2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Reichling: „Ich hätte viel lieber mit elf gegen elf gespielt“

Interview mit Joel Reichling zum abgebrochenen Damen-Spiel Ent. Wintger-Wiltz – Racing vom vergangenen Samstag

Am Montag veröffentlichte mental.lu ein ausführliches Interview mit dem Damen-Trainer von Racing Luxemburg, Alexandre Luthardt, der nach dem abgebrochenen Spiel Wintger-Wiltz gegen Racing am Samstag von einer - Zitat - Verarschung sprach. Wir haben bei seinem Gegenüber Joel Reichling nachgefragt. Dessen Aussagen sind klar: Wintger wollte das Spiel aufgrund einer sehr angespannten Personallage verlegen, Racing ging nicht auf diesen Vorschlag ein. Während Reichling findet, dass die Absage trotz augenscheinlicher Parallelen zum Spiel Racing – Swift aus der Hinrunde aus einer anderen Situation heraus entstand, stimmt er mit Alexandre Luthardt überein, dass die Anzahl der Mannschaften in der 1.Liga reduziert werden muss.

Herr Reichling, kommen wir auf das Spiel von Samstag zurück, als ihr nur mit sieben Spielerinnen anfangen konntet. In Hesperingen eine Woche zuvor hattet ihr noch vierzehn Spielerinnen auf dem Spielberichtsbogen, am Samstag nur noch sieben. Wie ist es dazu gekommen?

Natürlich ist das auf den ersten Blick schwer für jemanden zu verstehen, der nicht dabei war. Anfang der Woche wurde eine Spielerin positiv auf Covid getestet und eine weitere folgte etwas später. Andere hatten sich ohne Covid zu haben krank gemeldet, u.a. mit Grippe- und Bronchitis-Symptomen. Das Ganze summierte sich dann auf zehn Spielerinnen, die nicht zur Verfügung standen.


Können Sie bestätigen, dass Sie Racing im Vorfeld des Spiels kontaktiert hatten, um das Spiel zu verlegen?

Ja, das stimmt. Es war mir durchaus bewusst, dass es schwer werden würde, dass eine Verlegung angenommen werden würde. Ich schrieb Herrn Luthardt eine SMS mit meiner Anfrage. Ich trete nämlich nicht gerne mit nur sieben Spielerinnen an, das hat ja auch mit Respekt gegenüber den Gegnerinnen zu tun. Ich hätte viel lieber mit elf gegen elf gespielt, ein normales Fußballspiel halt. Aus diesem Grund wollte ich erst bei Racing wegen einer möglichen Verlegung anklopfen, bevor ich deswegen an die FLF herantreten würde. Ich schrieb dem Racing-Trainer, dass wir zu dem Zeitpunkt voraussichtlich nur mit acht Spielerinnen antreten könnten. Neben den Kranken war Colin Montfort ja auch noch gelb-rot gesperrt.


Es war schnell klar, dass das Spiel nicht verlegt werden würde und Racing am Samstag nach Wintger kommen wollte. War Racing sich zu dem Zeitpunkt als diese Entscheidung getroffen wurde, bewusst, dass mit sieben oder acht gegen elf gespielt werden würde?

Ja, für mich war das klar. Als Antwort bekam ich, dass Herr Luthardt das noch mit seinem Manager absprechen müsste. Die Position von Racing war aber auch klar, sie wollten nicht einmal unter der Woche hier in den Norden kommen, da sie ohnehin schon viele Spiele unter der Woche zu bestreiten hätten.

Darauf hin antwortete ich, dass wir lieber mit einem wettbewerbsfähigen Team antreten würden. Damit war Racing nicht einverstanden. Ich hatte auch durchaus Verständnis für ihre Sicht der Dinge und ohne das Einverständnis von Racing wäre eine Verlegung ohnehin nicht möglich gewesen. Ich äußerte meine Hoffnung, bis Samstag vielleicht noch einige Spielerinnen wieder zur Verfügung zu haben. Dazu kam es aber nicht.


Es wurde in besagtem mental.lu-Interview behauptet, dass die Spielerin, die nach einer knappen halben Stunde vom Platz musste, gar nicht so schlimm verletzt gewesen sei.

Da bin ich kategorisch: wenn genau diese Spielerin vom Platz geht (d.Red.: Pia Berscheid), dann ist sie verletzt! Pia war und ist während ihrer ganzen Karriere bekannt dafür, dass sie eine exemplarische Sportlerin ist. Pia war die Spielerin, die als erste positiv auf Covid getestet worden war. Unter der Woche wurde sie aber zweimal negativ getestet, wodurch sie wieder spielberechtigt war. Sie hatte aber die ganze Woche über nicht trainiert, sie war entsprechend physisch schnell an ihre Grenzen gekommen und musste den Platz mit einer leichten Oberschenkelzerrung verlassen.


Die Partie von letztem Samstag wird nun mit dem Spiel Racing – Hesperingen aus der Hinrunde verglichen, als der FC Swift ebenfalls nur mit sieben Spielerinnen antrat und die Begegnung ebenfalls vorzeitig abgebrochen worden war. Der Unterschied ist, dass Hesperingens zweite Mannschaft damals fast zeitgleich antrat. Das ist bei euch nicht möglich, da die zweite Mannschaft abgemeldet worden war. Was hat es mit diesem Vergleich auf sich?

Hätten wir unsere zweite Mannschaft zusammen in der Entente mit Wiltz noch gehabt, dann hätte ich von dieser sicher einige Spielerinnen übernommen, auch wenn diese eventuell das nötige Leistungsniveau nicht gehabt hätten.


Es ist immer delikat, über einen anderen Club zu urteilen. Dennoch: zwingt Racing anderen Clubs nicht etwas auf, was z.Z. im luxemburgischen Damenfußball nur in sehr wenigen Clubs umzusetzen ist?

Das entspricht ganz genau meiner Meinung! Und ich will wirklich keinem anderen Verein zu nahe treten. Sie haben sich eine Mannschaft mit einem Top-Niveau zusammengekauft. Ich denke, dort geht es dann eher darum, in der Champions League zu spielen und zu bestehen. Zumindest wir aus Wintger sind noch nicht so weit, wir haben immer noch Probleme, genügend Spielerinnen zu finden, um eine dauerhaft schlagkräftige Truppe aufbieten zu können.


Es wurde sich mit der FLF ausgetauscht um zu erörtern, was man wie ändern könnte. Waren Sie persönlich oder ihr Verein in diesen Austausch eingebunden?

Die FLF hatte eine Umfrage verschickt. Dabei wurde u.a. vorgeschlagen, das Mindestalter von 14 auf 16 Jahre zu erhöhen. Meine Meinung ist auch die, dass die 1.Liga z.B. auf zehn Mannschaften reduziert werden muss.


Diese Ansicht teilen viele Kenner der Szene, aber eine laufende Saison kann man ja nicht ändern. Alexandre Luthardt fordert diese Reduzierung bereits zur kommenden Spielzeit. Teilen Sie diese Meinung? Denn wie im Moment kann es ja nicht weitergehen.

Das ist ganz richtig und ich verstehe Racing, dass sie sauer sind! Uns sind aber die Hände gebunden und wir haben keine unerschöpflichen Mittel, das umzusetzen. Aber ich wiederhole mich: ich bin ganz klar der Meinung, dass die 1.Liga auf zehn Mannschaften reduziert werden muss.


Vom sportlichen Standpunkt decken sich Ihre Forderungen und die von Herrn Luthardt also. Dennoch ist die Diskrepanz einfach riesig.

Ja, Racing hatte ja auch zehn Ausfälle zu beklagen, aber bei einem Kader von dreißig Spielerinnen kann man das viel besser auffangen.

Aufrufe: 07.3.2022, 18:41 Uhr
Paul KrierAutor