2024-06-14T06:55:53.576Z

Interview
Lukasz Dreger.	Foto: photoagenten/Axel Schmitz
Lukasz Dreger. Foto: photoagenten/Axel Schmitz

»Hart und fair sind kein Widerspruch«

Preisträger Lukasz Dreger brandmarkt Handgreiflichkeiten im Fußball als „No-go“

Gau-Odernheim. Lukasz Dreger vom Verbandsligisten TSV Gau-Odernheim ist vom Deutschen Fußball-Bund mit einem Fairplay-Preis geehrt worden. Wir unterhielten uns mit dem 36-Jährigen über die Auszeichnung - und die Umgangsformen im Fußball im Allgemeinen.

Herzlichen Glückwunsch für die Ehrung, Herr Dreger. Was bedeutet sie Ihnen?

Da ich nie und nimmer mit einem solchen Preis rechnete, bin ich besonders stolz darauf. Es war schon ein komisches Gefühl, als diese Post per Einschreiben vom Deutschen Fußball-Bund kam. Das bekommt nicht jeder. Entsprechend groß ist die Bedeutung.

Sie sind als Verteidiger bekannt, der sich im Rahmen der Regeln, aber doch körperlich hart, einsetzt. Dass ein Spieler dieser Prägung einen Fairplay-Preis bekommt?

Mit der gleichen Verwunderung reagierten viele Freunde und Bekannte, nachdem sie von dieser Ehrung erfuhren. Es ist ja bekannt, dass ich nicht gerade zimperlich zur Sache gehe. Mir zeigt die Auszeichnung, dass sich körperbetonter Einsatz und Fairness grundsätzlich nicht ausschließen.

Wissen Sie, was der Anlass der Ehrung war?

Ein Spiel von uns in Rüssingen. Im Sommer war das. Mitunter verlief es sehr hitzig. Während des Spiels kam es ein paar Mal zur Rudelbildung. Da schaltete ich mich deeskalierend ein, auch zum Schutz des Schiedsrichters. Auch nach dem Spiel mussten die Gemüter beruhigt werden. Im Schreiben vom DFB hieß es, die Initiativen seien positiv aufgefallen.

Wie ordnen Sie diese Ehrung in Zusammenhang mit Ihren sportlichen Erfolgen ein?

Sie hat einen besonderen Stellenwert. Es ist etwas anderes, als ein Vorbereitungsturnier zu gewinnen und auch nicht mit einer Meisterschaft zu vergleichen. Es bekommt sie ja nicht jeder.

Ist Ihnen in Rüssingen bewusst gewesen, dass Ihr ehrenhaftes Verhalten preisverdächtig ist?

Nein, überhaupt nicht. Hätte es kein Anschreiben vom DFB gegeben, in dem der Anlass erwähnt ist, hätte ich nicht gewusst, warum ich die Auszeichnung bekomme. Für mich war es in Rüssingen eine Selbstverständlichkeit, so zu handeln.

Was bedeutet Ihnen Fairness?

Das hat sehr viel mit Respekt zu tun. Da habe ich ganz früh viel von meinem Vater mitbekommen. Fairness ist für mich auch nicht auf den Sport alleine bezogen, sondern eine Haltung, die ich grundsätzlich im Alltag praktiziere. Sie beruht auf der Überlegung: Behandle niemanden so, wie Du selbst nicht behandelt werden möchtest.

Haben Sie im Laufe Ihrer Karriere Unfairness erlebt?

Ja, sicher, das kam vor. Ich habe ja auch zum Beispiel zwei Rote Karten wegen Notbremsen bekommen. Diese Unsportlichkeiten sind ein bisschen auch im Fußball begründet. Man muss das aber klar abgrenzen gegen Handgreiflichkeiten. Die haben auf dem Fußball-Platz nichts zu suchen.

Da haben drei Schiedsrichter aber gerade in jüngster Zeit andere Erfahrungen gemacht ...

Als ich davon hörte, dachte ich gleich: Das ist ein absolutes No-go. Egal, was auf dem Platz passiert, es rechtfertigt keine Gewalt auf dem Fußball-Platz. Meine Meinung zu den Aggressoren ist ebenso konsequent: Sie haben nicht auf dem Fußballfeld verloren.

Sie sind ewig im Geschäft. Ist der Fußball heute fairer als früher?

Ich denke, der Fußball hat sich in eine gute Richtung entwickelt. Die Frage ist aber schwierig zu beantworten. Als ich jünger war, war ich hitziger. Da wirkte der Fußball auch ruppiger auf mich. Dann wurde früher Manndeckung gespielt – es ging also Mann gegen Mann, es gab viele Zweikämpfe. Durch die neue Spielanlage ist der Fußball entspannter geworden. Und technisch anspruchsvoller, viel schneller. Das liegt auch an den Nachwuchsleistungszentren, die entstanden und sehr gute Arbeit leisten.

Gewalt gegen Schiedsrichter gibt es ab und zu trotzdem ...

Ja, da sind wir momentan auf keinem guten Weg. Es werden immer weniger Schiedsrichter. Es ist an der Zeit, dass sich die Verantwortlichen in Vereinen und Verbänden zusammensetzen, um das Problem zu lösen. Ohne Schiedsrichter ist kein Fußballspiel möglich.

Haben Sie eine Anregung?

Vielleicht sollten die Schiedsrichter an den Klassenbesprechungen teilnehmen. Da könnte man im konstruktiven Dialog Irritationen aus den zurückliegenden Spielen aufarbeiten. Wünschenswert wäre aber auch, dass die Vereine mehr auf ihre Spieler einwirken, sich während eines Spiels weniger mit dem Schiedsrichter auseinanderzusetzen. In anderen Sportarten geht das auch.

Können Sie sich vorstellen, Schiedsrichter zu werden?

Dafür bin ich zu alt. Außerdem habe ich inzwischen so viele andere Aktivitäten, dass mir die Zeit dafür fehlt. Ich fände aber gut, wenn sich mehr junge Leute für diesen Weg entscheiden würden. Er bietet ihnen viele Möglichkeiten.

Das Interview führte Claus Rosenberg



Aufrufe: 021.12.2019, 09:00 Uhr
Claus RosenbergAutor