2024-06-04T08:56:08.599Z

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Führungspersonen: Die beiden Kapitäne Bernhard Wiesler (BSC, links) und Matthias Maier. | Fotos: Patrick Seeger
Führungspersonen: Die beiden Kapitäne Bernhard Wiesler (BSC, links) und Matthias Maier. | Fotos: Patrick Seeger

Maier: "Wir stehen unter Dauerstrom"

BZ-Interview mit den beiden Kapitänen Bernhard Wiesler (Bahlinger SC) und Matthias Maier (Freiburger FC) vor dem südbadischen Pokalfinale

Es kann nur einen geben. Den neuen südbadischen Pokalsieger ermitteln die beiden Oberligisten des Fußballbezirks Freiburg im Emmendinger Elzstadion. Den Bahlinger SC beschäftigt dann nicht das drei Tage später folgende Ligafinale, das womöglich noch den Titel bringen könnte. Und der Freiburger FC schiebt alle Abstiegssorgen dieser Spielzeit ganz weit weg. Oder nicht? Was den Kapitänen vor dem Endspiel durch den Kopf geht, wollte Matthias Kaufhold von Bernhard Wiesler (BSC) und Matthias Maier (FFC) wissen.
BZ: 120.000 – was sagt Ihnen das?

Wiesler:
Das ist wohl die Euro-Summe, die durch den DFB für den südbadischen Pokalsieger ausgeschüttet wird.

Maier:
Die Zuschauerzahl wird’s wohl nicht sein. Dann eher das Fernsehgeld vom DFB für den Gewinner. Gibt’s echt so viel? Genau bin ich da nicht informiert.

BZ: Motiviert Sie das?

Wiesler:
Ich habe ja schon einmal 2013 den Pokal gewonnen und weiß – dieses Erlebnis ist Motivation genug. Aber natürlich weiß man, dass der Verein mit dem Geld viel Gutes erreichen kann, gerade für die Infrastruktur.

Maier:
Nee. Damit baut der Club vielleicht ein neues Vereinsheim, doch mich motiviert allein der Pokalsieg. Ich habe mein Leben lang nicht für Geld gespielt. Warum sollte das jetzt eine Rolle spielen?

BZ: Werfen wir mal einen anderen Schlüsselbegriff ein: DFB-Pokal!

Wiesler:
Das motiviert natürlich, dass du als südbadischer Pokalsieger da rein kommst. Vor zwei Jahren haben wir gegen den VfL Bochum gespielt (und 1:3 verloren, d. Red.), das war eine einmalige Geschichte für alle im Verein. Da wollen wir wieder hin, mit aller Macht.

Maier:
Schlüsselbegriff? Ich dachte, jetzt kommt Rothaus (Hauptsponsor des Verbandspokals, d. Red.), aber klar, der DFB-Pokal ist für Amateure fast die einzige Chance, mal gegen Profis zu spielen. Das gelingt 99 Prozent aller Kicker ja nie. Das ist eine Once-in-a-lifetime-Geschichte, mal bei der Auslosung in der Sportschau im Topf zu sein, sein Wappen im Fernsehen zu sehen. Da ist es dann auch egal, ob du gegen Bielefeld oder Bayern spielst.

BZ: Kann man dasnspannende Oberliga-Finish am nächsten Samstag in der Pokalvorbereitung überhaupt ausblenden?

Wiesler:
Ja, das schaffen wir schon. Wir hatten jetzt einige englische Wochen und mussten immer von Spiel zu Spiel denken. Das haben wir wunderbar hinbekommen, obwohl Spielberg als Tabellenführer und Freiberg als Dritter ständig Druck gemacht haben. Wir haben jetzt zwei Riesenspiele vor der Brust, faktisch zwei Endspiele. Darauf haben wir ein Jahr lang hingearbeitet, das wollen wir jetzt auch packen.

Maier:
Uns bleibt nichts anderes übrig. Wir stehen ja unter Dauerstrom und haben seit Wochen nur Endspiele gegen den Abstieg. Jetzt gilt die volle Konzentration dem Pokalfinale, von Donnerstag an dann dem Heimspiel gegen Hollenbach, bei dem wir in der Oberliga noch einen Platz gut machen wollen. Und wer vor einem Pokalfinale keine Spannung aufbauen kann, dem ist sowieso nicht zu helfen.

BZ: Wie ist der Finalgegner zu knacken?

Wiesler:
Wir müssen schauen, dass wir unser Spiel durchbringen. Das haben wir in den letzten Wochen gut hinbekommen: leidenschaftlich-aggressiv zu sein – und gleichzeitig unsere spielerische Komponente durchzubringen. Das wird sicher eine enge Kiste, Freiburg ist ein guter Gegner, das haben wir in beiden Ligaspielen festgestellt (2:2 in Bahlingen und 4:1 für die Bahlinger in Freiburg, d. Red.). Es wird hart umkämpft, doch wir wollen es für uns entscheiden.

Maier:
Es wäre schon von Vorteil, wenn wir mal nicht gleich mit 0:2 hinten liegen. Das wurde zuletzt ja zur Gewohnheit. Wir müssen Phasen reinbekommen, wo wir auch mal den Ball halten und nicht nur hinterherlaufen. Bahlingen ist extrem schwer zu schlagen. Die haben noch Leute auf der Bank, bei denen du dich fragst: Wieso spielen die überhaupt Oberliga und nicht höher? Natürlich heißt es, in einem Spiel ist immer alles möglich. Wenn wir gegen Bahlingen zehnmal spielen, gewinnen wir vielleicht einmal. Dieses eine Mal muss es jetzt sein.

BZ: Herr Maier, in der Oberliga ist der FFC seit neun Spielen auf dem Feld sieglos, es läuft die sechste englische Woche in acht Wochen, und am Mittwoch treten Sie zum vierten Mal in acht Tagen irgendwo an – ist dieser Kräfteverschleiß überhaupt zu kompensieren?

Maier:
Wir müssen es. Wir sind ja noch jung, zum Teil (lacht). Es hieß ja schon zuletzt: gucken, wer noch da ist, und alles rausholen. Mehr bleibt uns nicht. Was im Akku noch drin ist, muss in den letzten zwei Spielen raus. Und dann ab in die Eistonne, wie Mertesacker sagen würde.

BZ: Traditionsbewusste Statistiker unter den FFC-Fans haben nach dem Finaleinzug zügig festgestellt, dass der letzte südbadische Pokalsieg des Vereins bereits 23 Jahre her ist. Jucken den Spieler von heute solche Ausflüge in die Geschichte?

Maier: Es zeigt zumindest, dass man Teil von etwas ist, was weit zurückreicht und es lange nicht gegeben hat. Wenn man sieht, dass wir aus der Landesliga kommen und einen Neuaufbau hinbekommen haben, kann man schon ein bisschen stolz darauf sein. Auf der anderen Seite: 1992 waren viele von uns grad auf der Welt oder noch gar nicht geboren. Es ist etwas Neues, Tragfähiges und Gutes entstanden. Schön, dass man Teil davon ist.

BZ: Was wäre wichtiger: der Pokalsieg oder der Klassenerhalt in der Oberliga?

Maier:
Kann ich nicht sagen. Eine Teilnahme im DFB-Pokal würde vielen Leuten im Verein vielleicht mehr zu feiern geben als ein Abstieg negative Emotionen erzeugen würde. Der FFC hat noch nicht die Strukturen und den Anspruch, dauerhaft Oberliga zu spielen. Vieles ist noch im Aufbau. Für mich wiegt beides gleich.

BZ: Herr Wiesler, erinnern Sie sich noch an die letzte Bahlinger Niederlage?

Wiesler:
Gute Frage, äh (überlegt), war das gegen den SSV Reutlingen?

BZ:
Richtig, ein 1:2 am 1. November 2014, damals lief noch die Hinrunde.

Wiesler
: Oh ja, damals habe ich mich auch noch verletzt. Ist lange her ...

BZ: Zuletzt gab es zwölf Pflichtspielsiege in Serie – welches Verhältnis haben sie zur Zahl 13?

Wiesler:
Ein gutes. Die 13 nehmen wir mit, aber das ist nicht die endgültige Zahl. Es geht noch weiter.

BZ:
Nummer 14 wäre ein Sieg im letzten Oberligaspiel gegen Villingen, Nummer 15 und 16 womöglich Erfolge in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga.

Wiesler:
Ich hätte nichts dagegen, wenn es mit Nummer 14 beendet wäre. Dann wäre die Aufstiegsrunde passé und der Direktaufstieg für uns sicher.

BZ: Ist im Pokal Überheblichkeit der größte Feind der Bahlinger?

Wiesler:
Überheblich werden wir ganz bestimmt nicht sein, überhaupt nicht. Dafür ist Freiburg einfach zu gut.

BZ: Was wäre wichtiger: der Pokalsieg oder der Aufstieg in die Regionalliga?

Wiesler:
Schwierige Frage. Der Pokal hat für den Verein wohl einen höheren Stellenwert, für mich wäre beides gleichbedeutend. Natürlich war diese Saison einmalig. So um den Aufstieg mitzuspielen, das habe ich noch nicht erlebt. Auf der anderen Seite spiele ich in zwölf Jahren BSC auch erst mein zweites Pokalfinale.

Zur Person:
Bernhard Wiesler
Der 30-jährige Außenbahnspieler ist neben Dennis Bührer Kapitän des Bahlinger SC. Der gebürtige Münstertäler spielt im zwölften Jahr für die Kaiserstühler und leitet in Freiburg ein Fitnessstudio. Neben Wiesler waren aus dem heutigen BSC-Kader auch Bührer, Dennis Müller, Michael Schlegel, Marco Waldraff, Walter Adam und Fabian Schleusener beim südbadischen Pokalsieg vor zwei Jahren dabei (3:1 im Finale gegen den FC Radolfzell).

Matthias Maier
Der 31-jährige Mittelfeldspieler stammt aus Brigachtal und spielte in seiner Aktivzeit nur für den FC 08 Villingen sowie nun im zehnten Jahr für den Freiburger FC. Hier ist er neben Thomas Waldvogel und Michael Respondek einer von drei Kapitänen. Maier volontiert gerade bei der Badischen Zeitung und hat noch keine Erfahrung mit Pokalsiegen – im Gegensatz zu seinen Mannschaftskollegen Mike Enderle und Aslan Ulubiev, die vor zwei Jahren im Bahlinger Kader standen.
Aufrufe: 019.5.2015, 22:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor