2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
– Foto: Dennis Bellof

Interview-Staffel: Hendrik Lapp

+++ Verbandsliga Hessen Mitte +++ Neue Gesprächsserie +++ Weiter geht es mit Hendrik Lapp vom SV Bauerbach +++ Befragter nominiert nächsten Kandidaten +++

Was sich hinter der Serie namens „Interview-Staffel“? verbirgt, haben wir zu Beginn der Serie geklärt. Trotz der zahlreichen Interviews aus den unterschiedlichsten Ligen im und um Marburg ist es erneut zum Novum gekommen. Erstmals haben wir einen Trainer im Interview und dann auch noch den jüngsten Cheftrainer der Verbandsliga, Hendrik Lapp vom SV Bauerbach. Was er von der Diskussion um den sogenannten „Laptop-Trainer“ hält und wie er die Reaktion auf die solidarischen Aktionen von Fußballern in Hinblick auf das Thema Rassismus findet, lest ihr hier im Interview. Den Staffelstab hat er jedenfalls bereits übergeben. Ach so, einzige Regel bei der „Übergabe“: Man darf nicht direkt zurück zum Vorgängerverein überleiten. So kommen hoffentlich alle mal dran.

Hallo Hendrik, ich habe es eben schon angeteasert: Du bist zur neuen Saison der jüngster Cheftrainer der Verbandsliga. Siehst du das eher als Bürde oder Ehre an?

Servus erstmal. Ich sehe es definitiv als Ehre an, auch wenn ich mir ehrlich gesagt darauf nichts einbilde. Also ich bin vor zwei Jahren zum SV Bauerbach als Co-Trainer gekommen. Mir hat diese Rolle wirklich Spaß gemacht. Als dann offiziell bekannt wurde, dass Stefan Frels aufhört, hätte ich auch gut damit leben können, als Co-Trainer für einen anderen Trainer zu arbeiten, aber mein 1. Vorsitzender, Edmund Euker hatte andere Pläne. Ich musste schon über das Angebot nachdenken, weil sich für mich die berufliche Frage stellte. Ich bin angehender Gymnasiallehrer und stehe vor dem Referendariat, was ich in Marburg, Fulda oder Kassel absolvieren könnte. Wenn es die letzten zwei Orte geworden wären, dann hätte ich das Traineramt in Bauerbach nicht ausüben können.


Bleiben wir gleich bei deiner Trainertätigkeit. Mit deinen gerade einmal 28 Jahren passt du ja perfekt in das Genre „Laptop-Trainer“. Wie sehen denn eine Trainingseinheit und die dazugehörigen Vorbereitungen konkret bei dir aus?


Ich besitze zwar einen Laptop, aber ich würde mich nicht als Laptop-Trainer bezeichnen. Als Trainer musst du deinen Spielern qualitativ hohes Training anbieten können, aber eben auch sympathisch, herzlich, umgänglich und vor allem emotional sein. Ich finde die Debatte um Laptop-Training auch etwas gewöhnungsbedürftig, denn was ist denn das Gegenteil davon? Die Mode der autoritären Führung ist im Fußball nicht mehr modern. Beim Fußball geht es ums Leben der Spieler. Du kannst nicht den ganzen Tag böse sein, wenn etwas zum Beispiel im Training oder im Spiel nicht funktioniert.


Wenn man auf deine Spieler- und Trainerkarriere schaut, gibt es da gewisse Parallelen. Du hast bei der FSG Südkreis und beim SV Bauerbach sowohl gespielt als auch trainiert, wie ist das zu erklären?


Hinsichtlich meiner Spielerkarriere ist der Einsatz bei Bauerbach nicht der Rede wert, weil ich da gar nicht gespielt habe. Ich war da schon Co-Trainer, bin allerdings als zweiter Torwart eingesprungen, weil unsere eigentliche Nummer 2 im Winter den Verein verlassen hat. Letztendlich war ich aber auch keine Spielminute auf dem Platz, sodass ich meine ganze Spielerkarriere eigentlich nur für die FSG Südkreis bestritten habe.


Kommen wir zur Frage von Steven Schmelter. Fast wäre es letzte Saison zum Comeback im Tor gekommen, da der Stammtorhüter angeschlagen war. Er möchte von dir wissen: Wie aufgeregt du während des Aufwärmens warst, als feststand, dass du möglicherweise als ungelernter Torhüter in der Verbandsliga zum Einsatz kommst?


In der Tat war es der Fall, dass am letzten Spieltag der Saison 18/19 gegen TuS Dietkirchen, die in die Hessenliga aufsteigen wollten, unser Torwart Manuel Bachmeier angeschlagen war. Sein Einsatz entschied sich erst beim gemeinsamen Aufwärmen. Im Vorfeld war ich natürlich schon nervös. Wir waren sicher auf Platz 9, sodass das Spielergebnis letztlich keine Auswirkung auf die Tabellensituation hatte. Bekanntlich gehört ja auch eine gewisse Nervosität dazu, um Spannung auf zu bauen. Ich habe auch noch eine witzige Anekdote zu dieser Story als zweiter Torwart. Nach der Saison wollten mich nämlich Vereine aus der Kreisliga und Kreisoberliga verpflichten. (Lacht.)


Außerdem interessiert ihn, wie du es immer schaffst, vor dem Spiel zu wissen, wie der Gegner agieren wird?


Also ich denke, ein guter Trainer kennt seinen Gegner. Ich würde es allerdings nicht als Intuition ansehen, sondern man muss Spiele anschauen, um die Stärken und Schwächen des Gegners herauszufinden. Ehrlich gesagt habe ich noch nie gezählt, wie häufig ich mir den Gegner anschaue. Wichtig ist den Gegner mindestens einmal gesehen zu haben, bevor wir dann gegen sie spielen. Und sonst steht man auch im Austausch mit dem ein oder anderen Trainerkollegen und informiert sich über diese Schiene über den Gegner.


Jetzt machen wir noch kurz eine Rolle rückwärts. Wie bist du eigentlich zum Trainerjob gekommen?


Ich würde es als Zufall bezeichnen. Mein Heimatverein FSG Südkreis fand damals keinen Trainer für die U7, damals hieß diese Altersklasse noch Bambinis. Sie haben mich konkret angesprochen, ob ich mir das vorstellen könnte. Und so wurde ich im zarten Alter von 15 Jahren Jugendtrainer. Meine weiteren Stationen beziehungsweise Schritte haben sich dann ergeben. Ich habe mit 18 meine B-Lizenz gemacht und war damals einer der Jüngsten im Lehrgang. Aber ich hatte einfach Bock mich weiter zu entwickeln. Danach war ich fünf Jahre lang beim VfB Marburg Trainer, habe dort die D- und C-Junioren trainiert. Am Ende sogar die C-Junioren, also die U15 in der Hessenliga. Auf den VfB Marburg folgte dann der nächste Schritt, der zum SV Bauerbach in den Herrenbereich führte.


Das klingt alles nach einem rasanten Aufschwung. Was sind deine Ambitionen als Trainer?


Mein Ziel ist es nicht in beispielweise drei Jahren Hessenliga und dann in sechs Jahren Regionalliga zu trainieren, sondern mich stetig als Trainer weiter zu entwickeln, unabhängig von der Liga.


Nach den allgemeinen Fragen folgt nun auch wieder meine Lieblingsfrage aus der Kategorie Humor. Wenn du ein Kaltgetränk wärest, welches wärest du und wieso?


Die meisten die mich kennen wissen was ich jetzt antworten werde: Ein schönes Weizen. Und wieso? Weil es sehr gut schmeckt.


Auf den Humor folgt nun in deinem Fall eher der bittere Ernst. Wir sind bei der Frage zum Thema der Woche angekommen. Einige Fußballspieler wie beispielsweise Jadon Sancho vom BVB haben sich am vergangenen Wochenende mit gewissen Gesten und Schriftzügen zum Tod von George Floyd geäußert? Wie siehst du das und was sagst du dazu, dass der DFB Sanktionen angekündigt und dann fallen gelassen hat?


Also erst einmal befürworte ich jede solidarische Aktion gegen Rassismus. Wenn der DFB diese Spieler bestraft hätte, hätten sie wahrscheinlich das größte Eigentor ihrer Geschichte geschossen. Der DFB schreibt sich auf die Fahne: Sag Nein zu Rassismus. Deshalb können sie keinen Spieler dafür bestrafen, der öffentlich dafür eintritt. Der DFB verbietet politische Botschaften im Spiel, aber meiner Meinung nach ist das Eingestehen gegen Rassismus keine politische Äußerung.


Vielen Dank für diese Ausführung. Kommen wir nun zur letzten und allseits bekannten Frage. Wen nominierst du, den wir deiner Meinung nach mit Fragen durchlöchern sollten?


Ich nominiere an dieser Stelle meinen Freund Niklas Müller von der FSG Südkreis, weil ich denke, dass er für dich einen super Interviewpartner abgeben wird.

Aufrufe: 07.6.2020, 22:10 Uhr
Louis LambertAutor