2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Kirchheims Himsl: „Morgen bin ich bei Lukas Podolski und Andrés Iniesta“

KSCs Sportlicher Leiter Junioren im Interview über seinen Job und den KSC

Seit Februar 2016 ist Mario Himsl nun schon Sportlicher Leiter Junioren beim Kirchheimer SC.

Kirchheim – Im Gespräch mit dem Münchner Merkur zieht der 45-Jährige Bilanz seiner Tätigkeit beim KSC und gibt einen Einblick in seinen Job als „Auditor zur Zertifizierung“ beim DFB-Dienstleister Double Pass – einer kleinen, erfolgreichen Agentur mit Sitz in Brüssel.

Herr Himsl, es ist gar nicht so leicht, Sie zu erreichen – geschweige denn, Sie persönlich zu sprechen. Jetzt sind Sie seit Juni bereits zum dritten Mal für zwei, drei Wochen beruflich in Japan. Was genau tun Sie da gerade?

Die Japaner haben nach ihrer verkorksten WM 2014 reagiert und stellen mit unserer Hilfe ihre Nachwuchsarbeit neu auf. Es tut sich viel in Sachen Leistungszentren, Akademien und Talentsuche. Ich unterstütze hier verschiedene Klubs als externer Berater.

Sollten Sie als Mitarbeiter der Firma „Double Pass“ nicht dabei helfen, die deutschen Nachwuchsleistungszentren im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes zu checken und zu zertifizieren? Als Gutachter sozusagen?

Ja, das stimmt. Aber ich denke, dass ich jetzt gerade zum letzten Mal in Japan bin. Morgen bin ich zum Beispiel bei Vissel Kobe, dem Klub von Lukas Podolski und Andrés Iniesta.

Als Sie im Februar 2016 als Sportlicher Leiter Junioren zum Kirchheimer SC stießen, da taten Sie dies „aus privaten Gründen“, ihre beiden Söhne (jetzt 10 und 16) spielen beim KSC, die Jobbeschreibung versprach viel Arbeit auch vom eigenen Schreibtisch aus. Das sieht aktuell ein bisschen anders aus.

Na ja, schon. Aber grundsätzlich ist mein Plan sehr gut aufgegangen. Japan ist eine tolle berufliche Herausforderung. Wenn man so ein Angebot bekommt, sagt man nicht Nein – der Job hier ist hochinteressant, und die fremde Kultur hier fasziniert mich. Das musste ich einfach mitnehmen.

„Double Pass“ arbeitet international, die Agentur hat zudem ein Bonussystem entwickelt, das Geld in Fußball-Leistungszentren spült. Wie konnte die Firma – sie beschäftigt 65 Mitarbeiter aus zwölf Nationen – für so viele Länder zu einem solchen Faktor werden?

Das Geheimnis von Double Pass steckt in seiner Definition von einer idealen und optimal geführten Akademie. Bei der ständigen Optimierung des Systems dreht es sich um verschiedene Parameter oder kritische Erfolgsfaktoren – wie strategische und finanzielle Planung, Talententdeckung und -entwicklung, Personal oder organisatorische Strukturen. Es gibt international niemanden, der das in dieser Qualität schafft.

Es soll eine Art Software-System sein, bei dem alle Kriterien miteinander verbunden werden. Sind Sie selbst da schon durchgestiegen?

Zum größten Teil schon. Wir entwickeln unser System auch fortwährend weiter, ich gebe aus meiner täglichen Arbeit ständig neuen Input. Und so haben wir jetzt auch ein spezielles Praxis-Tagging-Tool entwickelt, das Daten in der täglichen Trainings- bzw. Trainerarbeit erhebt – da stehen wir mit unserem Kunden in einem direkten Austausch.

Wenn Sie jetzt so viel unterwegs sind, dann bleibt nicht nur weniger Zeit für die Familie, sondern auch für den KSC…

Der Verein liegt mir sehr am Herzen. Und dass jetzt gerade einige Trainer sauer sind, weil ich so selten da bin, werte ich als ein positives Zeichen. Und im Winter stehe ich auch wieder selbst viel öfter auf dem Platz. Denn eines steht fest: Ich bin kein Schreibtischtäter.

Dennoch: Sie sind beim KSC eher Ansprechpartner und Berater für den Fall, dass es Probleme gibt. Auch eine Art Coach für die Trainer?

Probleme gilt es zu lösen. Ich bin als Sportlicher Leiter aber vor allem für strategische (Fußballausbildung generell, Kooperationen) und operative (Traineraus- und Weiterbildung auf dem Platz und in Fortbildungen) Themen verantwortlich. Die Trainer in Kirchheim wollen sich weiterentwickeln, dabei haben sehr viele einen zeitraubenden Job, schaffen es aber trotzdem, alles unter einen Hut zu bringen. Wir haben die Fluktuation unter den Trainern reduzieren können. Respekt, das ist wirklich eine gute Geschichte. Besonders wertvoll war da in diesem Zusammenhang unsere Trainertagung im Februar.

In der von Ihnen angeschobenen Kooperation mit dem Zweitligisten FC Ingolstadt gab es einen ersten Schnuppertag für Talente, mit dem Ziel für die Jahrgänge 2009/2010 ein sogenanntes Perspektivteam zu bilden. Wie steht es um diesen Plan?

Das ist ein voller Erfolg. Wir nehmen bis zu 14 Spieler auf, zwölf haben wir derzeit. Das Team wird von Ingolstädter und Kirchheimer Trainern betreut – von unserer Seite ist das Mario Pavicic. Andere Jahrgänge können sich ebenfalls präsentieren. Unser Ziel ist es natürlich auch, den KSC für Spieler aus dem Umfeld interessant zu machen.

Welche Ziele haben Sie und der Verein denn für die Jugendarbeit formuliert?

Wichtig für eine gute Nachwuchsarbeit ist in erster Linie gutes Personal, gute Trainer. Man braucht eine vernünftige Infrastruktur, entsprechende Trainingsmöglichkeiten. Man braucht die richtigen Inhalte, konkrete Vorgaben, was wie in welchem Alter trainiert werden soll. Klar wollen wir sportlichen Erfolg. Aber wir vermitteln vor allem auch Werte wie Respekt und Anstand im Umgang untereinander, universelle Prinzipien das Lebens also.

Für eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit braucht man einen langen Atem. Sind Sie mit dem bisher Erreichten beim KSC zufrieden?

Absolut. Und ich finde es überragend, wie viele aktive Spieler sich als Trainer im Klub engagieren. Florian Rädler und Michael Franz aus der Ersten Mannschaft coachen die A- bzw. B-Jugend. Und U19-Spieler Luca Eckerl betreut die D-Jugend – gemeinsam mit seinem Vater Robert, dem Sportlichen Leiter Senioren. Nur um drei Beispiele zu nennen.

Wo gibt es in jedem Fall noch Potenzial für Verbesserungen?

Man kann nie genug Platz haben, mehr Trainingsflächen wären klasse. Persönlich könnte ich mehr Zeit für die Arbeit im Verein brauchen. Aber das wird ja bald wieder besser.

Sie wollen in Kirchheim vor allem auch junge Spieler für die erste Mannschaft ausbilden. Wie gut ist der aktuelle Unterbau?

Sie müssen sich ja nur mal den aktuellen Bezirksliga-Kader der Ersten anschauen, da sind ja einige junge Spieler fest integriert – und Trainer Steven Toy darf sich auch in den kommenden Jahren auf Talente freuen. Mich reizt beim KSC vor allem der Spagat, ambitionierten, leistungsorientierten Spielern ebenso eine Heimat zu bieten wie den allein aus Spaß an der Freude aktiven Spielern.

Im Moment ist die Erste Mannschaft Tabellenführer in der Bezirksliga Nord. Wie wichtig ist die Rückkehr in die Landesliga für den Verein und für die Bindung von Talenten an den Klub?

Sehr wichtig, klar. Das Team hat aber alle Voraussetzungen, um in der Landesliga zu spielen. Es ist der Jugendlichkeit im Kader geschuldet, dass die Leistungen ab und zu schwanken. Und: Der Zusammenhalt in der Mannschaft ist top.

Das Gespräch führte
Guido Verstegen.

Aufrufe: 025.10.2018, 10:34 Uhr
Münchner Merkur (Nord) / Guido VerstegenAutor