2024-06-13T13:28:56.339Z

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"Bei den meisten gibt es einen Grund, warum sie da unten spielen", findet Manuel Seidel. Foto: Michael Müller
"Bei den meisten gibt es einen Grund, warum sie da unten spielen", findet Manuel Seidel. Foto: Michael Müller

Johannis 83 als Heimat für die ganze Familie

Nürnbergs Fußballer - Teil 3: Wie der Opa so der Enkel: Manuel Seidel und Meisterspieler Heinz Kreißel kehren immer wieder zurück

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Nürnbergs Fußballer, das sind kleine und große Geschichten, die der Amateurfußball schreibt. In unserer Serie sammeln wir sie — vom Knoblauchsland bis zum Fernsehturm. Diesmal: Manuel Seidel vom TSV Johannis 1883.

Eigentlich waren diese Fuß­stapfen natürlich viel zu groß, in die Manuel Seidel gestiegen ist; zumindest im übertragenen Sinn. In Wirklichkeit waren sie ja gar nicht so groß, Seidels Vorbild ist nur 1,62 Meter groß. Trotzdem gibt es leichtere Hypotheken zu Beginn einer Laufbahn als Fuß­baller.

Sobald er geradeaus laufen konnte, haben ihn seine Eltern im Fußballverein angemeldet, er­zählt Manuel Seidel, und natür­lich haben sie dort einen Spieler­pass beantragt, wo auch sein Vor­bild zu einem außergewöhnlich guten Fußballer geworden ist. Von Zidane und Ronaldinho hat­te er im Kinderzimmer Poster an der Wand hängen und alte Schwarz-Weiß-Fotos von seinem Opa, er hatte praktischerweise ja gleich einen Superstar in der Familie; nur, dass sich diese damals selbst nie so genannt hät­ten und die Entlohnung deutlich überschaubarer ausfiel als heute. „Mein Großvater hat damals ein Fahrrad, einen Teppich und einen Kugelschreiber bekom­men“, sagt Seidel, „diesen Kuli hat er mir dann irgendwann ein­mal geschenkt“.

Es ist natürlich nicht irgendein Kugelschreiber. Es ist eine beson­dere Anfertigung, die es für den Gewinn der deutschen Meister­schaft gab, Seidels Großvater war Teil der Meistermannschaft des 1. FC Nürnberg von 1961, auch wenn er beim 3:0 gegen Dortmund selbst nicht auf dem Platz stand — Auswechslungen gab es zu dieser Zeit noch nicht.

Sechs Jahre zuvor, erst im Alter von 21 Jahren, war Heinz Kreißel zum Club gewechselt, vorher widerstand er den Lockru­fen aus Zabo. „Der FCN wollte mich schon als Jugendspieler ho­len, aber mir waren meine Kum­pels von Johannis wichtiger“, hat Kreißel einmal dieser Zeitung erzählt, was natürlich wunder­bar auch zu der Geschichte sei­nes Enkels passt, der heute über denselben Verein sagt: „Johannis ist einfach meine Heimat.“ 22 Jahre ist Manuel Seidel alt und inzwischen wieder in seiner Heimat angekommen. Eigentlich hat er sein ganzes Fußballleben beim TSV verbracht, vor zwei Jahren hat er dann doch noch ein­mal beschlossen, sich andere Ver­eine anzuschauen. Von den Jungs, mit denen er jahrelang die Nachwuchsmannschaften durch­laufen hatte, waren nur noch zwei an seiner Seite, der eigene Verein war ihm plötzlich etwas fremd geworden, also versuchte er sein Glück beim Post-SV. „Ich wollte es noch einmal höherklas­sig probieren“, sagt Seidel über seinen Ausflug in die Bezirksliga.

Spaß im Vordergrund

Der Ausflug schien zunächst keine ganz abwegige Idee zu sein, in der E-Jugend waren ihm 112 Tore gelungen, später trainierte er am Leistungsstützpunkt in Nürnberg, offenbar war das Talent des Großvaters nicht an ihm vorbeigegangen. „Und dann ging es aufs Großfeld“, sagt Sei­del und man ahnt schnell, dass es nicht so weitergegangen ist.

Immer wieder verletzte er sich, zurzeit muss er mit einem Bänder­anriss zuschauen, auch deshalb konnte er sich beim Post-SV nicht durchsetzen und machte wieder zwei Schritte zurück; in die A-Klasse zu Großgründlach. „Ich wollte, dass der Spaß wieder im Vordergrund steht“, sagt er, der wie sein Großvater ein sehr bescheidener Typ ist und im Gegensatz zu vielen anderen Spielern seine Emotionen meis­tens im Griff hat. „Das ist immer noch Amateurfußball“, sagt er. „Bei den meisten gibt es einen Grund, warum sie da unten spie­len. Am Montag gehen wir alle wieder in die Arbeit.“ In Großgründlach erlebte er eine deutlich ruhigere Zeit, trotz­dem zog es ihn vor dieser Saison wieder zu seiner alten Liebe. Die Familie hat neben dem Vereinsge­lände von Johannis 83 einen Schrebergarten, „ich bin dort ein­fach verwurzelt“, sagt er. Genau wie sein Großvater, der nach nur einem Spiel in der neu gegründe­ten Bundesliga zum TSV zurück­kehrte. Seidels Vater ist dort in­zwischen Vorstand, Johannis ist und bleibt ihre Heimat.

Eine Flanke schlägt Manuel Sei­del über den Kraftshofer Forst nach Kalchreuth zu einem ehe­maligen Teamkollegen. Nächste Woche: Sebastian Lutz.

Aufrufe: 030.9.2015, 09:24 Uhr
Sebastian Gloser (Nürnberger Nachrichten)Autor