2024-05-17T14:19:24.476Z

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Nicht nur dabei, sondern mittendrin: Karl-Heinz Schrimpf (vorne). 	Foto: Michelmann
Nicht nur dabei, sondern mittendrin: Karl-Heinz Schrimpf (vorne). Foto: Michelmann

»So lange man mich will, mache ich weiter«

GL FULDA: +++ „Tausendsassa“ Karl-Heinz Schrimpf ist auch ohne Fahne in der Hand ganz nah dran am Spielgeschehen der SG Freiensteinau +++

Freiensteinau. „Kalle, wir wollen auswechseln.“ Wenn Trainer Heiko Breitenberger vom Fußball-Gruppenligisten SG Freiensteinau das Kommando gibt, dann holt der Zeugwart, Linienrichter und „Mädchen für alles“ an der Seitenlinie den Zettel raus. Karl-Heinz Schrimpf, der in Hosenfeld wohnt, übt das Amt schon vielen Jahre aus. Erst beim SV Nieder-Moos und seit elf Jahren in Freiensteinau. Der 49-Jährige gehört also zur Mannschaft hinter der Mannschaft.

Wenn es im Spiel manchmal nicht so rund läuft, würde Karl-Heinz Schrimpf sich selbst einwechseln. Da kommt es auch mal vor, dass er „rumtobt“. Er hat nämlich selbst Fußball gespielt. Als gebürtige Ober-Mooser hat er einige Jahre für den SV Nieder-Moos die Fußballschuhe geschnürt. Angefangen hat er aber erst in der A-Jugend, dann folgten zwei Jahre als Rechtsaußen in der zweiten Mannschaft. „Wir wurden damals mit der Reservemannschaft auch Meister“, berichtet Schrimpf. Nach seiner eher kurzen sportlichen Karriere hat er in Nieder-Moos zwölf Jahre lang als Linienrichter fungiert. „Das hat mir auch Spaß gemacht, aber eines Tages gab es kleinere Differenzen“, gesteht der Hosenfelder. „Geprüfte Schiedsrichter im Verein meinten, ich würde das nicht gut machen. Daraufhin habe ich den Posten niedergelegt und war nur noch als Fan auf dem Sportplatz. Aber eines Tages fragte mich Stefan Fuchs von der SG Freiensteinau, ob ich nicht rüberkommen will. Ich habe dann als Fan erst einmal die Fronten gewechselt“, erzählt der 49-Jährige. Es dauerte aber drei Jahre, bis er zum Einsatz kam. „Sie haben 2009 einen Linienrichter gesucht. Da haben sie mich gefragt – und ich habe zugesagt.“

Der verheiratete Familienvater hat drei Stiefkinder. Seine Frau Alexandra und Sohnemann Maurice begleiten „Kalle“ Schrimpf zu jedem Spiel. Alexandra wäscht auch mal die Trikots. Aber dafür gibt es eigentlich einen Waschplan, in dem Karl-Heinz Schrimpf Buch führt, welcher Spieler an der Reihe ist. Am Spieltag bringt er die Pässe mit. Der 49-Jährige gibt im Internet die Mannschaftsaufstellungen ein, druckt sie aus und verteilt sie an die Presse und den Gegner. Schrimpf kontrolliert nicht nur den Erste-Hilfe-Koffer auf Vollständigkeit, sondern spurtet (manchmal auch in Zeitlupe) auch auf das Spielfeld, wenn sich jemand verletzt hat. Und er versorgt die Mannschaft mit Getränken. Der Wasserkasten neben der Ersatzbank darf nie fehlen. Die erste Vorsitzende der SG Freiensteinau, Carmen Raschka, lobt Karl-Heinz Schrimpf für sein Engagement: „Kalle organisiert maßgeblich die Trikotwäsche der ersten Seniorenmannschaft und kümmert sich um den Spielbericht. Bis zu dieser Saison hat er das Winken an der Seitenlinie übernommen. Bälle, Pässe, Eiskoffer – es sind die vielen kleinen Dinge, die selbstverständlich erscheinen, aber sehr zum Gelingen beitragen.“

Vor der Saison hat Schrimpf seinen Job als Linienrichter verloren. Nach dem Aufstieg der ersten Mannschaft in die Gruppenliga sind dafür jetzt die Schiedsrichter-Assistenten zuständig. Der Herr über 100 Teile in seinem Koffer hat aber so noch genügend Aufgaben. Es kommt auch vor, dass seine Frau Alexandra mal die Wasserkisten oder die Bälle schleppt. Sie sind ein gutes Team, die Schrimpfs. Die guten Seelen im Hintergrund. „Wir gefällt der Umgang mit den jungen Spielern. Da fühle ich mich gleich selbst etwas jünger“, gesteht der Fan des VfB Stuttgart.

Eingestehen muss er sich auch – darüber kann er aber heute schmunzeln – ein eher nicht so schönes Erlebnis in seiner Funktion als Linienrichter: „Das werde ich nicht vergessen. Ein Schiedsrichter hat mich mal nach zehn Minuten des Sportgeländes verwiesen. Da stand ich noch für den SV Nieder-Moos an der Seitenlinie. Es war das Auswärtsspiel in Freiensteinau. Der Schiedsrichter hat meiner Meinung nach etwas einseitig gepfiffen. Ein Fan von Freiensteinau sah das auch so und sagte zu mir, der Schiedsrichter braucht wohl eine neue Brille. Genau diesen Satz habe ich laut hineingerufen. Daraufhin hat mich der Schiedsrichter vom Sportgelände geschickt. Er hat erst wieder angepfiffen, als ich die Treppe hochgegangen bin. Ich habe mich aber auf dem Balkon versteckt.“ Das war aber der einzige Zwischenfall. Ein Versprechen gibt er der SGF: „So lange es Spaß macht und man mich will, mache ich weiter.“. Apropos Spaß: Am 16. Mai wird Karl-Heinz Schrimpf runde 50 Jahre alt. Er hofft, dass ihm die Ausgehbeschränkungen durch das Coronavirus diese Feier nicht kaputtmacht.



Aufrufe: 05.5.2020, 08:00 Uhr
Rainer MichelmannAutor