2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
– Foto: Thies Meyer

Interview-Staffel: Yannick Weber

+++ VL Mitte +++ Neue Gesprächsserie +++ Weiter geht es mit Yannick Weber vom FV Breidenbach +++ Befragter nominiert nächsten Kandidaten +++

Was sich hinter der Serie namens „Interview-Staffel“? verbirgt, haben wir zu Beginn der Serie geklärt. Dieses Mal haben wir mit einer echten Abwehrkante gesprochen, an der sich einst schon der viel umworbene deutsche Nationalspieler Timo Werner die Zähne ausgebissen hat. So viel sei vorab verraten: Mit Yannick Webers Devise „Pressschlag statt Traumpass“ konnte er scheinbar nicht ganz so gut umgehen. Zu Timo Werner reihen sich auf jeden Fall noch einige deutsche Hochkaräter, die der Spieler vom Verbandsligisten FV Breidenbach vor der Flinte hatte. Den Staffelstab hat er jedenfalls bereits übergeben. Achso, einzige Regel bei der „Übergabe“: Man darf nicht direkt zurück zum Vorgängerverein überleiten. So kommen hoffentlich alle mal dran.

Hallo Yannick. Diese Frage muss ich dir einfach als ehemaligen NLZ-Spieler (Mainz 05 und Rot-Weiß Erfurt) stellen. Hast du mit oder gegen einen Spieler gespielt, der heute Profi ist?


Ja tatsächlich. Ich habe auf jeden Fall gegen viele Spieler gespielt, die jetzt Profi sind. Das geht los bei Joshua Kimmich (aktueller deutscher Nationalspieler und Spieler des FC Bayern München; d. Red.), geht über seine jetzigen Teamkollegen Niklas Süle, Serge Gnabry und Leon Goretzka bis hin zu Timo Werner (ebenfalls Nationalspieler wie die vier eben genannten Bayern-Profis, spielt allerdings bei RasenBallsport Leipzig; d. Red.). Zu Timo habe ich auch eine längere Story zu erzählen.

Gegen ihn hatte ich damals in der U17 Bundesliga ein ganz besonderes Spiel, was wir am Ende auch mit 3:2 gewonnen haben. Wir sind damals mit Mainz 05 nach Stuttgart gefahren und eigentlich hätten David Kinsombi (aktueller Spieler des Zweitligisten Hamburger SV; d. Red.) und Charmaine Häusl (aktueller Spieler des Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach; d. Red.) spielen sollen, aber Charmaine hatte verschlafen. Unser damaliger Chefcoach Meikel Schönweitz (Nachwuchs-Cheftrainer der deutschen U-Nationalmannschaften; d. Red.) kam dann im Bus auf mich zu und sagte mir, dass Charmaine verschlafen hatte. Dann sagte er, dass ich gegen eines der größten Sturmtalente Europas, nämlich gegen Timo Werner, spielen werde. Mein Spitzname war „Holz“, weshalb ich auch keinerlei Angst gezeigt habe. Ganz im Gegenteil: Ich dachte er muss auch erstmal an mir vorbei. Getreu dem Motto: Entweder der Gegner oder der Ball, aber niemals beide. Ich habe mich dann auch ganz normal warm gemacht auf dem Platz. Gleich zu Beginn der Partie habe ich ihn auch direkt bearbeitet, besser gesagt am Trikot gezogen. Ich habe also ganz nett „Guten Tag“ gesagt (lacht). Er hat dann auch sofort den Ellenbogen ausgefahren. Ab da wusste ich, dass heute kein schöner Tag für ihn wird (grinst). Ich habe ihm dann auch irgendwas nach dem Motto: „Ab jetzt gibt es nur noch auf die Socken“ gesagt. Natürlich hat er das auch nicht geglaubt, paar Sprüche zurück gerufen etc. Im nächsten Zweikampf gab es dann einen mit, sodass er auf dem Boden lag und völlig verdutzt hochgeschaut hat. Ich glaube spätestens ab da wusste er was auf ihn das restliche Spiel zukommen wird. Ich muss aber auch fairer Weise sagen, dass er an dem Tag einer der beste Spieler auf dem Platz war und einen Doppelpack für den VfB Stuttgart erzielte. Ich habe ihn richtig bearbeitet und hätte auch gut und gerne vom Platz fliegen können. Der Schiedsrichter meinte es aber gut mit mir (lacht). Seine zwei Tore haben seinem Team aber am Ende nicht geholfen, da wir aufgrund einer super Mannschaftsleistung 3:2 gewonnen haben. Für uns hat Patrick Pflücke (aktueller Spieler des Drittligisten KFC Uerdingen; d. Red.) gleich doppelt und Devante Parker (aktueller Spieler vom Regionalligisten FSV Mainz 05 II und Bruder vom ehemaligen Bundesliga Shawn Parker; d. Red.) getroffen. Bei diesem Spiel spielte Timo Baumgartl (aktueller Spieler des niederländischen Erstligisten PSV Eindhoven) glaube ich von Beginn an, aber Joshua Kimmich wurde auf Seiten der Stuttgarter erst im Laufe der Partie eingewechselt. Mein Erlebnis mit Timo Werner endete, als Timo Werner nach dem Abpfiff sichtlich angefressen vom Platz ging und mich ohne Ende beleidigte. Als er ohne Handschlag in die Kabine durchgelaufen ist, wusste ich, dass ich meinen Job bestens erledigt habe (grinst). Das war mein besonderes Erlebnis gegen Timo Werner (lacht).

Außerdem habe ich gegen Jonathan Tah (aktueller Spieler von Bayer 04 Leverkusen; d. Red.), Niklas Stark (aktueller Spieler von Hertha BSC; d. Red.), Marc Oliver Kempf (aktueller Spieler vom Zweitligisten VfB Stuttgart; d. Red.), Marc Stendera (aktueller Spieler vom Zweitligisten Hannover 96; d. Red.), Julian Weigl (aktueller Spieler vom portugiesischen Erstligisten Benfica Lissabon; d. Red.), Kevin Akpoguma (aktueller Spieler von der TSG 1899 Hoffenheim; d. Red.), Julian Brandt (aktueller Spieler von Borussia Dortmund; d. Red.) und Max Meyer (aktueller Spieler vom englischen Erstligisten Crystal Palace; d. Red.) gespielt. Das sind schon ein paar Namen, wo man sagt, schön gegen die gespielt zu haben (lacht).

Die Liste von den Profis, mit denen ich zusammengespielt habe, ist nicht ganz so lang. Von den ehemaligen Mitspielern, die es so richtig geschafft haben, sind es David Kinsombi (Hamburger SV) und Marc Wachs (aktueller Spieler von Wehen Wiesbaden; d. Red.). Mit denen habe ich in Mainz zusammengespielt. Da Mainz ein sehr familiärer Verein ist, hatte man auch Jahrgangsübergreifend mit Spielern zu tun. Von denen sind Suat Serdar (aktueller Spieler vom Bundesligisten FC Schalke 04; d. Red.), Aaron Seydel (aktueller Spieler vom Zweitligisten SSV Jahn Regensburg; d. Red.) und Erik Durm (aktueller Spieler von Eintracht Frankfurt; d. Red.) Profi geworden. Ich war auf derselben Schule wie Suat und Aaron und mit Erik war ich zusammen im Internat. Von den Spielern, mit denen ich zusammen bei Rot-Weiß Erfurt gespielt habe, sind Sebastian Stolze (aktueller Spieler vom SSV Jahn Regensburg; d. Red.) und Kevin Möhwald (aktueller Spieler vom SV Werder Bremen; d. Red.) Profi-Fußballer geworden.

Aber man hatte ja nicht nur mit Spielern zu tun, sondern auch mit Trainern wie Meikel Schönweitz (Nachwuchs-Cheftrainer der deutschen U-Nationalmannschaften; d. Red.) und Petr Ruman (Trainer von Greuther Fürth II und Co-Trainer von Greuther Fürth; d. Red.). Außerdem hat man auch noch die ein oder andere Trainingseinheit wie beispielsweise unter Thomas Tuchel (Trainer vom FC Paris Saint-Germain; d. Red.), Martin Schmidt (aktuell vereinslos, zuletzt Trainer vom FC Augsburg; d. Red.), Stefan Sartori (aktuell vereinslos, zuletzt Co-Trainer beim FC Augsburg; d. Red.) und Roland Vrabec (aktuell Trainer vom FC Progrès Niederkorn aus der 1. Liga Luxemburgs; d. Red.) wahrgenommen. Das waren zwar nicht meine Haupttrainer, aber trotzdem hatte man mit ihnen zu tun. Und im Nachhinein ist das natürlich ein absolutes Erlebnis. Wenn man sie dann im TV rumspringen sieht ist das rückblickend ein Wahnsinnsgefühl und eine super Erfahrung, wenn man beachtet, dass man vor nicht allzu langer Zeit mit ihnen im persönlichen Kontakt stand.


Das kann sich auf jeden Fall sehen lassen, da sich ja heute fast jedes Kind solche Erfahrungen mit einem Profi-Fußballer oder Trainer wünscht. Hast du denn noch Kontakt zu einem der heutigen Profis?


Da Mainz ein wirklich familiärer Verein ist und das auch vom gesamten Nachwuchsleistungszentrum und drum herum gelebt wird, waren das nicht nur Mitspieler, sondern sie sind auch Freunde geworden. Da gibt es zwei Spieler, mit denen ich mich auch noch regelmäßig treffe. Das ist zum einen Michael Kohns vom TSV Schott Mainz aus der Oberliga Rheinland-Pfalz und André Vogt vom Hünfelder SV aus der Verbandsliga Hessen-Nord. Zu einem richtigen Profi habe ich keinen richtigen Kontakt, mit dem ein oder anderem schreibt man sich vielleicht bei Instagram ab und zu. Ich hatte gestern zum Beispiel Kontakt mit Gordon Wild von LA Galaxy aus der MLS gehabt. Der war auch mit mir auf dem Internat in Mainz.


Das ist ja eine ganz schöne Menge, die du erlebt hast. Dann passt sicherlich die nächste Frage wie die Faust aufs Auge bei dir. Wie siehst du aus deiner Sicht die Maschinerie des Profifußballs und alles was dazu gehört? Du hast sie ja in deiner Jugend am eigenen Leib erfahren müssen.


Ähm. Im Prinzip merkt man ja das der Fußball sich permanent verändert und auch weiterentwickelt. Ich kann das auch gut beurteilen, weil ich gerade in der U17 bis U19 Bundesliga sehr nah am Profitum dran war. Man muss danach leben, braucht die richtige Einstellung und man muss vor allem funktionieren. Man kann sich einfach keine Fehltritte erlauben. In der jetzigen Zeit sowieso nicht, gerade wegen des Punktes Social-Media. Die Kommerzialisierung ist neben den Social-Media-Aktivitäten ganz klar zu erkennen, die einfach stark zunimmt. Das bis vor der Corona-Krise das Umsatzwachstum der Vereine stark zugenommen hat unterstreicht einfach den Punkt, dass man sich keine Fehltritte erlauben darf. Man muss wie eine Maschine funktionieren. Und das als Spieler und auch als Trainer. Das beste Beispiel ist doch die Gold-Steak-Affäre von Franck Ribéry (ehem. Spieler des FC Bayern München und aktueller Spieler des italienischen Erstligisten AC Florenz; d. Red.). Der hat sofort einen Shitstorm bekommen. Wenn man nicht funktioniert, ist man schnell weg vom Fenster. Deshalb sehe ich die Entwicklung kritisch und denke, dass es Sinn macht, gerade auch nach der Corona-Pandemie über eine Gehaltsobergrenze nachzudenken. Ich bin nämlich der Meinung, dass dann ganz andere Werte wie Loyalität zum Verein oder auch der „wirkliche“ Teamgeist und weniger der materielle Gegenwert eine Rolle spielen.


Vielen Dank für deine ehrlichen Worte. Lebt denn noch dein Traum von einer Profikarriere oder ist das Kapitel für dich abgehakt?


Gut ich bin jetzt 25 Jahre alt. Sollte morgen ein Angebot aus der 1. bis 3. Liga reinkommen, werde ich nicht nein sagen, weil ich einfach fußballverliebt und auch -verrückt bin. Allzu wahrscheinlich ist das allerdings nicht, eher unrealistisch würde ich sagen. Außerdem fühle ich mich beim FV Breidenbach in der Verbandsliga sehr wohl. Ich bin aber auch sehr zufrieden, dass meine Eltern mir immer gesagt haben, dass ich in der Schule am Ball bleiben soll. Deshalb mache ich zurzeit ein duales Master Studium im Marketing. Mein Traum wäre es natürlich über diesen Weg noch mal in das Profi-Geschäft zurück zu kommen (grinst).


Kommen wir zum aktuellen Spielgeschehen. Wenn man euer Torverhältnis anschaut, steht da eine Differenz von -4. Was ist da bisher falsch gelaufen?


(Lacht.) Ja wir hatten tatsächlich in dem ein oder anderem Spiel Totalaussetzer wie beim Spiel gegen den SC Waldgirmes II. Da stand ich aber zum Glück nicht auf dem Platz. Ich war da verletzt. Wir hatten in der laufenden Saison ja auch einen Trainerwechsel. Björn Breuer musste gehen und für ihn kam Steffen Schmitt, der das auch sofort mit den vielen Gegentoren erkannt hat und deshalb kompakter verteidigen ließ. Nach dem Trainerwechsel haben wir auch deutlich weniger Gegentore bekommen. Aber alles in allem nehme ich mich da nicht raus, weil ich als mittlerweile gestandener Verbandsligaspieler in der ein oder anderen Situation mehr Verantwortung hätte übernehmen müssen.


Es wird immer schwieriger Fragen für was wärest du zu finden. Bisher konnte ich immer noch Alternativen finden, so auch für dich. Wenn du ein Haushaltsgegenstand wärest, welcher wärest du?


Das ist eine echt geile Frage. Ich merke schon, du bist ein lustiger Kerl. Ich würde auf die Werkbank ausweichen. Als Fußballspieler wäre ich wahrscheinlich die Axt. Ich glaube jeder der mit mir zusammen gespielt hat weiß das ich ein netter Kerl bin. Aber sie wissen auch ganz genau warum die Axt zu mir passt. (Lacht.) Meine Devise ist nämlich: Pressschlag statt Traumpass!


Nach dem Pressschlag folgt das Thema der Woche: Die Corona-Pandemie sorgt für viel Kreativität, ob auf dem Arbeitsmarkt, im Privatleben etc. Über welche kreative Lösung staunst du und in wie weit glaubst du, dass diese Lösungen auch nach dem Ende der Krankheit Bestand haben?


Puh, jetzt muss ich mir erst einmal Gedanken machen. Was ich merke, es ist zwar keine kreative Lösung, aber wie gut Homeoffice beziehungsweise virtuelles Lernen bei Schulen, Universitäten, den Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern funktioniert. Das finde ich erstaunlich und ich denke auch, dass sich dieses Modell langfristig bewehren beziehungsweise festigen wird.

Wenn du aber eine richtige kreative Idee hören möchtest, dann würde ich den StayAtHome Cup vom Hessischen Fußballverband nennen. Das ist die einzige Möglichkeit im Moment den Fußball zu erleben. Ich spiele da auch mit, aber wenn ich dir sage wie ich gezockt habe, dann denkst du was ist das für eine Pfeife. Und ich bin in meinem Freundeskreis der beste, aber da merkt man einfach, dass andere in dem Moment wo ich für die Uni lerne beziehungsweise in Online-Vorlesungen sitze oder arbeite einfach stundenlang zocken (lacht). Ich glaube allerdings nicht, dass sich dieser kreative Turniermodus im Amateurbereich nach der Krise durchsetzen wird.


Jetzt testen wir mal deine Kreativität, indem wir dir die Frage von Luca (Studenroth, Spieler vom FSG Südkreis; d. Red.) stellen. Hast du dir schon eine Urlaubsalternative zum gemeinsamen Ausflug mit Luca nach Nizza überlegt?


Ähm, ne ich bin ehrlich. Ich habe noch ein bisschen Hoffnung, dass der Urlaub stattfindet. Aber ich gehe stark davon aus, dass es nicht funktionieren wird mit Nizza. Da dann aber auch andere Urlaubsausflüge nicht möglich sind, werden wir wohl virtuell die einen oder anderen Weizen heizen. Der Urlaub wird aber definitiv nachgeholt.


Kaum zu glauben, aber jetzt sind wir schon am Ende angekommen. Wie die Zeit doch verfliegt. Wen nominierst du, den wir deiner Meinung nach mit Fragen durchlöchern sollten?


Erst einmal vielen Dank bis dahin. Ich möchte, dass ihr den Nils Ackermann vom VfB Lohra aus der Kreisliga B Biedenkopf mit Fragen durchlöchert. Er ist da „sogenannter“ Führungsspieler und jetzt schon eine Vereinslegende (grinst).

Aufrufe: 05.5.2020, 11:07 Uhr
Louis LambertAutor