2024-05-28T14:20:16.138Z

Allgemeines
– Foto: paul@lsn.sarl (Archiv)

Vom Erstlizenzen-Referendum zum Wahlmodus der FLF

Das Ergebnis der FuPa-Umfrage ist bekannt, das des FLF-Referendums noch nicht: es versteckt sich aber mehr hinter dieser Abstimmung als „nur“ die Absenkung der Anzahl an Erstlizenzen. Das Wahlsystem der FLF scheint zusehends zu einem Ungleichgewicht der Macht zu führen

Bis vergangenen Samstag konnten unsere User und Follower abstimmen, wie sie zur Regel der sog. Erstlizenzen stehen. Bekanntlich möchte der Ligaverband LFL die Zahl dieser von sieben auf fünf reduzieren. Am Donnerstag lief die Frist bei der FLF ab, binnen der die dem Verband angegliederten Fußballvereine per Referendum bindend zu diesem Thema abstimmen konnten. Das Ergebnis des FLF-Votums liegt uns noch nicht vor, klar ist hingegen die Umfrage auf FuPa ausgegangen, wobei wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese nicht als repräsentativ einzuordnen ist. Das Referendum der FLF verbirgt dabei ein ganz anderes, eigentlich wichtigeres Thema: das der Stimm- bzw. Machtverhältnisse der Vereine innerhalb des größten luxemburgischen Sportverbandes. Dies sprach Christian Weis, Vorsitzender des FC Jeunesse Biwer, bereits vergangenes Jahr während seiner Rede im Rahmen des Verbandskongresses in Weidingen an. Mit ihm haben wir uns Mitte der Woche ausführlich zum Thema unterhalten.

Die FuPa-Umfrage

Dass FuPa seine Basis eher bei den Vereinen von der Ehrenpromotion bis in die 3.Division hat, dürfte kein Geheimnis sein. Im lockeren Gespräch mit Biwer-Präsident Weis munkelten wir, dass wahrscheinlich genau diese Basis größtenteils der entspricht, die Biwer und ein paar weitere Vereinsvertreter, darunter Christian „Sémé“ Semeraro (Folschette), Bob Scholer (Itzig), Jean-Marie Mossong (Gasperich) und Jim Rickal (Böwingen) zur Gründung eines neuen „Groupement des divisions inférieurs“ anregen wollen. Was nun die von FuPa durchgeführte Umfrage zum Thema „1ères licences“ betrifft, ist das Ergebnis sehr deutlich. Entgegen dem FLF-Referendum stellte FuPa dabei weitere Optionen zur Auswahl, nämlich neben dem Beibehalten von sieben Erstlizenzen auch die komplette Abschaffung oder gar die Erhöhung dieser Quote. 375 Stimmen wurden abgegeben, wobei fast die Hälfte unserer User sich wünscht, die aktuelle Zahl an Erstlizenzen (7) beizubehalten. 29 Prozent (108) würden die Zahl sogar erhöhen, was mehr sind als die Befürworter der Abschaffung oder der Reduzierung zusammen (22%, 92 Stimmen).

Es geht auch ums Geld

Gegner einer solchen Quotenregelung oder Befürworter einer Reduzierung der Erstlizenzen-Regel führen oft finanzielle Gründe an, weshalb das Reglement abgeschafft oder die Zahl reduziert werden soll. Die Rechnung ist simpel: Spielerinnen oder Spieler mit dem Statut „1ère licence“ werden teurer, da finanziell gut situierte Clubs diese mit monetären Anreizen zu sich locken, um ihre Quote bei der 1.Mannschaft zu erfüllen. So kommt es vor, dass der Sport in den Hintergrund rückt und anstatt z.B. in einer 1.Division Spielpraxis zu sammeln, setzen sie sich in höheren Ligen lieber auf die Bank. Auf der anderen Seite können und wollen kleinere oder finanziell schlechter aufgestellte Clubs das Wettbieten um „Quotenspieler“ nicht mitmachen und sind so zum Zusehen verdammt, wenn ihnen teils selbst ausgebildete Spieler wegen dem Geld abwandern. Wenige Vereine positionieren sich so klar wie der FC Marisca Mersch gegen die Aufweichung der Erstlizenzen-Regel. Mit einer auf der eigenen Website veröffentlichten Statistik belegt man, wie langfristige Jugendarbeit ihre Früchte auch in der Ehrenpromotion tragen kann.

Links die Erstlizenzen der Merscher Hinrundengegner (blau), rechts die des FC Marisca (gelb)
Links die Erstlizenzen der Merscher Hinrundengegner (blau), rechts die des FC Marisca (gelb) – Foto: FC Marisca Mersch

„Auch die Transfers von Bambinis ohne das Einverständnis des abtretenden Clubs wurden kritisiert“ erklärt Weis. Dabei geht es um das Einverständnis, nicht um eventuelle Transfersummen im Kinderfußball. „Hinzu kommt das Dilemma, dass bei den Frauen erste und zweite Mannschaften theoretisch mit teils unterschiedlichen Regeln in den gleichen Ligen spielen“. Nun ist es aber so, dass aufgrund des Wahlsystems der FLF die Mehrzahl der Vereine zusammen über weniger Stimmen verfügt als das „obere Viertel“, weswegen Änderungen von einer Minderheit der Vereine durchgebracht werden können. Und in dieser Hinsicht regt sich nun Widerstand, auch weil vom „Mutterhaus“ (der FLF) wenig Feedback zu den angesprochenen Themen kam. Weis: „Da sagten wir uns, dass wir uns selber darum kümmern werden“.

Ein heißes Eisen

Was Christian Weis und Co. nun anstreben, könnte einer kleinen Revolution im luxemburgischen Fußball gleichkommen. Es geht im Endeffekt um nicht weniger als die Wiederherstellung einer Machtbalance. „Es geht uns nicht darum, gegen eine FLF oder LFL zu arbeiten“ wiederholte Weis gegenüber FuPa seine Aussagen vom Kongress Ende Oktober letzten Jahres. Beim Gespräch stellt sich aber heraus, dass das Machtgefüge nicht mehr zu stimmen scheint. 28 Clubs (damals alle Mitglieder der BGL Ligue und Ehrenpromotion) sollen den Berechnungen der Initiatoren des neu zu gründenden „Groupement des divisions inférieurs“ zufolge mehr Stimmen besitzen als die restlichen 75 Mitgliedsvereine der FLF – die eigenständigen Futsal-Clubs ausgenommen. Dies kommt daher, dass jeder Verein eine Stimme pro gemeldeter Mannschaft hat. Somit verfügen Großvereine wie z.B. F91 Düdelingen oder Racing FC Union Luxemburg über viel mehr Gewicht als z.B. Weis’ Jeunesse Biwer, die nur über vier Stimmen verfügt. „Dann kommt noch hinzu, dass Stimmen von Entente-Mannschaften dem federführenden Verein zugestanden werden“ erklärt Weis ein auf den ersten Blick nicht so offensichtliches Problem. Wenn man dann aber weiß, dass Biwer jede Jugendkategorie besetzt hat, dies aber über eine Entente mit den Nachbarclubs Grevenmacher und Berburg, ohne aber federführend zu sein, bleiben nur die vier Stimmen von Seniors 1 bis 3 sowie der Frauen übrig.

Es klingt fast wie in der Geopolitik, wo es eine Machtbalance ist, die in Mittel- und Westeuropa für dauerhaften Frieden sorgte und noch sorgt. Auch wenn der Spagat zwischen Weltpolitik und dem luxemburgischen Fußball vielleicht ein zu großer ist, so soll er doch verdeutlichen, dass ein Ungleichgewicht, eine Konzentration der Macht auf bestimmte Interessengruppen, nicht gesund sein kann. Und ob ein solches Wahlsystem überhaupt legal ist, ist eine Frage die ebenfalls im Raum steht. „Tous les associés ont un droit de vote égal dans l'assemblée générale“ heißt es in Artikel 7 des asbl-Gesetzes. Man denkt deshalb darüber nach, ein juristisches Gutachten erstellen zu lassen, um Klarheit zu schaffen. Denn mit den neuen Regelungen, bei denen die Anzahl der Spielerinnen und Spieler pro Team im Kinderfußball reduziert werden, werden große Vereine mit vielen lizenzierten Kindern noch mehr Mannschaften melden können und entsprechend noch mehr Stimmen innerhalb der FLF erhalten, da diese im Verhältnis zu kleineren Clubs schlicht mehr Kinder betreuen.

Wie und wann kam die Idee auf?

Erstmals auf den Gedanken, wieder ein solches „Groupement“ einzuführen, kam man bereits im Anschluss an den Kongress der FLF 2020 in Useldingen. Damals wurde man sich erst spät richtig bewusst, worüber überhaupt abgestimmt wurde. „Wir hatten feststellen müssen, dass viele Clubs nicht richtig über die Themen aufgeklärt worden waren, über die sie abstimmten“ so Weis gegenüber FuPa. Diese Feststellung sollte schließlich die Ausgangsbasis bilden, sich auf die Beine zu stellen, um etwas aufzubauen. „Jeder von uns Fünfen (d.Red.: die zuvor genannten fünf Vereinsvertreter) nahm das Telefon in die Hand und hat acht, neun Clubs angerufen, um zu erfahren, ob diese bereit wären, bei einem solchen neuen ‚Groupement‘ mitzumachen“ erklärte der Präsident aus Biwer die weitere Vorgehensweise. Man möchte neben dem Thema der Stimmenverteilung auch andere Bereiche angehen, wie z.B. das Bündeln von „Standardaufgaben“, die oft und immer anfallen und in den einzelnen Clubs oft doppelt und dreifach durchgeführt werden, ohne dass dies sein müsste. Dies soll das Ehrenamt idealerweise entlasten. „Wir spürten, dass eine große Nachfrage da war, so ein Projekt auf die Beine zu stellen. Nach den Gesprächen mit den Clubs hatten wir eine Bestandsaufnahme und die meisten waren einverstanden, in diese Richtung zu gehen“. Die Realität sieht aber noch anders aus und einige Vereine, die telefonisch Interesse bekundeten, wohnten den zahlreichen organisierten Informationsversammlungen dennoch nicht bei. Weis stellt klar, dass man keineswegs - wie bereits weiter oben in diesem Artikel erklärt - gegen irgendjemanden arbeiten wolle, sondern nur im Sinne des Fußballs.

Die kommenden Wochen und Monate, spätestens bis zum nächsten FLF-Kongress, müssen nun zeigen, was aus dem angedachten „Groupement des divisions inférieurs“ konkret wird, wie sich der Verband FLF sowie der Ligaverband LFL positionieren werden. Wir hoffen, in den kommenden Wochen auch deren Sichtweisen zu einem Thema beleuchten zu können, das grundlegende Änderungen im luxemburgischen Fußball mit sich bringen könnte. Denn es kann nicht im Interesse des Fußballs sein, sich mittelfristig in Arm und Reich oder Groß und Klein zu spalten, dafür ist dieser Mikrokosmos im Großherzogtum doch zu klein und es kann nur gut funktionieren, wenn alle Akteure zusammenarbeiten.

Aufrufe: 023.4.2022, 10:30 Uhr
Paul KrierAutor