2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

"Katastrophenfall nicht auf die leichte Schulter zu nehmen"

Der Quarantäne-Check: Mit Carsten Molch, Vereinsverwantwortlicher des BSC Rapid Chemnitz

Es ist eine Zeit mit vielen Fragezeichen und Ungewissheiten. Mittendrin der Sport und die "schönste Nebensache der Welt" - den Fußball. Die Coronavirus-Pandemie legt die Sportwelt bisweilen komplett lahm und stellt Verbände, Vereine und Sportler vor große neue Herausforderungen sowie mitunter finanzielle Probleme.
Wir haben einmal das Ohr an die Schienen gelegt, wollen die Stimmen und Stimmungen aus den Vereinen aufsaugen und im gemeinsamen Austausch herausfinden wie ihr mit dem Ausnahmezustand umgeht und welche Lösungsansätze gefunden werden:
FuPa Sachsen: Wie steht ihr zur Generalabsage bis zum 19.04.2020 - richtig oder übertrieben? Wann denkt ihr rollt realistisch wieder der Ball?
Carsten Molch: "Nicht nur in meinen Augen, sondern auch ein Großteil unserer Kappler Fußballer stehen voll und ganz hinter der Entscheidung den Spielbetrieb bis auf Weiteres auszusetzen. Insbesondere wenn man aktuell die Geschehnisse in Italien und Spanien verfolgt, zeigt sich, dass dieser "Katastrophenfall" nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist. Wann es für uns und überhaupt für alle Vereine wieder weitergeht, vermag man derzeit nicht zu sagen. Hier sollte man jedoch kein Risiko eingehen. Auf jeden Fall müssen alle Entscheidungen des Sächsischen Fußballverbandes, der sich ja insbesondere immer zeitgleich an den Vorgaben der nächsthöheren Instanz orientiert, eingehalten und respektiert werden. Nicht zuletzt auch aus haftungs- und versicherungsrechtlichen Gründen. Mir fehlt bis heute allerdings ein öffentliches Dankeschön aus der Feder des Verbandes an die Vereine, denn alle unsere sächsischen Vereine haben die angepasste Vorgehensweise des SFV bisher hervorragend umgesetzt und mitgetragen. Wenn man bedenkt, dass wir so eine Situation in der Geschichte des Fußballs noch nie erlebt haben, dann muss man ganz klar den Hut vor den Verantwortlichen aller Vereine ziehen."



Was kann man machen, um in einer solchen Situation das Vereinsleben aufrecht zu erhalten? Welche Maßnahmen ergreift ihr? Das Vereinsleben zeichnet sich insbesondere durch direkten Kontakt und Emotionalität aus sowie dem Sport als Gemeinsamkeit. Zur Zeit ist es jedoch leider nicht möglich, über gemeinsam Erlebtes zu sprechen, sich auf die Schulter zu klopfen, sich über einen Fauxpas des anderen ein wenig lustig zu machen. Das fehlt uns allen - das ist im Männerbereich so und ganz gewiss auch bei unseren Kleinsten im Verein, die ihre Freunde schmerzlich vermissen. Soziale Medien können dem zwar ein wenig Abhilfe schaffen, aber leider nicht ersetzen. Das ist bitter für alle, doch da müssen wir durch.



Wie sieht es mit konkreten Konsequenzen für Euren Verein aus? Ist schon klar, dass es womöglich nun Probleme (bspw. in der Finanzierung) geben könnte? Welche Herausforderungen und Sorgen habt ihr?
Natürlich ist es für unseren Verein mit seinen rund 500 Mitgliedern nicht einfach, wenn der komplette Spiel- und Trainingsbetrieb ruht. Finanziell ist es aktuell ein schmaler Grad. So entfallen Einnahmen aus Vermietung und Heimspielen. "Parallel müssen wir ja weiterhin den Verpflichtungen aus Krediten, die unser Vereinsobjekt betreffen, und für Vorauszahlungen der Betreiberkosten nachkommen", sagte mir Vorstandsmitglied Torsten Müller auf Anfrage. Darüber hinaus trifft die wirtschaftliche Lage sicherlich auch einen Teil unserer Sponsoren - viele Klein- und Mittelständler, die aktuell mit dem Fortbestand ihrer Unternehmen zu kämpfen haben. Da steht sicherlich nicht das Sponsoring an erster Stelle. Dafür hat der Verein großes Verständnis, könnte ihn aber in Schwierigkeiten bringen. "Wir können nur hoffen, dass in absehbarer Zeit wieder Normalität eintritt. Bis dahin bauen wir auf Zugeständnisse der Banken und auf das Verständnis bei unseren Mitgliedern, ihren Beitrag weiterhin zu entrichten", gab Vorstandsmitglied Müller zu verstehen.


Wie sollte eurer Meinung nach mit der unterbrochenen Saison verfahren werden (Abbruch, Weiterführen, Annullieren, etc.)? Was ist die aus Vereinssicht beste Lösung? Ich glaube alle Vereine können sicher sein, dass der Verband die Situation permanent beobachtet, dabei alle Szenarien von einer Fortsetzung des Spielbetriebs bis hin zum vollständigen Saisonabbruch im Blick hat. Alle Entscheidungen müssen aber verantwortungsvoll und besonnen vorbereitet und mit den Vereinen kommuniziert werden. Für uns als Mannschaft ist es sportlich gesehen eher zweitrangig, wie entschieden wird. An eine Annullierung glaube ich persönlich nicht, da notfalls die Hinrundentabelle genutzt werden wird. Was passiert eigentlich, wenn es einen Saisonabbruch gibt und der Verband in der folgenden Saison mit der Ankündigung beginnt, die Landesklassen von vier auf drei Staffeln zu reduzieren?

Vielen Dank für deine Stellungnahme zu diesem Thema, alles Gute für Dich und deinen Club und natürlich vor allem Gesundheit, Carsten!
Aufrufe: 09.4.2020, 15:00 Uhr
FuPa SachsenAutor