die den FSV frühzeitig verlassen mussten: "Natürlich spielten bei einem Rauswurf viele Faktoren eine Rolle. Man braucht immer Glück und Talent, aber auch den richtigen Trainer um weit zu kommen. Bei mir hat es, wie bei vielen anderen, nun mal nicht gereicht. Wir hatten jedes halbe Jahr ein Gespräch mit dem Trainer, indem über Stärken und Schwächen gesprochen wurde. In den jungen Jahren saßen meine Eltern bei diesen Gesprächen auch immer dabei. Das Gespräch war also immer ein offenes miteinander. Natürlich konnte ich mir in der Saison auch vor dem Gespräch schon denken, dass es eng werden könnte. In dem Jahr, als ich den Verein verlassen musste, hat der Verein sich zum Beispiel entschieden, einen neuen Spieler auf meiner Position zu verpflichten. Das war dann einer der Gründe, weshalb ich mir dann einen neuen Club suchen musste."

Gonsenheim top für die Entwicklung

Nachdem Hermann den FSV verlassen hatte, wechselte er nach Gonsenheim, wo er ab der U17 bis zu seinem zweiten Jahr bei den Herren blieb. Der Unterschied zwischen den Trainingseinheiten war für ihn vor allem in der Anfangszeit groß: "Nicht nur das Training war anders, sondern auch alles, was drum herum passierte. Ich hatte aber das Glück, dass ich bei Gonsenheim in der A-Jugend-Regionalliga spielen durfte und da spielen ja auch Jungs, die was drauf haben und manche von denen haben früher auch mal bei Mainz gespielt. Für meine persönliche und auch fußballerische Entwicklung hätte mir also eigentlich nichts Besseres passieren können." Obwohl seine Zeit bei Mainz vorbei war, hielt er weiterhin Kontakt zu Spielern und Trainern. In Bezug auf einen Rückwechsel wurde allerdings kein Kontakt hergestellt.

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Schott ist "nicht Mainz 05 III"

Vor zwei Jahren kann dann mit 21 Jahren der Wechsel zum Regionalligist TSV Schott. Auch dort traf Hermann auf viele Spieler, aber auch Trainer, die früher selbst in NLZ trainiert haben. Die Medien bezeichnen den TSV oft als einen Mainz 05-Klon, was aus Sicht von Hermann allerdings falsch ist: "Das ist eher eine Mediensache. Der TSV geht schon seit Jahren seinen ganz eigenen Weg. Nur weil unser Trainer. Sascha Meeth, früher im NLZ von Mainz als Trainer aktiv war, heißt das nicht, dass hier alles gleich ist. Wir haben unseren eigenen Spielstil und unsere eigene Philosophie. Wir sind nicht Mainz 05 III."

Obwohl Hermann bei Schott in der Regionalliga spielt, ist der Weg zum Profi dennoch immer noch weit weg. Mit steigendem Alter wird es außerdem immer schwieriger. Allerdings gibt es auch bei den Profis Beispiele, wie Miroslav Klose, die erst mit Mitte zwanzig den Weg in den Profibereich fanden. Für Hermann ist das also kein Grund aufzugeben: "Ich hätte eigentlich selbst nicht gedacht, dass ich nochmal Regionalliga spielen darf. Wir spielen teilweise ja schon gegen Profimannschaften, wie Offenbach oder der FSV Frankfurt. Sich gegen solche Verein, die mitunter Ex-Profis im Kader haben, messen zu können, macht einfach riesig Spaß. Ich gebe immer mein Bestes und entwickle mich auch immer noch weiter. Was in der Zukunft passiert weiß man nie. Ich muss aber auch nicht unbedingt Profi werden. Trotzdem soll man im Fußball niemals nie sagen. Auf die Suche nach einem neuen Verein begebe ich mich aber aktuell nicht. Dafür fühle ich mich hier einfach zu viel zu wohl."

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf, als auch neben dem Platz.

Die bisher erschienen Geschichten zum Nachlesen

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Alemannia Waldalgesheim)

- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)

Aufrufe: 01.1.2022, 15:00 Uhr
Simon SchwarzAutor