2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Von Weltmeister Klaus Augenthaler höchstpersönlich bekam Robert Grätz (r.) 2011 ein Abschiedstrikot überreicht, als er beim SC Baldham-Vaterstetten seine aktive Karriere beendete. 
Von Weltmeister Klaus Augenthaler höchstpersönlich bekam Robert Grätz (r.) 2011 ein Abschiedstrikot überreicht, als er beim SC Baldham-Vaterstetten seine aktive Karriere beendete.  – Foto: privat

Robert Grätz, der Starnberger 323-Tore-Mann

Fußball

Was macht eigentlich Robert Grätz? Der Starnberger Merkur hat den ehemaligen Stürmer des FC Starnberg aufgespürt.

Starnberg – Als er vor elf Jahren seine Fußball-Karriere nach exakt 323 – von Papa Werner genauestens schriftlich festgehaltenen – Pflichtspiel-Toren, einer Reihe von Aufstiegen mit verschiedenen Vereinen und nach fünf Spielzeiten beim SC Baldham-Vaterstetten beendete, überreichte ihm Weltmeister Klaus Augenthaler höchstpersönlich das Abschiedstrikot. Im Frühjahr 2011 war endgültig Schluss für den gebürtigen Starnberger Robert Grätz, mittlerweile 48, der Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre als das große Sturmtalent der FT und später des FC Starnberg galt. „Augenthaler war mein Trainer in der Nachwuchsrunde bei den Bayern-Amateuren, und er hat damals in Vaterstetten gewohnt“, erklärt Grätz die Verbundenheit zur Bayern-Legende.

Der Stürmer spielte als Bub für den SC Percha, wechselte in der C-Jugend zur FT. Nach 55 Toren – 30 in der A- und 25 in der B-Jugend – unter Jugendleiter-Legende Günther Gruber sowie den Trainern Uli Butenschön und Franz Gruber startete er im Sommer 1992 bei Florian Hinterberger im Bezirksliga-Team, damals der Zweiten, offiziell der „Nachwuchsmannschaft“ des neugegründeten „Fusionsvereins“ FC Starnberg, seine Karriere im Herrenbereich. „Er war ein talentierter Spieler, beidfüßig, sehr schnell und torgefährlich. Ein sehr angenehmer, guter Typ“, erinnert sich Grätz’ damaliger Coach an den Youngster.

Für den FC Starnberg spielte Robert Grätz ein Jahr lang in der Bayernliga.
Für den FC Starnberg spielte Robert Grätz ein Jahr lang in der Bayernliga. – Foto: ebg

Nach elf Toren in der Bezirksliga zog ihn Hinterberger, der 1993 auf Karl-Heinz Finsterer als Cheftrainer der ersten Mannschaft folgte, zur Bayernliga-Mannschaft hoch. „Der Andras Tölcseres und ich waren die Jüngsten, aber auch die Schnellsten im Team“, weiß Grätz noch. Ein Jahr spielte er in der Bayernliga – mit Topfußballern wie Jürgen Täuber, Peter Weiser, Wolfgang Krebs, Harti Schmidt oder Dennis Grassow. Wer waren die Besten? „Mein Stürmer-Kollege Weiser war richtig gut. Und natürlich Täuber. Der Jürgen konnte uns Junge im Training schon mal richtig verarschen.“

1994 Wechsel zu den Amateuren des FC Bayern München

Acht Tore als 19-Jähriger in der Bayernliga – Grätz’ Talent sprach sich bis nach München herum. Nächste Station in der Saison 1994/95 waren die Amateure des FC Bayern in der neugegründeten Regionalliga. „Ein Angebot der Bayern kann man nicht ablehnen“, sagt Grätz. Mit seiner neuen Mannschaft und Stars wie Keeper Uwe Gospodarek, Weltmeister Hansi Pflügler, seinem Zimmergenossen Alexander Zickler (heute Co-Trainer in Mönchengladbach) oder Sammy Kuffour feierte der Starnberger im DFB-Pokal die größten Erfolge seiner Laufbahn: Siege gegen Werder Bremen, Chemnitz und den VfB Stuttgart sowie das unglückliche 1:2-Viertelfinal-Aus gegen den VfL Wolfsburg. „Das 7:6 im Elfmeterschießen gegen Stuttgart war sicher das Highlight meiner Karriere. Ich hätte den nächsten Elfer schießen müssen, aber Pflügler machte vor mir alles klar.“

Aus dieser Zeit stammt auch eine Anekdote, an die sich Grätz immer erinnern wird: „Wir hatten gerade Bundesligist Bremen den Titelverteidiger aus dem Pokalwettbewerb geworfen. Trainer Hermann Gerland kam dann in die Kabine und lobte uns in seiner unnachahmlichen Art: ,Jungs, das war ganz ok.‘ Das werde ich nie vergessen.“

Namhafte Trainer: Carsten Wettberg und Willi Bierofka

Auf die „Roten“ folgten Stationen bei bayerischen Topklubs, bei denen der Torjäger ebenfalls mit vielen Treffern glänzte: Unter Karsten Wettberg beim FC Augsburg in der Regionalliga (1995 bis Dezember 1996), bei Post Süd Regensburg in der Bayernliga (Januar bis Juni 1997), als Nachfolger von Ilhan Mansiz und Vorgänger von Cacau unter Bernd Weiß bei Türk Gücü München in der Landesliga (27 Tore von 1997 bis 1999) und unter Löwen-Legende Willi Bierofka beim FC Ismaning (1999 bis Dezember 2000), mit dem er in die Bayernliga aufstieg.

Vor 7000 Zuschauern verlor Ismaning im August 2000 im DFB-Pokal 0:4 gegen Dortmund. Grätz war nur Zuschauer: „Weil’s da mit den Verletzungen angefangen hat.“ Folge: Der Stürmer wechselte im Januar 2001 zum SV Nußdorf in die Bezirksliga: „Ich musste nur noch zweimal in der Woche zum Training fahren. Und aus dem geplanten halben Jahr wurden fünfeinhalb Jahre“ – mit 105 Grätz-Toren. „In Nußdorf war’s am familiärsten, die schönste Zeit im unteren Amateur-Bereich.“

Irgendwann wurde ihm die Fahrerei zu viel, aber er hatte immer noch Lust auf Tore. Mit 106 toppte der Torjäger seine Nußdorf-Quote beim SC Baldham noch um einen Treffer. Er stieg zweimal in Folge auf: von der Kreisliga in die Bezirksoberliga. Und dann war Schluss. Der Körper spielte nicht mehr mit: „Muskelbündelriss, dazu eine Verletzung nach der anderen, das war das Karriereende.“

Seit 17 Jahren lebt Grätz mit Lebensgefährtin Tine und Tochter Leni (7) in Stockdorf: „Ich bin dem Landkreis treu geblieben und geh’ da sicher nicht mehr weg.“ Er ist Banker bei der Consorsbank am Laimer Bahnhof und hat mit dem Amateurfußball nicht mehr viel am Hut. „Ich hatte die besten Trainer im bayerischen Amateurfußball, aber ich wollte nie selber Trainer werden, auch wenn Baldham mal angefragt hat.“

Kein Interesse mehr am Amateurfußball

Der Grund: „Es hat sich im Fußball so viel verändert, die Prioritäten haben sich verschoben. Früher sind wir gemeinsam im Vereinsheim gesessen und haben Karten gespielt. Heute starrt jeder nur noch auf sein Handy und macht ohne Rücksicht auf den Spielplan Urlaub. Mein Vater hätte mir bis Mitte 30 was erzählt, wenn ich während der Saison in Urlaub gefahren wäre.“ Der bekennende Bayern-Fan („schon immer“) ganz konsequent: „Mit dem Karriereende habe ich mit dem Amateurfußball abgeschlossen. Hie und da geh’ ich zwar noch zu Spielen, aber eigentlich interessiert’s mich nicht mehr.“

Die große Liebe des Ex-Fußballers galt neben beziehungsweise mit seiner Tine viele Jahre dem Strandleben in Thailand. „Wir waren über 20 Jahre jeden Winter in Koh Phangan, das war unsere zweite Heimat. Sogar die Leni war schon viermal dabei“, erzählt Grätz. „Aber wegen Corona ist jetzt erst mal Schicht. Dafür waren wir die letzten drei Jahre im Sommer in Kalabrien.“ Fußball und Reiseziele – im Leben von Robert Grätz hat sich viel verändert. Starnberg allerdings bleibt er treu: „Jeden Mittwoch ist Stammtisch beim Robert Scholler im Gasthaus zur Sonne. Das ist ein Pflichttermin seit 30 Jahren.“

Aufrufe: 016.1.2022, 10:57 Uhr
Thomas ErnstbergerAutor