2024-04-29T14:34:45.518Z

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Die Saison steht vor einem Abbruch.
Die Saison steht vor einem Abbruch. – Foto: Thomas Rinke

Verbandspläne: Unfair? Zwei Filderclubs erwägen Protest

Quotientenregel beeinflusst Tabellen

Nach den Verbandsplänen zum Abbruch der Saison stehen einige Mannschaften als Verlierer da. Vor allem bei den Plattenhardter Frauen und Tunaspor herrscht Enttäuschung, während man in Sillenbuch gelassen bleibt – dies aus besonderem Grund.

Härtefälle seien nicht auszuschließen – das hatte der Württembergische Fußball-Verband (WFV) bereits vor ein paar Wochen angekündigt gehabt. Nun, da beschlossen ist, dass die Saison abgebrochen werden soll, ist klar, welche. Auf den Fildern etwa sind der SV Sillenbuch und Tunaspor Echterdingen zwar Tabellenführer, gehen aber wohl trotzdem nicht als Meister über die Ziellinie. Andere wie die Plattenhardter Frauen, der TSV Harthausen oder Kosova Bernhausen wollten in der Rückrunde vorne angreifen, erhalten jedoch keine Gelegenheit mehr dazu. Corona-K.o. im Aufstiegskampf. Oder etwa nicht? Während die einen bei aller Enttäuschung Verständnis zeigen, regt sich bei immerhin zwei Clubs Protest. Ein Stimmungsbild aus den Reihen der Verlierer.

SV Sillenbuch hätte auf Aufstieg verzichtet

Wobei: kann man von einem „Verlierer“ sprechen, wenn eine Mannschaft als krasser Außenseiter an die Tabellenspitze stürmt, ihr nun aber wahrscheinlich nur der zweite Abschlussplatz bleibt? Hans-Georg Spies, der Spielleiter des SV Sillenbuch, hat da eine klare Meinung. Diese lautet: „Nein!“ „Natürlich wären wir jetzt gerne auch Meister geworden“, sagt er, „aber ein Riesenerfolg ist unser bisheriges Abschneiden auch so.“ Sprich auch nach der Anwendung der vom Verband geplanten Quotientenregel, die seine Mannschaft von Rang eins auf zwei purzeln lässt. Der ursprüngliche Topfavorit TSV Plattenhardt zieht in diesem Fall vorbei, weil dann nicht mehr die absolute Punktezahl ausschlaggebend ist (33:32 für Sillenbuch), sondern der Punkteschnitt pro Partie (2,00:1,94 für Plattenhardt).

„Diese Regel ist die fairste Lösung“, findet Spies trotz eigener negativer Betroffenheit. Überhaupt hält er es für „komplett richtig“, die Saison abzubrechen. „Klare Kante zeigen. Alles andere würde keinen Sinn mehr machen.“

Freilich: das Sillenbucher Verständnis fällt auch um einiges leichter ob eines internen Hintergrunds. Die vergangenen Wochen der Corona-Krise hat man am Spitalwald genutzt, um sich konkreter mit dem Thema „Landesliga? Was wäre, wenn?“ zu beschäftigen. Das Ergebnis? „Ein Aufstieg wäre sowieso nicht in Frage gekommen“, sagt Spies. Der Verein hätte verzichtet. Finanziell und strukturell hatten die Verantwortlichen schon im März größte Bedenken geäußert gehabt, dass diese Herkulesaufgabe zu stemmen wäre. Inzwischen kamen laut Spies „zu viele personelle Unklarheiten“ hinzu. Sondierungsgespräche im Kader haben ergeben, dass nicht einmal die Hälfte aller Spieler sich in der Lage gesehen hätte, den erforderlichen höheren Zeitaufwand für Training und weitere Auswärtsfahrten einzubringen. Drei Leistungsträger, Marco Schlecker, Sascha Blessing (beide Karriereende) und Julian Kausch (Umzug nach München), hören sogar auf. Gleiches gilt für den Co-Trainer Tomislav Babic.

Tunaspor berät über weiteres Vorgehen

Auf weniger Gelassenheit stoßen die WFV-Absichten derweil andernorts. Auch dort herrscht Einigkeit: Saisonabbruch, ja. Welche sinnvolle Alternative gäbe es? Aber bei den Konditionen, da ist es mit der Zustimmung vorbei. Beispiel Tunaspor Echterdingen. Dem B-Kreisligisten erginge es genau so wie den Sillenbucher Kollegen: Auch die Türken büßten ihre Spitzenposition und damit ihr Aufstiegsrecht in Folge der Quotientenregel ein. Sie würden überrundet vom TB Untertürkheim II, der bei zwei weniger absolvierten Begegnungen bislang vier Punkte hinter ihnen liegt.

„Wir werden am Samstag in einer Sitzung mit dem Vorstand darüber beraten, was wir tun“, sagt der Trainer Fikret Boffo. Die Tendenz geht dahin, die bittere Pille nicht einfach zu schlucken. Die Echterdinger erwägen, Einspruch einzulegen. „Wir haben die mit Abstand meisten Tore geschossen, wir waren super drauf. Jetzt wäre plötzlich die ganze Arbeit umsonst“, klagt Boffo.

Plattenhardter formulieren Stellungnahme

Ähnlich ist die Gemütslage bei den Frauen des TSV Plattenhardt. Deren Coach Steven Riechers hat den Beschlüssen des Verbands mit „großer Spannung“ entgegengeschaut – und schließlich „konsterniert“ das Vorhaben registriert. Jenes verheißt: als Zweiter der Landesliga gingen die Seinen leer aus. Erneut kein Aufstieg, diesmal auch keine Relegation mehr wie noch vor einem Jahr, in welcher die Filderstädterinnen dann scheiterten. Heuer allein die Blechmedaille. „Gefühlt wird jetzt jeder belohnt, selbst Mannschaften, die in dieser Saison keinen einzigen Punkt geholt haben“, sagt Riechers in Anbetracht des wohl ausgesetzten Abstiegs, „nur Teams wie Sillenbuch oder wir aber nicht.“ Seine Einschätzung: „Wenn man von Fairness spricht, dann bitte für alle.“ Wünschen würde er sich, dass in dieser Ausnahmesituation auch die Zweiten aufsteigen dürfen. Eine entsprechende Stellungnahme will seine Abteilung an den Verband formulieren – im Wissen, dass die Erfolgsaussichten im Hinblick auf den außerordentlichen Verbandstag, der dann am 20. Juni final beschließen wird, eher gering sein dürften.

Die Realität dürfte sein, dass die aktuellen Investitionen in den Sand gesetzt sind. Ende Februar waren die Plattenhardterinnen extra noch im Trainingslager. Drei Tage Bad Kissingen. Kostenpunkt: 4000 Euro. „Wir waren in einer top Verfassung. Und ich bin sicher, dass wir Platz eins noch geknackt hätten“, sagt Riechers. Hätte, Konjunktiv.

Harthausen akzeptiert Abbruchentscheidung

Beim Ortsnachbarn TSV Harthausen weiß man jedenfalls, wovon die Rede ist. Stichwort Investitionen. Auch im Brandfeld haben die Verantwortlichen über die Jahreswende reichlich Anstrengungen unternommen, ihre Mannschaft für die Rückrunde in Angriffsstellung zu bringen. Mit dem Ex-Profi Srdjan Savic (SV Bonlanden) und Dennis Kattenberg (TSV Plattenhardt) hat der A-Kreisligist seinen Kader prominent aufpoliert. Dann, nach gerade mal einem Spiel 2020, kam Corona – und nun der besagte Verbandsbeschluss.

Heißt: die Harthausener bleiben Fünfter. Nur Fünfter. Für sie würde allein noch eine Fortsetzung der Saison etwas bringen – was der WFV ja als, wenn auch recht unwahrscheinliches, Alternativmodell eingebracht hat. Die Variante B: Beendigung der laufenden Runde auf sportlichem Weg, dies frühestens von September an. Letzteres jedoch halten selbst der Harthausener Verantwortlichen für „keine gute Idee“. „Wir sind enttäuscht. Aber wir akzeptieren auf jeden Fall die Abbruchentscheidung“, sagt der Abteilungsleiter Patrick Brosch, der im Februar die Nachfolge des unter internen Streitigkeiten geschiedenen Wolfram Bunz angetreten hat.

Bei Kosova Bernhausen bleiben alle an Bord

Brosch und den Seinen wird wohl nur eines bleiben: auf ein Neues in der nächsten Saison, wann auch immer jene dann beginnen kann. Zuvor müssen sie eine Reihe von Personalien klären, unter anderem die Trainerfrage. Ob Sascha Gavranovic weiter macht, ist laut Brosch noch offen. Immerhin in diesem Punkt ist der gleichfalls coronageplagte und abbruchgeschädigte A-Kreisligist KF Kosova Bernhausen schon einiges weiter. „Trainer, Spieler – alle bleiben“, sagt der Kosova-Fußballchef Shpetim Mushkolaj, dessen Team sich als Staffeldritter ausgebremst sieht.

Doch wie sagt Mushkolaj: „Auch wir sind enttäuscht, klar.“ Aber: „Hauptsache, es sind alle gesund. Irgendwie ist Fußball ja auch gerade nicht so wichtig.“

So viel zum Thema Härtefälle.

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Aufrufe: 015.5.2020, 12:15 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor