2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Handlabs Spielertrainer und Torhüter in Personalunion Stefan Kufner hat sich mit dem Corona-Virus infiziert und befand sich in den vergangenen zwei Wochen in häuslicher Quarantäne.
Handlabs Spielertrainer und Torhüter in Personalunion Stefan Kufner hat sich mit dem Corona-Virus infiziert und befand sich in den vergangenen zwei Wochen in häuslicher Quarantäne. – Foto: Bernhard Enzesberger

»Ich bin von vielen Menschen sehr enttäuscht«

Handlabs Spielertrainer Stefan Kufner ist an Corona erkrankt und spricht im FuPa-Interview über den Krankheitsverlauf sowie die Auswirkungen +++ Insgesamt sieben (!) bestätigte Fälle beim Deggendorfer Kreisklassisten

Es hätte alles so schön sein können: mit fünf Punkten Vorsprung auf die Verfolger und zudem noch einem Nachholspiel in der Hinterhand ging der FC Handlab-Iggensbach Anfang November 2019 als unangefochtener Tabellenführer der Kreisklasse Deggendorf in die Winterpause. Die Meisterschaft und die damit verbundene Rückkehr ins Kreisoberhaus wären dem FCH wohl nur mehr schwer zu nehmen gewesen. Knapp fünf Monate später drehen sich die Gedanken in Iggensbach allerdings nicht um eine mögliche Aufstiegsfeier, sondern ganz um das Corona-Virus. Denn dieses hat den Verein aus dem südöstlichen Landkreis Deggendorf erwischt wie nur wenige andere. Gleich sieben (!) Spieler aus dem Kader des Kreisklassen-Leaders wurden positiv getestet, darunter auch FCH-Spielertrainer Stefan Kufner, der sich seit 17. März in Quarantäne befindet. Dieser nimmt im FuPa-Interview ausführlich Stellung zu den Ereignissen der vergangenen Wochen.

FuPa: Stefan, zum Einstieg die einfache, aber wichtigste Frage: Wie geht es dir aktuell?
Stefan Kufner (32): Mir geht es aktuell sehr gut. Ich bin noch etwas kurzatmig und der Geschmackssinn fehlt noch. Aber ansonsten habe ich keine großen Probleme mehr.

Du bist jetzt seit 17. März in Quarantäne. Wie war diese Zeit für Dich persönlich?
Wie soll ich sagen, ich bin jemand der gerne Kontakt zu Freunden hat, der gerne in die Arbeit geht, der einfach Sachen unternimmt. Leider ist man in der Quarantäne halt eingesperrt, was jedoch in diesem Fall völlig richtig ist, um Ansteckungen zu vermeiden. Meine Freundin und ich haben halt viel Zeit zusammen verbracht und in der Wohnung Sachen erledigt, die sonst liegen geblieben sind. Spiele wie Monopoly waren unser ständiger Freund.

Wann hast Du davon erfahren, dass Du Dich mit dem Virus infiziert hast?
Wir waren ja vom 12. bis 13. März in Kroatien im Trainingslager. Am 16. März hatte ich dann vermehrt Husten und einen Tag später dann auch Kopf- und Gliederschmerzen. Daraufhin habe ich beim Hausarzt gleich einen Test gemacht und am 18. März den Anruf vom Gesundheitsamt bekommen, dass ich mich mit Corona infiziert habe.


»Anfangs habe ich ehrlich gesagt gedacht: naja so schlimm ist es nicht. Jedoch hat es sich zwischen Tag vier und Tag acht massiv verschlimmert.«

Wie hat sich die Krankheit bei Dir gezeigt bzw. wie war der Verlauf?
Anfangs habe ich ehrlich gesagt gedacht: naja so schlimm ist es nicht. Jedoch hat es sich zwischen Tag vier und Tag acht massiv verschlimmert. Ich hatte zwar kein Fieber, aber Husten sowie Kopf- und Gliederschmerzen, die ich in dieser Form noch nie so schlimm hatte. Ich war total matt und habe mich den ganzen Tag unwohl gefühlt. Am schlimmsten war es morgens und abends und es war wesentlich schlimmer als eine normale Grippe. Nach Tag acht habe ich gedacht es wird besser, aber in den Tagen zwölf und 13 sind die Schmerzen nochmal schlimmer geworden. In meiner Familie im Haus leben vier Risikopatienten. Meine Freundin und meine Oma habe ich leider angesteckt. Sie mussten im Krankenhaus versorgt werden. Der Verlauf der Krankheit ist aber bei jedem unterschiedlich. Mitspieler, deren Test auch positiv war, haben teilweise nur den Geschmacksinn verloren, andere hatten wiederum nur leicht erhöhte Temperatur. Ein anderer hatte auch starke Gliederschmerzen, die wirklich keinem zu wünschen sind.

Du sprichst es schon an: bei euch gab es ja gleich mehrere Fälle in der Mannschaft. Kann man nachvollziehen, wann und wo ihr euch angesteckt habt?
Wir haben bei uns im Verein sieben bestätigte Fälle. Wann, wo und wer den Virus als erstes hatte, kann man nicht nachvollziehen. Wir und Mitarbeiter des Gesundheitsamts können nur vermuten, aber wir glauben nicht, dass wir uns den Virus im Trainingslager geholt haben, sondern einer ihn schon vorher hatte und mit in den Bus gebracht hat. Hier wird womöglich die Ansteckung gewesen sein. Aber wie gesagt alles nur Vermutung. Ich für meinen Teil habe jedenfalls - nachdem die ersten Symptome aufgetreten sind - alle Spieler die im Trainingslager dabei waren, informiert. Ein Teil ist beim selben Hausarzt wie ich und hat auch den Test gemacht. Mir wurde dann vom Gesundheitsamt der Auftrag gegeben, alle Personen, mit denen ich Kontakt hatte anzugeben. Eigentlich nur zwei Tage rückwirkend, ich habe jedoch nach meinem positiven Bescheid eine Liste gemacht mit den Kontaktpersonen der vorhergegangenen sechs Tage.

Stefan Kufner zählt seit Jahren zu den absoluten Stützen des FC Handlab-Iggensbach. Aktuell hat der 32-Jährige jedoch Wichtigeres zu tun, als seinen Kasten sauber zu halten.
Stefan Kufner zählt seit Jahren zu den absoluten Stützen des FC Handlab-Iggensbach. Aktuell hat der 32-Jährige jedoch Wichtigeres zu tun, als seinen Kasten sauber zu halten. – Foto: Bernhard Enzesberger

Wie war der zeitliche Ablauf rund um das Trainingslager? Wir sind in der Nacht vom 12. auf den 13. März um Mitternacht Richtung Kroatien aufgebrochen und waren morgens um neun Uhr im Hotel in Porec. Am ersten Tag haben wir wie jedes Jahr zweimal trainiert und neben dem Mittag- und Abendessen auch den Abend zusammen in der Lobby verbracht. Am Freitag morgen hatte ich mit der Deutschen Botschaft in Kroatien telefoniert. Uns war die Situation bewusst wegen Corona und immer ein ständiger Begleiter. Hier wurde uns gesagt, es ist alles noch in Ordnung und die Grenzen seien nach wie vor offen, aber sie wissen nicht, wie lange die Lage noch so entspannt ist. Wir haben dann am Vormittag noch eine Einheit eingelegt. Danach haben aber Vorstand, Kassier und die sportliche Leitung mit uns Trainern beschlossen, das Trainingslager abzubrechen und auch finanziell einen Schaden in Kauf zu nehmen. Speziell unser Vorstand Manfred Emberger hat auf die Vernunft aller Teilnehmer gepocht. Dies wurde von allen akzeptiert und der gesamte Tross hat sich wieder zurück in die Heimat bewegt.

Habt Ihr Euch nach der Rückkehr dann alle gleich in Quarantäne begeben?
Nein, Quarantäne gab es keine, da ja zu diesem Zeitpunkt noch keiner Anzeichen hatte, dass er krank ist. Die ersten Symptome kamen bei mir am Montagnachmittag und dann wurde wie vorher schon erklärt gehandelt. Nachdem mein Test positiv war, wurden alle Personen, die ich auf der Liste notiert hatte, ins Gesundheitsamt geladen, um einen Abstrich zu machen (außer denen, die wegen ihres Tests schon beim Arzt gewesen waren). Nachdem ich positiv getestet wurde, kamen auch die Kontaktpersonen in Quarantäne.

Kufner über Anfeindungen aus der Gesellschaft: »Keiner steckt sich absichtlich mit dem Virus an. Diejenigen, die über uns herziehen, sollen sich Gedanken machen und vor der eigenen Haustüre kehren.«

Nachdem bekannt wurde, dass mehrere Spieler von Euch infiziert sind, gab es ja in Iggensbach und auch in den sozialen Medien in gewisser Weise auch Anfeindungen gegen einzelne Personen bzw. den gesamten Verein. Wie seid Ihr damit umgegangen?
Wir als Verein werden diesbezüglich kein Öl mehr ins Feuer gießen. Ich kann nur so viel sagen, dass ich von vielen Menschen sehr enttäuscht bin. Keiner steckt sich absichtlich mit dem Virus an. Leute aus Iggensbach sehen Spieler von uns beim Joggen, die aber nicht mal im Trainingslager dabei waren und nicht infiziert sind, aber trotzdem wird der FCH angegriffen. Diejenigen, die über uns herziehen, sollen sich Gedanken machen und vor der eigenen Haustüre kehren. Spazieren gehen in Gruppen oder täglich Einkaufen gehen, ist auch nicht gerade förderlich. Keiner darf in der Gesellschaft mit dem Finger auf andere zeigen. Wer im Glashaus sitzt....


Du würdest also sagen, dass Ihr Euch im Umgang mit der Krankheit richtig verhalten habt? Was ist richtig, was ist falsch?! Viele werfen uns vor, dass wir die Krankheit aus Kroatien mitgenommen haben. Diese Leute sollen sich mal an Fakten halten. Zu dem Zeitpunkt als wir gefahren sind, gab es im Landkreis Deggendorf mehr bestätigte Coronafälle als in ganz Kroatien. Dort wo wir waren gab es keinen einzigen Fall. Wir haben richtig gehandelt, indem wir das Trainingslager abgebrochen haben und nachdem es positive Fälle gab, wurde auch sofort Quarantäne verordnet, an die sich alle ausnahmslos gehalten haben.


»Es soll eine faire Entscheidung fallen und sportlich ausgespielt werden. Die Saison soll auf alle Fälle zu Ende gespielt werden.«


Abschließend noch zum Sportlichen: was glaubst Du wie es mit der laufenden Saison weiter geht? Ein Saisonabbruch ohne Wertung beispielsweise wäre für Euch als Tabellenführer ja ziemlich bitter... Obwohl ich ein Fußballverrückter bin, bin ich aktuell der Meinung, dass wir einfach schauen müssen, dass die Ansteckungsrate runter geht, alle Leute gesund werden oder bleiben und am besten Medikamente bzw. ein Impfstoff gefunden wird, um dieses Virus zu bekämpfen. Erst wenn wir wissen, wann zeitlich wieder Fußball gespielt werden kann, kann man entscheiden, wie es weiter geht.


Welchen Vorschlag würdest Du machen, wie die Saison zu Ende gebracht werden soll? Meine Meinung hierzu ist ganz klar: Es soll eine faire Entscheidung fallen und sportlich ausgespielt werden. Man kann den Spielbetrieb auch im August oder September wieder aufnehmen und mit englischen Wochen spielen. Die Saison soll auf alle Fälle zu Ende gespielt werden. Wieso sollte man Mannschaften bestrafen, die drei Viertel der Saison starke Leistungen zeigen und ganz oben stehen und ihnen somit den verdienten Erfolg einfach nehmen? Eine andere Lösung meinerseits wäre, die Vorrundentabelle zu werten.

Das Interview führte Tobias Wittenzellner.
Aufrufe: 01.4.2020, 11:00 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor