2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Kreisliga olé: Der TSV Bergkirchen hat den großen Coup gelandet und den sensationellen Aufstieg in der Relegation geschafft. FOTO: TSV Bergkirchen
Kreisliga olé: Der TSV Bergkirchen hat den großen Coup gelandet und den sensationellen Aufstieg in der Relegation geschafft. FOTO: TSV Bergkirchen

"Unbeschreiblich": Bergkirchens Aufstiegsheld im Interview

Marco Bläser über seine emotionale Saison

Bergkirchen stand Kopf: Der heimische TSV hatte vollkommen unerwartet die Relegation erreicht und dort den favorisierten ASV Dachau II in sein Schranken gewiesen. Der Vater des Erfolgs: Spielertrainer Marco Bläser. Im Vorort-Interview spricht er über Erfolg, Emotionen, Herz und Identifikation.

Glückwunsch zum Aufstieg, Marco! Die wichtigste Frage zuerst: Musstest du heute in die Arbeit?

Nein, ich habe mir frei genommen. - Urlaub auf Bedarf, das war ein Muss. Wir hatten eine Mega-Feier, wie man es sich erträumt. Die letzten sind um sieben Uhr morgens gegangen und um elf ging es weiter. Es war schließlich einiges zum aufräumen übrig, da haben die Jungs die Gunst der Stunde genutzt und den Grill wieder angeschmissen, außerdem war eines der Fäßer noch nicht leer.

Den TSV Bergkirchen hatte niemand so recht als Aufstiegskandidat auf dem Zettel. Was waren eure Erwartungen vor der Saison?

Ich kenne Bergkirchen ja schon aus meiner Kindheit, mein Vater war hier auch schon Trainer. Dadurch kannte ich auch die Vorstandschaft schon vorher. Bislang hat der Verein meist eher gegen den Abstieg gespielt. Bevor ich angefangen habe, habe ich aber klar gemacht, dass ich einiges ändern möchte. Ich wollte klare Strukturen schaffen und die Leute mit Aufgaben befüllen. Ich glaube, das hat ganz gut gefruchtet. Aber der wichtigste Punkt ist, dass das Herz hier immer da war, nur vielleicht ein klein wenig verloren - etwas frischer Wind hat da gut getan.

Ihr habt ohne Frage eine großartige Spielzeit hinter euch, ein kleines Tief musstet ihr trotzdem überstehen. Am 16. Spieltag standet ihr auf Rang fünf, wie habt ihr es dann geschafft einen so starken Schlussspurt hinzulegen?

Wir haben die gante Saison über sehr konsequent gespielt, aber in einer Phase gegen vermeintlich schwächere Teams Punkte gelassen. Da ist uns die Winterpause entgegen gekommen. In der Vorbereitung haben wir extrem viel getan, die Jungs waren unfassbar fleißig. Das hat dann dazu geführt, dass wir immer wieder Spiele drehen konnten. Das lag zum großen Teil am Selbstvertrauen, das wir uns erarbeitet hatten, aber sicherlich auch daran, dass wir mit die Fittesten der Liga waren. Die Leistung der Jungs war einfach unglaublich.

Eure Serie zum Ende hin war wirklich stark, aber das entscheidende Spiel gegen Lohhof II, mit dem ihr alles klar machen konntet, wurde zu einem absoluten Krimi. Wie viel Kopf war da mit auf dem Platz?

Das Spiel gegen Lohhof war definitiv nichts für die Nerven! Ich habe ja es mir ja auch lange von draußen angeschaut. Unser Problem war, dass es kein Spiel gab, bei dem wir sagen konnten: Das spielen wir heute locker runter. Die Jungs haben gegen Lohhof losgelegt wie die Feuerwehr, es wusste jeder, dass wir Großes schaffen können. Dann gehen wir 2:0 in Führung und müssten es eigentlich locker runterspielen. Aber dann ging es mit einem Sonntagsschuss los und plötzlich lagen wir 2:3 hinten. Ich habe den Jungs immer gesagt: Glaubt an euch, ihr könnt es immer schaffen und sie haben das Spiel noch vor der Pause zum zweiten Mal gedreht. Lohhof hatte sich nie aufgegeben, aber wir haben übers Herz bewiesen, dass wir uns die Relegation verdient haben.

Man sieht einige Parallelen zum anderen entscheidenden Spiel, eine Woche zuvor, gegen Petershausen. Auch die Partie habt ihr gedreht, du selbst einen Doppelpack geschnürt. Danach hattet ihr es selbst in der Hand, war dieses Spiel sehr wichtig?

Gegen Petershausen hatten wir einen Paradetag. Die Jungs haben immer daran geglaubt und alles rein gehauen. Am Ende habe ich es geschafft, zwei Tore in der Nachspielzeit zu erzielen. Das sind die schönsten Siege überhaupt. Wenn man solche Spiele gewinnt, gibt das nochmal einen extra Schub und vor allem gegen Petershausen habe ich mich besonders gefreut.

Du bist als Spielertrainer mit 17 Toren Toptorschütze im Team. Wie wichtig ist deine Rolle als Goalgetter für die Mannschaft?

Tatsächlich habe ich 18 Tore gemacht, eines hat mir der BFV aberkannt, aber das ist nicht so wichtig, denn die Mannschaft gehört da immer mit dazu. Ein Stürmer braucht schließlich Futter. Die Jungs wussten aber, dass wir immer ein Tor machen können und es nur wichtig ist, keines, oder zumindest eines weniger rein zu lassen. Mir war es von Anfang an ein Anliegen, die Abwehr etwas zu verbessern, weil wir in den Jahren zuvor ein paar Gegentore zu viel zugelassen haben. Deshalb haben wir das System umgestellt und jetzt am Ende der Saison die beste Abwehr der Liga. Die Jungs haben das sehr stark gemacht.

Die Relegationsspiele kamen dann relativ unverhofft. Wie seid ihr an das Duell heran gegangen?

Für uns war die Relegation allein schon Wahnsinn. Wir sind als absoluter Außenseiter angetreten. Der ASV hat eine super Mannschaft. Ihnen fehlt ein Knipser, aber als Team sind sie sehr stark. Es war klar, dass wir über den Kampf kommen müssen, Dachau ist spielerisch schon besser als wir. Ich habe den Jungs versprochen, dass wir es mit Herz schaffen können. Im Hinspiel war es uns vor allem wichtig, das Auswärtstor zu erzielen und so konnten wir mit dem 1:1 gut leben. Wir hatten auch super Fans dabei.

Das zweite Spiel habt ihr dann recht deutlich mit 3:0 gewonnen. Wie kam es zu dieser Leistungssteigerung?

Im Rückspiel habe ich den Jungs gesagt, dass sie die Möglichkeit haben, Geschichte zu schreiben und dass sie es sich einfach verdient haben. Dann haben sie 90 Minuten lang alles getan, was sie konnten und die Leistung war unbeschreiblich. Keiner hatte uns auf der Rechnung, jetzt ist es wie ein Märchen. Ein bisschen Glück gehört immer dazu, aber die letzten Wochen haben gezeigt, dass sich unsere Arbeit, die Extra-Schichten bei Schnee und Wetter, gelohnt hat. Vor allen Dingen hat am Ende aber das größere Herz gewonnen, so beschreiben die Relegationsspiele auch unsere ganze Saison recht gut.

Man hört heraus, dass der TSV Bergkirchen ein familiärer Verein ist. Rechnen wir zurecht mit sehr wenigen Änderungen im Hinblick auf die kommende Saison?

Bergkirchen ist eine verschworene Truppe. Keiner verdient hier Geld, das macht den Charm aus. Wir werden uns schon punktuell verstärken, den einen oder anderen Jugendspieler hochziehen, aber der Haufen bleibt zusammen. Jeder hat sich die Kreisliga-Saison verdient und ich bin einfach Mega Stolz auf die Jungs.

Für dich persönlich ist es der zweite Aufstieg. Wie fühlt es sich als Coach an?

Ein Aufstieg ist immer etwas ganz besonderes. Ich habe im Fußball schon einiges mitgemacht, aber dieser Verein ist etwas ganz Besonderes. Es ist völlig egal, ob man Regionalliga, Bayernliga oder sonstiges spielt, man merkt direkt wie viel dieser Aufstieg für den TSV bedeutet. Wir haben gestern eine Traktorfahrt gemacht und die Leute haben uns von allen Seiten zugejubelt. Alte Menschen haben getanzt und teilweise sogar geweint. Diese Identifkation ist einzigartig und etwas Großartiges. Vom ganzen Trainerteam, kann ich nur einen riesen Dank an alle Zuschauer und Anhänger schicken. Sie haben alles grandios organisiert: Fahnen, Bengalos, Pyrotechnik, das war wirklich unbeschreiblich.

Mit deinen 37 Jahren gehörst du nicht mehr zu den jüngsten Spielertrainern. Wie lange kann sich Bergkirchen noch über deine Buden freuen?

Ich habe schon im Winter verlängert. Ich wollte von Anfang an nicht nur für ein Jahr hier sein. Dabei schaue ich auch in keinster Weise aufs Geld, sonst wäre ich nicht beim TSV Bergkirchen. Natürlich wird man älter, aber ich werde versuchen der Mannschaft auch nächstes Jahr weiterzuhelfen. Wenn das nicht so hinhaut haben wir junge Hüpfer, die einspringen können. Irgendwann werde ich mich bestimmt zurückziehen und nur noch von der Seitenlinie beobachten. Bevor es ganz schlimm aussieht und ich mich wie alter Mann über den Platz schleppe, hänge ich die Schuhe auf jeden Fall an den Nagel. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall noch auf dem Platz stehen, dann muss man weiter schauen.

Aufrufe: 011.6.2018, 16:06 Uhr
Moritz Bletzinger - Fussball-VorortAutor