2024-04-30T13:48:59.170Z

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Dennis Dahmen (links) und Sebastian Papalia stoppen Dortmunds Youssoufa Moukoko. Und feiern nach dem Abpfiff überschwänglich den Titelgewinn vor 10.000 Zuschauern im Stadion Rote Erde in Dortmund.
Dennis Dahmen (links) und Sebastian Papalia stoppen Dortmunds Youssoufa Moukoko. Und feiern nach dem Abpfiff überschwänglich den Titelgewinn vor 10.000 Zuschauern im Stadion Rote Erde in Dortmund. – Foto: IMAGO/RENE WEISS
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Profi werden mit Ehrgeiz und Spaß

Dennis Dahmen aus Inden/Altdorf wird mit der U 17 des 1. FC Köln Deutscher Meister

Sie standen auf der Domplatte und feierten den Titelgewinn. In eben diesem Moment der Freude im Schatten des Kölner Wahrzeichens realisierte Dennis Dahmen: „Wir sind Deutscher Meister!“

Dahmen ist 16 Jahre alt und spielt Fußball. Der Jugendliche aus Inden/Altdorf ist linker Innenverteidger und Stammspieler der U 17 des 1. FC Köln. Mit dem Team bestritt er das Finale der Deutschen Meisterschaft gegen Borussia Dortmund. Die Schwarz-Gelben gingen vor gut zwei Wochen als Favorit in die Begegnung. Doch nur ansatzweise wurden sie ihrer Favoritenrolle gerecht.

„Ja, wir hatten in einigen Szenen Glück, aber wir haben verdient die Meisterschaft gewonnen“, sagt Dahmen und lächelt. Verdient, weil die Kölner beim 3:2 vor 10.000 Zuschauern im Stadion Rote Erde in Dortmund das leidenschaftlichere Team waren, weil sie mit größerer mannschaftlicher Geschlossenheit gegen die Elf mit dem gehypten 14-jährigen Wunderfußballer Youssoufa Moukoko agierten. Apropos: Moukoko: „Uns war klar, dass wir ihn wegen seiner Klasse nur als Mannschaft würden stoppen können“, sagt Dahmen. Dies gelang nicht ganz, weil der BVB-Stürmer einen Treffer erzielte und einen Elfmeter herausholte, den Kölns Keeper aber parierte.

In den letzten Spielminuten schließlich hatte der FC die Begegnung im Griff, den Dortmundern, die als souveräner Primus mit neun Punkten Vorsprung vor dem 1. FC Köln die Tabelle der Bundesliga West angeführt hatten, fehlte schließlich angesichts der Kölner Kompaktheit auch der Wille, die Partie noch zu drehen. So endete das Finale im Ruhrgebiet in rot-weißem Jubel mit Fortsetzung in Köln auf der Domplatte und im Gaffel-Brauhaus. Und über Dahmen brach eine Flut von Nachrichten auf WhatsApp herein, abgeschickt von Mitschülern, Lehrern, Freunden und vielen anderen Personen.

Der Zweieinhalbjährige

Vor etwas mehr als 13 Jahren dachte im Hause Dahmen niemand an einen Meistertitel, als Vater und Mutter den Sohn in eine Fußballkluft steckten. Die Bambini von RW Lamersdorf hatten zu wenige Spieler. Also bekam der zweieinhalbjährige Dennis Stutzen, Trikot. Hose und Fußballschuhe angezogen und schon flitzte er dem runden Leder hinterher. „Meine Beine waren wegen der Hosenlänge nicht zu sehen“, sagt Dennis und lacht. Vater Guido schmunzelt auch. Er hat früher selbst gekickt, immer für Rot-Weiß Lamersdorf. Und immer im defensiven Bereich.

Sohn Dennis agiert auch direkt vor dem eigenen Torwart. Schon in ganz jungen Jahren spielte er in der Abwehr. Der Linksfüßler hat einen strammen Schuss, er schickte in den ersten Jahren immer wieder einen Stürmer mit „langen“ Bällen auf die Reise Richtung gegnerisches Tor.

Von Lamersdorf wechselte der 2002 Geborene zu Jugendsport Wenau. Mit dem Nachbarklub errang er die ersten Erfolge: „Dieser 2002er-Jahrgang war schon ein außergewöhnlicher“, weiß sein ehemaliger Juspo-Trainer Holger Peters. Die Wenauer Kicker sicherten sich beispielsweise als E-Junioren den Pokalsieg im Fußballkreis Düren, gewannen 2014 die FVM-Meisterschaft in der Halle. Und auch als Team des Dürener FVM-Stützpunktes waren Dennis Dahmen und die Spieler des Jahrgangs 2002 das Maß aller Dinge. „Einen solchen Jahrgang“, betont Holger Peters noch einmal, „hast du nicht oft.“ Und Dennis Dahmen mittendrin.

So war es eigentlich auch kein Wunder, dass der 1. FC Köln auf ihn aufmerksam wurde. Zur Saison 2015/2016 wechselte Dahmen in den Kölner Grüngürtel. Keine einfache Zeit lag vor dem Jugendlichen aus Inden am Geißbockheim.

Die Eingewöhnung

„Es hat schon ein halbes Jahr gedauert, bis ich mich eingewöhnt hatte“, gesteht Dahmen. Der Wechsel von Wenau nach Köln war schon ein Quantensprung für den aktuell 1,87 Meter großen Innenverteidiger. Das Training war und ist besser und härter. Spielerisch, konditionell und von der Schnelligkeit her musste der Neuzugang nachlegen. Die ersten Spiele saß er denn auch auf der Bank. Sein Trainer munterte ihn auf, nicht zu verzagen. Und auch Vater und Mutter ließen die Moral ihres Sohnes nicht in den Keller sinken. Und Dennis Dahmen verzagte nicht: „Natürlich war ich traurig, nicht von Beginn an gespielt zu haben. Ich habe mich aber in jedem Training reingehängt, versucht, mich für die jeweils nächste Partie aufzudrängen.“

Und so wuchsen die Spielanteile, bis Dahmen in der Rückrunde zum Stammakteur auf der Position des linken Innenverteidigers avancierte. Die Rolle des Stammspielers füllte er bis zum Finale praktisch ununterbrochen aus. Nur als er einen Bänderriss erlitt, musste er für diese Zeit passen. Mit seinen Tugenden – dem Überblick, dem sicheren Passspiel auch in Drucksituationen, starkem Zweikampfverhalten und Kopfballspiel defensiv wie offensiv – überzeugte er immer seine Trainer.

Für die abgelaufene Spielzeit hatten sich Dahmen und Co. Großes vorgenommen: „Wir haben uns zu Beginn des Jahres geschworen, um die Deutsche Meisterschaft mitzuspielen.“ Die jungen Geißböcke hatte nicht der Übermut gepackt: „Viele haben uns gesagt, dass wir ein Team seien, dem Großes zuzutrauen sei“, erzählt er. Erstmals bestätigt wurden die Spieler mit dem souveränen Sieg bei einem erstklassig besetzten Hallenturnier in Lübeck. Da war klar: Die Jungs fühlten sich reif für das große Ziel.

Der Weg war etwas steinig. Platz zwei war angesichts der starken Konkurrenz von der andren Rheinseite in Gefahr. Doch ließen sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Auch in der Meisterschaft agierten die jungen Geißböcke abgeklärt wie in der Endphase des Finales: „Wir haben uns selbst in engen Partien nicht aus der Ruhe bringen lassen und immer bis zur letzten Minute an den Sieg geglaubt.“

Der Schwur Meisterschaft ließ sie nicht verkrampfen. Und auch, dass die Dortmunder in der Meisterschaft mit klarem Vorsprung Platz eins belegt hatten, irritierte Dennis Dahmen und seine Mannschaftskameraden nicht. In das finale Spiel gingen mit der Einstellung: „Wir wollten einfach Spaß haben. Wir wollten unsere Fans mitnehmen und den Respekt der anderen Zuschauer gewinnen.“ Es gelang ihnen vor der eindrucksvollen Kulisse – normalerweise kicken die U 17-Fußballer vor mehreren Hundert Zuschauern – und trotz Liveübertragung im Fernsehen.

Doch nichts ist vergänglicher als der Ruhm von gestern. In dieser Woche begann für Dennis Dahmen die Vorbereitung auf die Bundesligasaison 19/20. Wieder muss sich Dahmen beweisen. Denn mit zehn Meisterspielern kickt er nun in der U 19 des Aufsteigers in die Bundesliga. Neun Spieler des alten Jahrgangs und zwei Zugänge komplettieren den Kader. Dahmen hat harte Konkurrenz: Fünf Innenverteidiger kämpfen um einen Startplatz. Der 16-Jährige gibt sich realistisch: „Es wird ein Lehrjahr werden“, sagt er. Der Altersunterschied beträgt in der U 19 bis zu 18 Monaten, zehn bis 15 Kilogramm können die Gegenspieler schwerer sein. Da kommen nicht nur körperlich Brocken auf Dahmen zu, sonder er muss sich auch mit erfahreneren Fußballern messen.

Bodenständiger Mensch

Das schreckt ihn aber nicht ab: Dennis Dahmen will sich durchsetzen. Schließlich lautet sein großes Ziel: „Ich will mit Spaß und großem Ehrgeiz Profifußballer werden.“ Doch Dahmen ist ein bodenständiger Mensch, nicht abgehoben. Er weiß: „Das ist ein weiter, beschwerlicher Weg, ein Weg der kleinen Schritte.“ Und er weiß auch: Von der U 17 des 1. FC Köln, die 2011 Deutscher Meister wurde, haben nur der Kreuzauer Yannick Gerhardt (VfL Wolfsburg) und Mitchell Weiser (Bayer Leverkusen) den dauerhaften Sprung in die Bundesliga geschafft. Und deshalb ist für den 16-Jährigen, dessen großes Vorbild Reals Madrids Innenverteidiger Raphaël Varane ist, auch klar: „Ich werde das Fachabitur in Köln machen. Denn mit dem Sport kann es schnell vorbei sein.“

Aufrufe: 030.6.2019, 15:00 Uhr
Franz Sistemich | AZ/ANAutor