Idrissou-Aus in Rüsselsheim: Das sind die Hintergründe

Der 45-jährige Türke wiederum beerbt Interimscoach Mohamadou Idrissou. Der Ex-Profi war erst vor drei Wochen in die Bresche gesprungen, als Hakan Karakoc und Dogan Erdogan Mitte der Vorbereitung und nach einer krachenden Pokalpleite gegen Groß-Gerau überraschend ihren Rücktritt verkündet hatten. “Frischen Wind” für ein bis dato wenig leidenschaftlich kickendes Ensemble hatte sich das Trainerduo von ihrer Demission versprochen.

Tekin: "Fußball hat uns mit ihm wieder Spaß gemacht"

Glaubt man Volkan Tekin, so hat das mit der Verpflichtung von Idrissou auch funktioniert. “Unter ihm waren plötzlich wieder alle im Training. Fußball hat uns mit ihm wieder Spaß gemacht. Er ist ein sympathischer Typ”, findet der 31-Jährige. Auf dem Papier lässt sich der neue Elan auch mit Achtungserfolgen in Testspielen belegen: Drei Unentschieden gelangen der SG unter Idrissous Regie, jeweils auswärts in Testspielen beim Mitte-Verbandsligisten SV Niedernhausen (1:1), Hessenligist Viktoria Griesheim (1:1) sowie dem ambitionierten Gruppenligisten FCA Darmstadt (2:2).

Engagement von Idrissou eine "Riesenehre"

Mit dem Ex-Profi, der in seiner Spielerkarriere 39 mal für sein Heimatland Kamerun auflief, waren ursprünglich vier Wochen der Kennenlernphase fixiert gewesen. Auch jetzt sprechen Vereinsfunktionäre noch in höchsten Tönen von “Mo”. Dem WM-Teilnehmer von 2010. “In der Zeit, in der er hier war, ist sehr viel Gutes passiert. Er hat gute Laune reingebracht, aber auch die Disziplin, die er aus seiner Zeit als Profi kennt”, sagt Teammanager Cem Ilhan. Diesen Stil hatte Mo Idrissou auch zum Start seiner Trainerzeit in Rüsselsheim verkündet.

Dersims Vorsitzender Akan Akkus spricht von einer “Riesenehre”, dass ein ehemaliger Profi seinem “kleinen Verein” so spontan ausgeholfen habe. Trotz aller Lobeshymnen ist das Kapitel Idrissou in Rüsselsheim wieder Geschichte, nach etwas mehr als der Hälfte der zunächst anvisierten vier Wochen. Wie kam es dazu?

Frustierter "Mo" wütet in zwei Audio-Nachrichten

Der Mannschaft gegenüber hatte der Vorstand Ende der vergangenen Woche erklärt, Idrissou sei aus finanziellen Gründen nicht mehr für den Verein tragbar gewesen. Das wiederum veranlasste Mo Idrissou, zwei jeweils fünfminütige Audio-Nachrichten zu verschicken, in denen er den Vorstand um Akkus auf das Heftigste attackiert. Grundtenor eines hörbar frustrierten Idrissou, der nach drei Wochen der Vorbereitung auch gerne Pflichtspiele mit Dersim an der Seitenlinie betritten hätte: Das sei eine Lüge, er selbst habe nur eine Erstattung der Benzinkosten verlangt, um aus seinem Wohnort Frankfurt zu den Spielen und Trainings zu pendeln. “Außer dem Tankgeld war ich für euch kostenlos. Ich wäre auch ein Jahr geblieben, ohne einen Cent zu verlangen”. Das bestätigt der Vorsitzende auf Nachfrage: “Mo hat keine großen Ansprüche gestellt.” Zusätzlich zum Tankgeld soll Idrissou zudem noch einen Leihwagen verlangt haben, einer der Dersim-Verantwortlichen ist bei einem Autovermieter tätig. “Das ist nicht die Welt für einen Ex-Profi. Aber eben auch keine Drei Mark Fünfzig. Da hole ich lieber zwei Hammer-Spieler”, sagt Cem Ilhan, der Teammanager.

Akkus: Gesamtpaket passt bei Balaban besser

Der Vorsitzende Akan Akkus spricht aber auch vom “Gesamtpaket”, das bei Balaban besser gepasst habe. Denn der neue Coach, der sechs Jahre Profi in der Türkei war und den Verein und einen Großteil der Spieler und Funktionäre aus vorangegangenen Engagements im Verein bestens kennt, bringt auch seinen eigenen Trainerstab mit. Als Co-Trainer kommen Ali Riza Kara und Ralph Auth, der zuletzt als Coach bei der SG Trebur/Astheim wirkte.“So eine Struktur braucht man, wenn man auf Verbandsliga-Niveau vernünftig mithalten möchte”, erklärt der Vorsitzende Akkus. Und einen solchen Staff, wie ihn Balaban von sich aus mitbringt, hätte der Verein Idrissou sonst zur Seite stellen müssen – mit entsprechendem finanziellem Mehraufwand. Denn Idrissou selbst war es, der einen weiteren Co- sowie einen Torwarttrainer verlangt hatte, idealerweise noch einen Masseur. “Das hätte für uns den Rahmen gesprengt”, sagt Teammanager Ilhan. “Und das Finanzielle macht eben doch 20 bis 30 Prozent bei einer solchen Entscheidung aus”, sagt Akkus.

Idrissou wollte kein spielender Co-Trainer sein

Der Verein machte Idrissou Mitte der vergangenen Woche ein weiteres Angebot: Er könne dem Verein unter Balaban als spielender Co-Trainer erhalten bleiben. Das lehnte Idrissou jedoch ab. “Ich muss der Cheftrainer sein, um diese Jungs weiterzubringen. Wir hatten eine Top-Mannschaft mit coolen Jungs, die mich akzeptiert haben”, heißt es in einer seiner Audio-Nachricht.
Diese Mannschaft wird nun aber wieder mit einem neuen Trainer auskommen müssen. Das Idrissou-Intermezzo ist nach etwas mehr als drei Wochen wieder beendet. Am Wochenende empfängt die VfR/Dersim die SG Bornheim.