2024-04-30T13:48:59.170Z

Pokal
Der SV 1910 Kahla stellt sich vor dem Finale in Gera dem Fotografen.
Der SV 1910 Kahla stellt sich vor dem Finale in Gera dem Fotografen. – Foto: © TFV-Archiv

Heute vor 30 Jahren: Ein verspäteter erster Pokalsieger

Die These, nach der Pokalspiele eigenen Gesetzen unterliegen, wird immer wieder erhärtet. Im Stadion der Textilarbeiter in Gera-Zwötzen war es wieder soweit.

"Wer räumte denn diesen Kahlaern gegen die in der Landesliga von Erfolg zu Erfolg und zum Titelgewinn eilenden Zeulenrodaern schon eine Chance ein? Das frühzeitige 1:0 nach J. Riedels Eingabe, Baumanns Ablage und Haubolds 10-m-Schuss beseitigten wohl letzte Zweifel.“

BERICHT von Manfred Malinka

Diese drei Einstiegssätze sind nicht etwa aus einer Partie vom Wochenende, sondern die des Spielberichts FV Zeulenroda – der heute FC Motor Zeulenroda heißt – gegen den SV 1910 Kahla, heute BSG Chemie Kahla. Es war das erste Landespokalfinale im Fußball der Männer nach der Wende, das 4:6 (1:0, 1:1) nach Elfmeterschießen endete und im heutigen Karl-Harnisch-Sportzentrum Gera-Zwötzen vor 1200 Besuchern stattfand. Auf den Tag genau heute vor 30 Jahren, am 8. Juni 1991. Schon die Begrüßung des damaligen achtseitigen Programmheftes hatte gemutmaßt: „Die Chancen stehen sicherlich 50:50, denn Pokal-Endspiele haben ja bekanntlich eigene Gesetze und die Zeulenrodaer gehen etwas ersatzgeschwächt in die Partie.“ Der Verfasser des Editorials (M.M.) sollte Recht behalten….

In das Endspiel eingezogen, von dem die Zwötzener Gastgeber erst eine Woche vor Austragung erfuhren, da da erst das Halbfinale gespielt wurde, war der designierte Oberliga-Aufsteiger FVZ, damals dritthöchste DFB-Spielklasse, nach einem 2:0 auswärts beim SSV Ronneburg, 2:1 n.V. in Bad Salzungen, 5:1 zuhause gegen den EFC Ruhla und einem 2:1 bei EK Veilsdorf. Der damalige klare Außenseiter Kahla, betreut von Ulli Göhr, war nach einem 1:0 im Halbfinale zuhause gegen Preußen Bad Langensalza ins Endspiel gezogen und war kurz zuvor Zweiter der Bezirksliga Gera geworden. Allerdings mussten die Porzelliner damals sieben Gegner auf dem Weg ins Endspiel aus dem Weg räumen. Blau-Weiß Neustadt (A/4:0), Thuringia Königsee (A/3:0), FC Blau Weiss Gera II (9:0/H), Kraftsdorfer SV 03 (2:0/H), Funkwerk Kölleda (4:0/H), Ichtershausen-Rudisleben (2:1 n.V./H) und eben Bad Langensalza. Die Kahlaer hatten also, bedingt durch den Einsatz im Bezirkspokal, fast doppelt so viele Spiele zu absolvieren wie die Zeulenrodaer von Trainer Siegfried Gneupel. Die letzten vier Teams im Bezirkspokal durften im Landespokal starten. Zu verlieren hatten die Männer vom Dohlenstein in Gera nichts, wie auch der Trainer damals nach Spielende einschätzte. „Wir haben gekämpft bis zum Umfallen und immer an unsere Chance geglaubt.“ FVZ- Trainer Gneupel meinte nach dem Elfmeterschießen: „Letztlich war der Sieg der kämpferisch über sich hinauswachsenden Kahlaer nicht unverdient …..“ Auch heute, 30 Jahre später, schwärmt Ulli Göhr noch vom damaligen Erfolg: „Der Pokalsieg war einfach sensationell! Die junge Mannschaft hat ein großer Zusammenhalt ausgezeichnet.“ Der heute 68-Jährige kam 1985 aus Jena nach Kahla und wurde nach dem Vize-Bezirksmeistertitel 1991, mit dem der Aufstieg in die Landesliga nur knapp verpasst wurde (zwei Punkte fehlten zum 1. FC Greiz), Landesmeister 1996 und stieg in die Oberliga auf. „Mit dem Pokalsieg in Thüringen hatten wir uns auf einen Bundesligisten in Kahla gefreut“, erinnert sich der noch heute als Sport- und Freizeitbetreuer in Kahla tätige ehemalige Trainer. Es wurde aber „nur“ Zweitbundesligist FC Rot-Weiß Erfurt. Dem unterlag der SVK am 27. Juli 1991 vor 1500 Zuschauern 1:4 (0:2). Den Kahlaer Ehrentreffer zum 1:2 hatte Ralf Rinke besorgt (57.). Einen Boom hatte der Pokalsieg insofern ausgelöst, dass viele Spieler, die damals zum SVK kamen, in der Kleinstadt heimisch geworden sind. Marian Gleu und Marco Lorenz, die Abwehrstrategen von einst, halten den harten Kern von damals noch zusammen. Ein Jubiläumsspiel zum 30-Jährigen ist angedacht, aber noch nicht terminiert.

Kahlas Trainer Ulrich Göhr (links) wertet beim ersten Training nach dem Pokalsieg 1991 das Finale mit einem Teil seiner Spieler aus. Zu sehen sind von links Stefan Treitl, Uwe Dölschner, Heiko Egerland, Ingo Walther und Marco Lorenz.
Kahlas Trainer Ulrich Göhr (links) wertet beim ersten Training nach dem Pokalsieg 1991 das Finale mit einem Teil seiner Spieler aus. Zu sehen sind von links Stefan Treitl, Uwe Dölschner, Heiko Egerland, Ingo Walther und Marco Lorenz. – Foto: © Archiv / Manfred Malinka

Auch beim Kontrahent Zeulenroda bestehen noch Kontakte zu den Protagonisten von einst. „Wir treffen uns immer montags im Kreise der Alten Herren“, verrät Trainer Siegfried Gneupel, heute 74-jährig und bei guter Gesundheit. „Ich kann nicht klagen.“ Viel Freizeit verbringt der zeitweise auch in Langenwetzendorf und Pößneck tätige Coach in seinem Garten unweit seiner Heimatstadt.

Der FV Zeulenroda in Gera-Zwötzen im Jahr 1991 mit (vorn von links): Jens Riedel, Volker Walther, Jörg Reichenbach, Olaf Nowack, Tino Focke, Robby Boucherifi, Heiko Riedel, Jens Hädrich. Hinten von links: Steffen Haubold, Ralf Lauterlein, Steffen Drechsel, Björn Hädicke, Uwe Baumann, Thomas Effenberger, Alexander Wolf, Ralph Wagner, Birgit Wolf und Siegfried Gneupel.
Der FV Zeulenroda in Gera-Zwötzen im Jahr 1991 mit (vorn von links): Jens Riedel, Volker Walther, Jörg Reichenbach, Olaf Nowack, Tino Focke, Robby Boucherifi, Heiko Riedel, Jens Hädrich. Hinten von links: Steffen Haubold, Ralf Lauterlein, Steffen Drechsel, Björn Hädicke, Uwe Baumann, Thomas Effenberger, Alexander Wolf, Ralph Wagner, Birgit Wolf und Siegfried Gneupel. – Foto: © Archiv / Karsten Schoß

An das Finale hat der Coach, der gleich im ersten Halbjahr der Oberligazugehörigkeit von Manager Steffen Baumann beurlaubt wurden war, überwiegend positive Erinnerungen. „Ich hatte eine tolle Mannschaft. Ärgerlich war eben nur, dass zunächst im Spiel Ralf Wagner mit dem von Wolf verursachten Handelfmeter am großartig reagierenden Wilhelm scheiterte (68.) und später im Elfmeterschießen Uwe Baumann gleichfalls in Torwart Wilhelm den Sieger sehen musste. Vor allem in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung (Haubold/110., Baumann (118.) war der Favorit spieltechnisch überlegen und hatte gute Chancen, das Siegtor zu machen. Kurz vor Ultimo hatte Schiedsrichter Stefan Weber aber ein elfmeterreifes Foul von Drechsel an Kahlas Steinbach nach Solo nicht geahndet (116.). Wer weiß, sonst wären die Jungs vom Dohlenstein schon einige Minuten früher erster Thüringer Pokalsieger geworden. „Es war ein Trugschluss meiner Spieler, diese Kahlaer ausschließlich mit spielerischen Mitteln ausschalten zu wollen. Eigentlich hätten sie doch durch Kahlas Erfolgsserie gewarnt sein sollen“, hatte Gneupel vor 30 Jahren dem Rivalen gratuliert.

Erster Thüringer Pokalsieger wurden 1991: Olaf Wilhelm, Marian Gleu, Marco Lorenz, Matthias Steinbach, Herrmann Bornschein, Klaus Wolf, Uwe Dölschner, Ingo Walther, Thomas Ackermann (85. Emil Kühnel), Torsten Metsch, Volker Rücknagel (75. Thomas Heynig).

Aufrufe: 08.6.2021, 17:00 Uhr
Manfred Malinka Autor