2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
– Foto: Thies Meyer

»Ich sehe aus wie Batman auf der Flucht«

KLB WETZLAR: +++ Fußball-Trainer Jürgen Hendrich über ein ungewöhnlichen Ostergeschenk, die Klopapier-Challenge und den Treppensport +++

Ich habe mich an das Leben mit dem Coronavirus gewöhnt. Da ich weiterhin ganz normal am Arbeiten bin, hat sich bei mir persönlich ohnehin nicht wirklich viel verändert. Spätestens beim Osterfest habe ich dann aber doch gemerkt, dass irgendetwas anders ist: Als Geschenk gab es früher immer eine Kiste Bier, dieses Mal eine selbstgenähte Atemschutzmaske, mit der ich aussehe wie Batman auf der Flucht.

Die fußballfreie Zeit habe ich mit meinem 62 Jahren zunächst sogar noch einigermaßen genießen können, allerdings muss ich zugeben, dass mir das Training mit der Mannschaft schon ganz schön fehlt. Auch hier beim VfB Aßlar findet ein Vereinsleben so gut wie gar nicht mehr statt. Ich vermisse den persönlichen Austausch mit meinen Kollegen, die zugleich auch gute Freunde von mir sind. Welchen Schaden die Krise finanziell für unseren Verein anrichtet, lässt sich noch nicht sagen. Klar ist, dass ich als Trainer in der Verantwortung bin, auch auf etwas zu verzichten, wenn es notwendig ist.

Beide Teams des VfB Aßlar stehen im Mittelfeld

Auf die Frage, welche die beste Lösung wäre, mit der aktuellen Saison zu verfahren, habe ich ehrlich gesagt keine richtige Antwort. Wir stehen mit beiden Mannschaften im Mittelfeld, weshalb uns so oder so nichts passieren kann. Das ist natürlich eine beruhigende Situation. Was ich sagen kann ist, dass ein Saisonabbruch in meinen Augen unabdingbar ist. Solange es weiterhin Einschränkungen im öffentlichen Leben gibt, brauchen wir an Amateurfußball nicht zu denken. Es ist schlichtweg zu gefährlich, zeitnah weiter zu machen. Die wenigsten von uns haben einen Hygieneschein oder sonstiges, um die entsprechenden Maßnahmen treffen zu können. Gleichzeitig bin ich aber auch froh, dass ich nicht in irgendeinem Gremium sitze und eine Entscheidung treffen muss. Wird die Saison abgebrochen, wird sich beschwert. Geht es zeitnah weiter, wird sich beschwert. Es ist unmöglich, es jedem Verein recht zu machen.

Was meine Spieler in ihrer Freizeit treiben, bekomme ich eher zufällig mit. Die Jungs können froh sein, dass ich kein WhatsApp oder sonstige Modeerscheinungen nutze, denn bei der Klopapier-Challenge hätte ich sie bestimmt alle alt aussehen lassen. Ohnehin gehe ich davon aus, dass das Trainerteam nach der Coronapause auf einem höheren Fitnesslevel als ein Großteil der Mannschaft sein dürfte, aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Obwohl der Fußball immer mehr fehlt, weiß ich meine Zeit sinnvoll zu nutzen: Ich gehe für meine Eltern einkaufen und bin viel mit dem Mountainbike unterwegs. Ich habe sogar schon Pokale gewonnen, was wohl auch daran liegt, dass in meiner Altersklasse die Konkurrenz überschaubar ist. Aber das muss ja keiner wissen. Was generell auffällt: Plötzlich kommen mir Leute auf der Straße und im Wald entgegen, die ich vorher noch nie gesehen habe. Neben dem Fahrradfahren bin ich sozusagen der Erfinder des Treppensports. Das mache ich zwei- bis dreimal in der Woche. Die Nachbarn schütteln zwar immer mit dem Kopf, dafür hält es mich aber fit.

„Corona ist da, aber wir sind es eben auch noch“

Prinzipiell warte ich also nur auf das Signal von oben, dass es endlich weiter geht. Ich stehe sofort zur Verfügung – Egal, ob ich die Jungs über den Platz scheuchen soll oder es in die Kneipe geht. Corona ist da, aber wir sind es eben auch noch.



Jürgen Henrich ist seit dieser Saison Trainer des VfB Aßlar II- Zuvor leitete der Kaufmann unter anderem für Eintracht Wetzlar und den TuS Naunheim die Geschicke an der Seitenlinie.

Unser Gastautor
Aufrufe: 03.5.2020, 20:05 Uhr
Jürgen Hendrich (WNZ)Autor