WALDALGESHEIM. Die Oberliga-Reserve des SV Alemannia Waldalgesheim hätte als Primus der C-Klasse Mainz-Bingen West I gute Chancen auf den Aufstieg in die B-Klasse gehabt. Nach dem coronabedingten Saisonabbruch fristet das Team von der Waldstraße sein Dasein mindestens ein weiteres Jahr in der tiefsten Liga. Das ändert aber nichts daran, dass der Unterbau mittelfristig in die A-Klasse will – und vielleicht sogar noch etwas höher hinaus. Wir sprachen mit Co-Trainer Jens Leydecker (43), einem gebürtigen Mainzer, der in Stromberg wohnt, über die Bedeutung des Kollektivs, den Waldalgesheimer Weg – und den Traum von der Bezirksliga.
Herr Leydecker, vor einiger Zeit bat diese Zeitung wegen einer statistischen Auswertung der bisherigen Runde um eine Übersicht Ihrer Torschützen und Vorlagengeber. Sie haben damals erläutert, dass Sie solche Auswertungen nicht anstellen, dies sei „für uns nicht relevant“. Können Sie dies erläutern?
Für uns Trainer zählt in erster Linie das Team. Tore, Torvorlagen und das Endergebnis spiegeln eine komplette Teamleistung wider. Von daher ist es egal, wer das Tor und die Vorlage dazu macht. Wichtig ist, dass das ganze Team dafür arbeitet und man gewinnt. Die Statistiken zu Toren und Torvorlagen führt das Team – und da sind die Daten auch gut aufgehoben. (schmunzelt)
Sie könnten also auf Anhieb nicht sagen, wer ihr bester Knipser und wer ihr Topscorer ist?
Dadurch, dass ich vor einigen Wochen mal nachgeschaut hatte, kenne ich die besten Torjäger natürlich – aber bei den besten Vorlagengebern muss ich passen.
Gibt es trotzdem einen Offensivmann, dem Sie gerne ein Sonderlob aussprechen wollen?
Ich kann nur der gesamten Offensive und dem gesamten Team ein Riesenkompliment aussprechen. Wir hatten die meisten Tore in der Liga geschossen, was bedeutet, dass das Team sehr gut funktioniert und die Jungs in der Offensive das nötige Selbstvertrauen haben, die Buden zu machen.
Mit dem Aufstieg ist es ja erst mal Essig. Wie bitter ist das für den Verein und wie stark lassen Sie sich davon entmutigen?
Im ersten Moment war es bitter, aber es war abzusehen und auch die richtige Entscheidung, die Saison abzubrechen. Von daher war es nur im ersten Moment bitter – und dann war schon wieder eine große Lust da, erneut anzugreifen. Von so etwas lassen wir uns in keiner Weise entmutigen. Es ist eher ein noch größerer Ansporn. Dazu kommt: Wenn wir es schaffen aufzusteigen, kann auch hoffentlich wieder gefeiert werden. Das wäre ja dieses Jahr kaum möglich gewesen.
Sie werden bis mindestens bis Mai/Juni 2022 in der C-Klasse West I spielen. Wie bewerten Sie das Niveau?
Wir haben dort ein sehr gutes Niveau. Selbst Teams, die unten stehen, sind schwer zu bespielen und man muss immer seine Leistung abrufen und darf nicht nachlassen. Ansonsten wird es auch in der C-Klasse schwierig, ein Spiel zu gewinnen.
Wie wichtig wäre ein Aufstieg der zweiten Mannschaft für den Verein?
In erster Linie ist es für unsere junge Mannschaft wichtig aufzusteigen und sich in einer höheren Klasse weiterzuentwickeln. Das ist das Ziel aller Verantwortlichen bei der Alemannia.
Muss es nicht das Ziel sein, die zweite Mannschaft rasch in die A-Klasse oder Bezirksliga zu führen, damit der Sprung ins Oberliga-Team für talentierte Kicker realistischer ist – oder verfolgen Sie einen ganz anderen Ansatz, weil ein schlagkräftiger Unterbau in der Bezirksliga zu viel Geld verschlingen würde?
Natürlich möchten wir in die A-Klasse oder in die Bezirksliga aufsteigen, und das ist auch das Ziel der Mannschaft. Man muss dem aber auch Zeit geben und nicht auf Teufel komm‘ raus eine Mannschaft nach oben pressen. In diesem Fall bleiben oft talentierte junge Spieler auf der Strecke und verlassen den Verein. In erster Linie muss man die Entwicklung der Jungs fördern. Unser Ziel ist es, eine junge Truppe aus dem Umkreis immer weiterzuentwickeln, dann sind Aufstiege zwangsläufig programmiert. So identifizieren sich die Spieler noch mehr mit dem Verein und den Fans. Diesen Weg wollen wir weitergehen, auch wenn wir genau wissen, dass es Rückschläge geben wird. Aber mit einer soliden Basis sind Rückschläge kein Problem, und man kann daraus viel lernen und gestärkt daraus hervorgehen.
Das Interview führte Michael Heinze.