2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
– Foto: Ingo Muhme

"Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen"

Hätte der RSV Eintracht auch unter normalen Umständen den Aufstieg bewältigt? Coach Patrick Hinze geht fest davon aus. Doch genießen kann er die großartigen letzten Jahre derzeit nicht, die unklare Sachlage macht ihn verrückt. Er würde einfach eine Entscheidung treffen, damit alle Planungssicherheit haben. Nach der Pause möchte seine Spieler noch besser machen - für höhere Aufgaben.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Patrick Hinze

Fünf Wochen Fußballfreie Zeit. Bist du schon eingegangen, Patrick?

Nein, eingegangen noch nicht. Ich habe mich am Knie und Kiefer operieren lassen, zudem plane ich für eine neue Wohnung. Ich habe daher einiges um die Ohren und mir wurde nicht so langweilig wie anderen. Aber der Duft des Rasens und die Bälle fehlen mir schon.

Die Pause scheint also nicht in allen Punkten schlecht zu sein. Trotzdem: dürfte es jetzt langsam wieder losgehen?

Ganz genau. Dinge, die man normalerweise in der Urlaubszeit hätte gemacht, kann man jetzt erledigen. Aber es darf wieder los gehen, es nervt auch was man liest und hört.

Wie genau ist das zu verstehen? Fehlt dir einfach eine klare Aussage?

Eine Entscheidung wäre schön. Ich stelle es mir unkomplizierter vor und würde es generell leichter machen. Abbruch der Saison - Aufsteiger hoch, Absteiger gibt es nicht. Jeder weiß woran er ist und man braucht nur noch auf das „Go“ warten. Ich finde, es wird alles so kompliziert gestaltet.

Ja, die Verbände tun sich, meiner Meinung nach auch wegen der rechtlichen Lage, mit den Abbrüchen so schwer. Denkst du, es würde nicht auch bei dieser Variante Vereine geben, die damit zufrieden sind?

Ja, aber es ist dann halt aufgrund der Umstände so. Man kann auch die Hinrunde oder den Quotienten, aber es ist dann halt so. Entschieden und Basta. Wenn sich dann Vereine beklagen, brauchen wir in unserer tollen Welt auch nicht von Solidarität reden. Im September weiterzuspielen, wie in Bayern, ist der größte Käse.

Warum?

Man muss bis Dezember alles geschafft haben um am Anfang des Jahres gleich wieder mit der neuen Saison zu starten. Kann man aber nicht, wegen dem Wetter, der Plätze und dem fehlenden Licht. Bedeutet im Umkehrschluss, man könnte erst Ende Februar, Anfang März wiederbeginnen. Dann müsste man 30 Spiele bis Juli oder August schaffen, was nicht zu schaffen ist. Nur um dann gleich wieder in die nächste Saison zu starten. Alles Wahnsinn.

Derzeit steht ja auch noch gar nicht fest, wann wieder gespielt werden darf. Es herrscht noch Kontaktverbot. Sollte man generell die Pause jetzt bis nach den Sommerferien durchziehen, um Risiken zu meiden oder ist eher „umso schneller zurück“ umso besser?

Wir waren eine der wenigen Mannschaften, die über den 30.06.20 weiterspielen wollte, um evtl. Mitte Juli fertig zu sein. Wenn das aber nun nicht mehr machbar ist, dann sollte man abbrechen und warten das wieder alles normal ist. Wenn dann das „Go“ kommt, kann man wieder Gas geben. Meine Spieler trainieren zwar fleißig, aber nun sind sie schon Wochen weg vom Ball. Nochmal anfangen zu spielen, zumal das noch Wochen dauern wird, macht keinen Sinn.

Von einem Abbruch, mit Aufsteigern, würdet ihr besonders profitieren. Wäre der Aufstieg in die Oberliga der verdiente Lohn hinter der harten Arbeit der vergangenen Monate?

Ich denke schon und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass wir den Oberliga-Aufstieg auch unter normalen Umständen geschafft hätten bzw. schaffen würden. Mein Verantwortungsteam, mein Trainerteam und vor allem die Jungs sind sehr, sehr fleißig und charakterlich einfach top. Wir haben es einfach verdient. Gewinnen wir das Nachholspiel sind es mit dem besseren Torverhältnis 14 Punkte Vorsprung. Ich denke schon, dass man dann sagen kann, dass wir es verdient haben.

War mit dieser herausragenden Leistung schon vor Saisonbeginn zu rechnen?

Ich habe vor der Saison gesagt, dass wir sicherlich in der Lage sind, ein ernstzunehmender Gegner zu sein und auch alle Gegner besiegen können, wir aber sicherlich auch eine Lehrstunde erhalten werden. Dass es bei so wenigen Lehrstunden geblieben ist, umso schöner. Aber man muss auch sagen, dass in zwei, drei Spielen ein wenig Glück dabei war.

Mir würde dort direkt das Spiel gegen Eberswalde einfallen?

Ja, erst in Sachsenhausen. Hier haben wir zwar spielerisch überzeugt, lagen aber 2:0 hinten und machen ein bisschen glücklich das 2:3. Oder eben gegen Eberswalde. Dort haben wir sogar 0:4 hinten gelegen, eine Lehrstunde erhalten, dann aber noch 5:4 gewonnen. Das sieht man nicht alle Tage, aber das hat uns alle natürlich unheimlich gepusht.

Das sind Spiele, die man so sicherlich nicht mehr vergisst. Was sagt man den Jungs bei so einem Spielstand? Gibt man schon die Hoffnung auf? Wie kann man von außen positiv einwirken?

Es stand zur Halbzeit 0:3, der Gegner hat die Fehler eiskalt ausgenutzt und zudem einen guten Freistoßschützen in seinen Reihen gehabt. Ich sagte in der Halbzeit, wenn es eine Mannschaft drehen kann, dann Ihr. Seid mutig und zeigt Charakter. Das Spiel wendete sich, nachdem Eberswalde eine rote Karte sah und wir nur noch 2:4 hinten lagen. Es war unglaublich als Lauritz Schulze-Buschhoff den Siegtreffer machte. Ich habe mich sehr gefreut, für den Jungen und das Team.

Sind die vergangenen beiden Jahre und der Erfolg auch eine gewisse Art der Genugtuung für den verpassten Aufstieg im ersten Jahr Amtszeit?

Nein, ich denke das eine Jahr mehr tat uns ganz gut. Auch wenn wir den Aufstieg gerne mitgenommen hätten. Aber so wie es gelaufen ist, ist es absolut zufriedenstellend. Zumal wir immer einen zwei Jahresplan aufstellen.

Was hat im ersten Jahr gefehlt, oder warum war das zweite Jahr in der Landesliga „wichtig“ für die Mannschaft?

Wir haben im ersten Jahr einen Umbruch gehabt. Spielern aus der eigenen Jugend haben wir das Vertrauen gegeben und viele andere mussten gehen. Die Philosophie ist, mit jungen, hungrigen, talentierten Spielern eine charakterstarke Truppe inkl. Trainer und Funktionsteam aufzubauen. Das hat auch gut geklappt, aber in einigen Spielen waren wir nicht clever genug. Aber für die Einheit und das Klima der ganzen Mannschaft war die Zeit sehr wichtig. Diese Mannschaft, mit ein bisschen Frust, aber auch viel Wille in die 2. Saison zu schicken war nicht schwer. Die Mannschaft wusste sich selbst einzuschätzen. Wir hatten alle Möglichkeiten gehabt das Ding zu ziehen in der Saison. Das hat man dann auch in der Tabelle gesehen. Wir brannten Woche für Woche und wurden mit über 20 Punkten Vorsprung Meister. Das hat einen unglaublichen Push aber auch viel Selbstvertrauen gegeben. Die Jungs sind reifer geworden, besser geworden und waren zudem sehr fleißig. Somit konnten wir auch dieses Jahr den Trend fortsetzen.

Ist es als Trainer einfacher, oder macht es mehr Spaß, mit einer Truppe zu arbeiten, die jung, hungrig und willig ist?

Ich glaube schon, dass wir als Trainerteam sehr abwechslungsreich und gut trainieren. Und dann hast du eine Trainingsbeteiligung mit durchschnittlich 22 Spielern, was überragend ist. Die Jungs scheinen gerne da zu sein und sich zu messen. Vor allem weil sie viel Spaß haben.

Was war dein persönliches Highlight in den vergangenen drei Jahren?

Der Aufstieg. Und das Pokalspiel gegen Cottbus, wo eigentlich mehr drin war. Aber ich muss sagen, dass die gesamte Zeit, fast drei Jahre, unbeschreiblich war. Riesen Jungs, riesen Trainerteam, super Verantwortungsteam.

Was würdest du gerne noch mit dem RSV und als Trainer erreichen?

Mich würde es freuen, mit dem Team noch lange erfolgreich zu sein. Noch mehr aufzubauen und noch erfolgreicher zu werden. Die Spieler noch besser machen, auch für höhere Aufgaben. Ich möchte mich aber auch in dem Zusammenhang bei unseren Partnern und engen Freunden bedanken, die unserem Team sehr viel geholfen haben in der letzten Zeit. Sei es finanziell oder materiell. Ohne starke Partner geht es nicht.

Höre ich da raus, dass in der Oberliga nicht Schluss sein muss?

(Lacht) Ich denke, wir sollten erstmal zusehen, in der Oberliga zurechtzukommen und uns bestmöglich zu etablieren. Dann kann man weiterschauen. Oberliga ist nun wirklich ein anderes Kaliber.

Aufrufe: 024.4.2020, 13:46 Uhr
Marcel PetersAutor