2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Nico Müller (Mitte) im Einsatz für die SG Paaren. Foto: privat
Nico Müller (Mitte) im Einsatz für die SG Paaren. Foto: privat

"Ich bin noch nie so gedemütigt worden"

Nico Müller, gehandicapter Spieler der SG Paaren, wird vom Schiedsrichter per Strafandrohung am Einwurf gehindert

Im ehemaligen Fußballkreis Westhavelland ist Nico Müller bekannt wie ein bunter Hund. Dem Spieler der SG Paaren fehlt eine Hand, aber das hat ihn bislang nie behindert. Doch ein Schiedsrichter nahm es jetzt zu genau und verweigerte Müller im Kreispokalspiel per Strafandrohung die Ausführung eines Einwurfs. "Ich bin noch nie so gedemütigt worden", sagt Müller darüber. FuPa Brandenburg sprach mit ihm.

Herr Müller, kannten Sie den Schiedsrichter, der das Pokalspiel gepfiffen hat?

Nein, durch die Zusammenlegung der Fußballkreise Westhavelland und Havelland-Mitte pfeifen uns jetzt auch Schiedsrichter, die bislang im anderen Kreis altiv waren. Hier bin ich bekannt wie ein bunter Hund. Dieser Schiedsrichter war vor dem Spiel schon ziemlich kleinlich: Wir sollten nach einem Regenschauer zum Beispiel direkt vor dem Anpfiff die Linien nochmal nachkreiden oder kleinere Löcher mit Sand auffüllen.

Wie kam es zu der Einwurfsituation?

Durch die Gelb-Rote-Karte kurz vorher gegen uns war schon etwas Unruhe in der Mannschaft. Der Ball rollte auf meiner Seite ins Aus und ich holte ihn mir zum Einwurf. Da kam der Schiedsrichter auf mich zugelaufen und sagte mir, dass ich mit nur einer Hand und einem Stumpen keinen Einwurf ausführen darf, da ein Einwurf nur mit beiden Händen über dem Kopf auszuführen sei. Wenn ich es doch tue, müsste er mit eine Gelbe Karte geben.

War das der erste Vorfall in diesem Ausmaß?

Ich spiele seit 27 Jahren Fußball, so etwas ist mir noch nie passiert. Auch die Spieler vom Gegner, die mich alle kennen, haben den Schiedsrichter gefragt, was er da macht. Aber er hat einfach weiterspielen lassen. Dass ein Spieler mal einen dummen Spruch macht, kommt hin und wieder vor. Danach gibt man sich aber die Hand und alles ist vergessen.

Bei der Einwurfsituation blieb es aber nicht?

Nein, wir standen nach dem Abpfiff noch auf dem Platz zusammen. Da kam er auf mich zu und sagte, ich solle den Ball nehmen und werfen. Das habe ich gemacht, woraufhin er sagte: „Sehen Sie, sie werfen nur mit einer Hand. Das ist nicht erlaubt.“ Unser Präsident sagte mir direkt darauf, dass ich besser in die Kabine gehen soll, bevor noch etwas passiert.

Wie haben Sie sich dabei gefühlt?

Ich bin gelernter Zimmermann und mache alles mit meiner einen Hand. Aber ich bin noch nie von jemandem so gedemütigt worden. Dieser Schiedsrichter weiß gar nicht, was er mir angetan hat damit. Das hat auch die nächsten Tage ganz schön an meinen Nerven gezerrt. So etwas gehört einfach nicht auf den Sportplatz. Der Schiedsrichter ist dazu da, das Spiel zu leiten und nicht die Spieler zu diskriminieren.

Wie hat Ihr Umfeld reagiert?

Ich habe alles in einem Artikel aufgeschrieben und den Fall öffentlich gemacht. Danach kamen unglaublich viele positive Reaktionen per Telefon oder SMS. Das Verhalten des Schiris finden alle unter der Gürtellinie. Das hat mir sehr geholfen und daran sieht man auch, wie die Fußballwelt zusammensteht.

Der Schiedsrichter-Ausschuss Havelland hat sich inzwischen bei Ihnen und dem Verein für das Verhalten des Schiedsrichter entschuldigt.

Ja, das Schreiben ist eine faire Geste. Wir haben in einem Brief darum gebeten, den Schiedsrichter nie wieder in Paaren pfeifen zu lassen. Außerdem wollen wir vom Kreis oder Verband eine schriftliche Bestätigung, dass ich Einwürfe ausführen darf. Die wollen wir dann in die Schiedsrichterkabine hängen.

Gibt es auch eine Reaktion des Schiedsrichters?

Ja, er hat mir am Freitag eine E-Mail geschrieben und sich bei mir entschuldigt. Aber er hat seinen Fehler meines Erachtens nicht eingesehen und hält weiter an seinem Regelwerk fest. Das hat er auch in dem Schreiben nochmal betont.


Mit Nico Müller sprach Sven Bock.

Aufrufe: 023.8.2014, 11:36 Uhr
Sven BockAutor