2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Respekt vor dem Gegner, nicht vor der Liga

VL NORD: +++ Aufsteiger Bad Soden startet selbstbewusst in die Verbandsliga Nord +++ ,,Wir können in dieser Liga bestehen" +++

Bad Soden . Sead Mehic (40) kam, sah und wurde Meister: Seit dem Winter ist der Ex-Profi Trainer der SG Bad Soden, ein Pflichtspiel hat er mit seinem neuen Verein immer noch nicht verloren. Nicht einmal im Hessenpokal, wo mit einer Rumpfelf der Pokalcoup gegen Alzenau gelang. An diesem Samstag betritt Sead Mehic im Heimspiel gegen Rothwesten Neuland beim Debüt in der Verbandsliga Nord.

Was, Herr Mehic, wissen Sie eigentlich über die Verbandsliga Nord?

Ich glaube schon, dass ich einigermaßen gut informiert bin. Nicht zuletzt auch dank meines Co-Trainers Michael Weidner, der über sehr detaillierte Kenntnisse verfügt. Ich halte es jedenfalls für einen Fehler, wenn immer behauptet wird, die Nord sei technisch sehr viel schwächer als die Süd. Die Mannschaften kommen über Robustheit und Kompaktheit, das ist in allen drei Verbandsligen gleich.

Was erwarten Sie in der neuen Liga von Ihren Spielern im einzelnen und Ihrer Mannschaft insgesamt? Welche Herausforderungen gilt es nach dem Aufstieg zu bewältigen?

Wir haben in den letzten vier, fünf Monaten eine Entwicklung begonnen, von der ich mir wünsche, dass wir sie fortsetzen, und dass dazu insbesondere jene Spieler, die höherklassig Erfahrung gesammelt haben, ihre Führungsqualitäten noch stärker einbringen als zuvor. Von jedem einzelnen Spieler erwartete ich, dass er die Bereitschaft zeigt, eine Schippe draufzulegen. Denn, machen wir uns nichts vor: In der Gruppenliga waren viele unterfordert. Deshalb, weil es da stellenweise recht leicht war, ist auch besonders wichtig: Die Meistersaison ist abgehakt, die Erfolge der Vergangenheit zählen jetzt nicht mehr, darauf kann sich keiner ausruhen. Ich vermittle meinen Spielern aber auch: Habt Respekt vor dem Gegner, aber nicht so viel vor dieser Liga. Wir haben eine gute Mannschaft, die in dieser Liga mit Sicherheit bestehen kann und wird.

In der Gruppenliga war das bevorzugte Sodener Spielsystem ein 4-2-3-1. Wird sich daran etwas ändern?

Das wird unser Hauptsystem bleiben. Wir sind aber nicht zuletzt durch unsere Neuzugänge im taktischen Bereich noch flexibler geworden. Das sind durchweg intelligente Spieler, die schnell auf eine andere Spielform umschalten können, ohne dass wir die Ordnung verlieren.

Wie lief die Vorbereitung?

Die war außergewöhnlich, das muss man schon sagen. Die vielen Verletzungen, die wir zum Großteil noch aus der alten Saison mitgenommen haben, haben die Arbeit unheimlich erschwert. Weil wir eine gewachsene Mannschaft haben, hätte ich die Zeit gerne genutzt, uns mehr einzuspielen, um das, was wir begonnen haben, weiter zu verfestigen. Und auch in taktischen Belangen hätte ich gerne sehr viel mehr einstudiert. Das ist, keine Frage, schon ein großes Manko. Ich werde aber nicht zulassen, dass das irgendwer als Alibi nimmt.

Der Spielplan gestaltet sich, spätestens seit das Auswärtsspiel in Weidenhausen wegen des Hessenpokals abgesetzt worden ist, sehr eigentümlich: Die SG Bad Soden startet mit vier Heimspielen, von den ersten sechs Spielen sind fünf zu Hause. Ein Vorteil?

Zum einen hat man in der vergangenen Saison gesehen, dass wir auswärts stellenweise schon etwas länger gebraucht haben, um ins Spiel zu kommen. Zum anderen dürfte es einem Aufsteiger gut tun, zu Hause erst einmal an Sicherheit gewinnen zu können. Will sagen: Ja, dieser Spielplan kann von Vorteil für uns sein.

Die SG Bad Soden hat sich mit einer grandiosen Leistung in der ersten Runde des Hessenpokals gegen den Hessenligisten Bayern Alzenau durchgesetzt, empfängt nun am Mittwoch, 12. August, in der zweiten Runde mit der Spvgg. 05 Oberrad einen weiteren Hessenligisten und kann gegebenenfalls im Achtelfinale auf das große Los hoffen: OFC, Hessen Kassel, Wehen-Wiesbaden. Welche Rolle spielt der Pokalwettbewerb für Sie?

Wir nehmen das auf jeden Fall ernst. Am Beispiel VfB Gießen, der letzte Saison als Verbandsligist das Endspiel erreicht hat, kann man sehen, was da alles möglich ist. Es gibt wenige Gelegenheiten, bei denen man sich als Spieler, aber auch als Verein in den Mittelpunkt rücken kann, der Pokal ist so eine Gelegenheit. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, wie viel Spaß man im Pokal haben kann. Und es muss doch immer ein Traum für jeden Fußballer sein, so weit wie möglich zu kommen, mal gegen einen namhaften Verein zu spielen oder, wenn alles passt, sogar irgendwann einmal den DFB-Pokal zu erreichen.

Ein Wort zum Thema Samet Degermenci: Einer der Sodener Leistungsträger, der in der Rückrunde unter Ihnen geradezu aufgeblüht ist, ist für fünf Wochen in Urlaub gefahren. Wie stehen Sie dazu?

Wenn man aus dem Profibereich kommt, dann fällt es natürlich schwer, so etwas zu akzeptieren, das sind halt die Dinge, mit denen man leben muss, wenn man in so einer Liga arbeitet. Aber: Keinen Vorwurf an Samet. Er will seine Familie besuchen, und die wohnt ja nicht gerade um die Ecke. Uns war das zu jeder Zeit bewusst, und das war für Samet auch ein wichtiges Kriterium, seinen Vertrag zu verlängern. Es ist schade, dass er zu Saisonbeginn fehlen wird, aber die Mannschaft ist stark genug, das aufzufangen.

Mit einem Blick auf die Neuverpflichtungen muss man feststellen, dass die bekannten Schwachstellen, Innenverteidigung und Sturmzentrum, nicht wirklich behoben wurden. Warum ist es nicht gelungen, diese Baustellen zu schließen?

Zunächst einmal war es schon eine Leistung, dass es dem Verein gelungen ist, die Mannschaft nahezu komplett zu halten. Das gilt es zu würdigen. Aber es stimmt schon, auf diesen Positionen könnte es zu Problemen kommen. Wir waren - und wir sind es immer noch - bemüht, da noch etwas zu machen, aber es muss halt auch passen. Und es ist ja nicht so, dass wir da untätig waren: Mit einigen vielversprechenden Kandidaten waren die Gespräche sehr weit fortgeschritten, ehe wir kurzfristig Absagen erhalten haben. Dumm gelaufen, würde ich mal sagen. Ich bin aber überzeugt: Wir sind sehr gut aufgestellt.



Aufrufe: 08.8.2015, 13:08 Uhr
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