2024-06-17T07:46:28.129Z

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Heute und damals: Felix Schmid (li.) in seiner Rolle als Sportdirektor des SV Neuhausen-Offenberg und als Spieler des SVN (ein Schnappschuss aus dem Jahr 2016).
Heute und damals: Felix Schmid (li.) in seiner Rolle als Sportdirektor des SV Neuhausen-Offenberg und als Spieler des SVN (ein Schnappschuss aus dem Jahr 2016). – Foto: Wilhelm, Becherer

Lebemensch und fußballverrückt: »Wenn ich was mache, dann gscheid«

Helden der Kreisklasse: FuPa erzählt die Geschichte von Kickern, die Sonntag für Sonntag Fußball leben

Fußball ist ihr Leben! Die Helden der Kreisklasse sind selten im Fokus, aber ohne sie wäre der Sport mit dem runden Leder nur halb so liebenswert. Die dritte Halbzeit nach dem Spiel ist dabei mindestens so wichtig wie die 90 Minuten davor. In dieser Folge widmen wir uns einem Fußballverrückten, der zwar nicht mehr auf dem Platz stehen kann, dafür aber im Hintergrund die Fäden zieht: Felix Schmid vom SV Neuhausen-Offenberg.

Da staunten die Frauenauer aber nicht schlecht! Im Spätsommer 2019 hatte sich der Neu-Kreisligist aus Neuhausen zu einem Auswärtsspiel aufgemacht. So weit, so normal! Aber der SVN reiste nicht gewöhnlich an, nein, der Aufsteiger ließ kurzerhand einen Sonderwaggon an die Waldbahn anhängen und tingelte in den Bayernwaldort - mit knapp 150 Fans im Schlepptau, die Rabatz machten, wie man es sonst nur aus Profiligen kennt. Ein Wahnsinn in schwarz und weiß! Die Episode beschreibt den Verein aus dem Landkreis Deggendorf recht gut. Immer wieder machen die Neuhausner, vor allem auch in der Halle, mit famoser Unterstützung von sich reden.

Der ewige Kreisklassist steigt auf: Mittendrin Felix Schmid.
Der ewige Kreisklassist steigt auf: Mittendrin Felix Schmid. – Foto: Rindler


Ganz eng verbunden mit der den Verein umgebenden Aufbruchstimmung ist der Name Felix Schmid. Der ewige Kreisklassist schaffte 2019 unter seiner Regie als Sportdirektor den Sprung ins Kreis-Oberhaus. Unermüdlich ist der 32-Jährige für seinen Verein im Einsatz. "Wenn ich was mache, dann gscheid", lautet seine Devise. Heißt: Seine Freizeit verbringt er größtenteils am Fußballplatz - oder im Sportheim. "Ich bin in jedem Training, freitags kann das natürlich schon mal länger werden. Dazu kümmere ich mich auch selbstverständlich um die zweite Mannschaft und schaue so oft es geht bei der Jugend vorbei. Da kommen in der Woche gut 15 Stunden zusammen, die ich ehrenamtlich tätig bin", rechnet er zusammen. Warum er sich das antut? "Ich kann nicht ohne Fußball. Das ist mein Leben."

– Foto: Rindler


Hausbau zusammen mit Bruder Daniel hilft über die fußballlose Zeit hinweg.


Im Moment allerdings kämpft er heftig mit Liebesentzug - staatlich verordnetem, versteht sich. Seit November rollt kein Ball mehr. "Das macht mich, vor allem aber auch die Spieler traurig. In den letzten Jahren waren unsere Hallenauftritte immer Feste. Wir sind oft mit 100 Leuten unterwegs gewesen", schwelgt er in Erinnerungen. Wie hält ein Fußballverrückter wie er das aus? Mit Ablenkung: "Wir bauen zuhause gerade das Haus um. Da fällt einiges an Arbeit an, da vergeht wenigstens die Zeit", schmunzelt er säuerlich. Das Elternhaus wird gerade renoviert, Bruder Daniel - einst einer der gefragtesten Kicker Niederbayerns mit Vergangenheit beim TSV 1860 - und dessen Familie leben ebenfalls darin. Beide Elternteile sind schon verstorben, zu seinem zwei Jahre älteren Bruder hat er auch deshalb ein ganz besonderes Verhältnis. "Ihn zwicken zwar immer wieder die Knie, aber so lange ich beim SV was zu sagen habe, soll er schon noch spielen", lacht Felix.

– Foto: Ritzinger


Selber schnürt der jüngere der Schmid-Brüder die Schuhe nur noch sporadisch, und dann auch nur in der Reserve oder der AH. Warum eigentlich? Mit 32 wäre er so alt nun auch wieder nicht. "Mittelfußbruch, Kreuzbandriss und so weiter. Die Liste an Verletzungen ist lang bei mir. Und dann kennt das wohl jeder: Wenn man lange nicht spielt, dann hat man meistens ein bissl mehr Gewicht auf den Rippen", schmunzelt er. Ja die Sache mit dem Gewicht, schon zu seiner besten Zeit tat er sich nicht immer ganz so leicht damit. Ein Modellathlet war der Stürmer mit der auffallend feuerroten Haarpracht noch nie. Dafür ist er einfach auch zu sehr Lebemensch. Dabei mangelte es nicht an Talent. Nach der Jugend in Deggendorf und Ruhmannsfelden wechselte Felix Schmid nach Bernried. "Ich durfte an der Seite von Sir Tom Geith stürmen. Eine tolle Erfahrung. Überhaupt war das eine richtig geile Zeit, zusammen mit meinem Bruder, Alex Sipos oder Anton Einhellig. Wir hatten eine Bombentruppe beisammen", erinnert er sich gerne an seine Zeit beim SVB.

– Foto: Ritzinger


Ein schwerer Schicksalsschlag sorgte dann allerdings für ein Ende der unbeschwerten Zeit. "2008 starb mein Vater. Das war eine sehr schwierige Phase in meinem Leben. Zugleich sorgte der Fußball aber dafür, dass ich mich zumindest ein wenig ablenken konnte. Der SV Neuhausen hat mir in dieser schweren Zeit sehr geholfen, weshalb ich letzten Endes auch zurück zu meinem Heimatverein bin. Das werde ich nicht vergessen und deshalb will ich dem Verein auch etwas zurückgeben", erzählt Schmid. Und so ist er bald seit 13 Jahren für den SVN unterwegs - auf und neben dem Platz.


Schmid glaubt nicht an ein reguläres Saisonende.


In Anbetracht der derzeitigen Lage weiß aber auch Schmid, dass er wohl noch einige Zeit auf sein geliebtes Hobby verzichten muss. An einen raschen Re-Start 2.0 mag er nicht glauben und klingt eher desillusioniert: "Wenn ich höre, es wird darüber nachgedacht, Fußball mit Maske zu spielen, dann lässt`s aus. Was soll der Krampf? Oder wir laufen wieder mit fünf Leuten am Trainingsplatz rum. Ach ja, testen sollen wir natürlich auch alle. Ich glaube nicht, dass wir die Saison zu Ende spielen werden. Vor Mitte April wird sowieso nichts gehen, und dann brauchst du mindestens vier Wochen Vorbereitung."

Der Fußball im Allgemeinen und der SVN im Speziellen waren und sind für Felix Schmid auch immer Anker. Deswegen wird er sein Engagement so schnell auch nicht beenden. "Ich will vorwärtskommen und etwas bewegen. Unser Weg hier in Neuhausen ist noch lange nicht zu Ende. Wir wollen in der Kreisliga in ein paar Jahren vorne mitspielen." Wer ihn kennt weiß, dieses Ziel wird er mit Akribie verfolgen. Ein Leben im Takt von immer neuen Spielzeiten. Fußballverrückte wie Felix Schmid, die unentgeltlich für ihre Leidenschaft alles tun würden, machen den Amateurfußball so besonders und liebenswert.

Aufrufe: 06.3.2021, 07:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor